Einmal richtig weg vom Alltag und mehrere Tage am Stück auf Tour gehen: Mehrtagestouren sind für viele Mountainbiker das Ziel des Jahres und Gipfel des Glücks. 

Christof Domenig
Christof Domenig

Am schönen Lago di Garda hat so manche große Mountainbike-Liebe ihren Ausgang genommen. Dort lernte auch der junge Kärntner Surfer Wolfgang Krainer nicht nur die damals völlig neue Sportart kennen. Sondern erfuhr in diesem Umfeld viel über die Beliebtheit mehrtägiger Alpenquerungen mit dem Bike. Etwa den Klassiker von Mittenwald in Bayern eben zum Ziel am Gardasee. Eine „Transalp“ war damals eine völlig neue, Perspektiven-erweiternde „Erfahrung“ der Berge.

Das alles ist freilich, wie man sich denken kann, schon ein paar Jährchen her. Die Faszination Transalp ist seither ebenso unverrückbar geblieben wie das Mountainbike selber. Die prestigeträchtige Urmutter aller MTB-Mehrtages-Touren hat zugleich jede Menge Nachahmer gefunden. Analog zum Sportgerät Mountainbike hat sich auch das Bild der perfekten mehrtägigen Tour heute deutlich diversifiziert. Früher, da waren das Tüfteln an der Route mit der Karte, das Übernachten auf Hütten inklusive Katzenwäsche mangels Warmwassers sowie das Mitführen im Rucksack von allem, was man in einer Woche so braucht, na ja, so etwas wie Ehrensache. Dass sich da nicht für jeden Tag ein frisches Trikot ausgegangen ist – wen hat es gestört? Die Bikekumpels ganz sicherlich nicht. Die Heldentaten der Woche ebenso wie die addierten Höhenmeter gaben dafür noch lange Zeit Stoff für Stammtischgespräche her.

Heute gibt es die Anhänger solcher puristischen, selbst geplanten Mehrtages-Abenteuer mit möglichst urigen Übernachtungsstationen am Berg sicher auch noch. Zugleich aber auch ein Angebot an fertig buchbaren Mehrtagestouren-Paketen, das jeden Geschmack und jeden Bikertyp bedient. So wenig, wie es heute „den“ einen Biker gibt, so wenig gibt es eine Vorstellung davon, was denn eine ideale Tour ausmacht. Ein paar Anhaltspunkte gibt es aber dennoch. „Der Biker heute will natürlich viel erleben. Und er schätzt in der Regel auch einen gewissen Komfort“, sagt Krainer, Inhaber der gleichnamigen Sportschule in Bad Kleinkirchheim – mit der er schon vor rund 30 Jahren eine Alpe-Adria-Tour zwischen St. Michael im Salzburger Lungau und San Daniele als fixfertig buchbares Angebot im Programm hatte. Sozusagen als touristische Pionierleistung. 

Wunsch nach Komfort
Der Kärntner bietet heute Mehrtagestouren wie die „Nock 5“ an, bei der von einem zentralen Ausgangspunkt im Hotel im Tal an vier Tagen die Höhepunkte der Nockberge angesteuert werden. Das Erlebnis einer Hüttenübernachtung sei zwar auch noch gewünscht, aber nicht in der völlig puristischen Form. Der Trend geht weiter zum mehr Erleben und zu weniger Bergauf-Höhenmetern, beobachtet Krainer – Lift- oder Shuttle-Unterstützung werden gern angenommen, dafür dürfen es mehr und aufregendere Abfahrts-Tiefenmeter (also Singletrails) sein. Krainer gehörte auch zu den Ersten, der schon in Urzeiten auf möglichst hohe Trailanteile statt Forstwege bei seinen Touren achtete und dafür Ausnahmegenehmigungen exklusiv für seine Gruppe aushandelte. Zum Erlebnispaket gehören für den Bad Kleinkirchheimer weiters auch unbedingt regionale kulinarische Highlights. Das alles darf dann auch etwas kosten – „Sparfüchse“ gibt es unter den Bikern keine mehr, eher noch bei den Wanderern, beobachtet Krainer. 

Blick nach Tirol, in die Kitzbüheler Alpen: „Unsere KAT-Bike-Tour, die es seit 2017 gibt, erfreut sich immer größer werdender Beliebtheit“, berichtet Michaela Spiess von der Region Kitzbüheler Alpen. „Den KAT Bike unterscheidet von anderen vergleichbaren organisierten Mehrtagestouren, dass der Gast in Qualitäts-Unterkünften inklusive Halbpension übernachtet. Eine Besonderheit der Tour ist auch, dass sie mitten durch die lieblichen Grasberge der Kitzbüheler Alpen führt. Die Tour eignet sich besonders gut, um zum Beispiel für anstehende Alpenüberquerungen zu trainieren und dabei nicht auf den Komfort von Hotels zu verzichten“, berichtet Spiess. Sie weiß: „Der Hotel-Komfort sowie der Gepäck­transport sind meist die ausschlaggebenden Punkte für die Buchung.“ 

Zum Erlebnispaket gehören auch regionale kulinarische Highlights. Es darf auch etwas kosten.

Nicht ohne Vorbereitung
Dass man heute nicht das gesamte Wochengepäck auf den Schultern hat, ist ebenfalls im Trend der Zeit. Dass jedoch auch der Tagesrucksack ein gewisses Gewicht hat – Regenschutz, Multitool, Ersatzschlauch in passender Dimension, Handy und Erste-Hilfe-Packerl gehören unbedingt mit auf Tour – sollte man nicht vergessen und daher vorab zur Gewöhnung auch mit Rucksack fahren. Als körperliche Vorbereitung dürfen regelmäßige auch ausgedehntere Touren nicht fehlen. Anzuraten ist auch, sich die Höhenprofile der gewählten Tour vorab anzuschauen und wenn möglich, zu simulieren: Es macht einen Unterschied, ob ein langer, durchgängiger Anstieg pro Tag zu bewältigen ist oder viele kleine Anstiege mit Abfahrten zwischendurch. 

Gut vorbereitet sollte man auf jeden Fall für mehrtägige Erlebnisse der anspruchsvolleren Sorte sein wie den Stoneman Taurista in Flachau. Hinter diesem Erlebnis steht mit Roland Stauder ein klingender Name. 123 Kilometer und 4500 Höhenmeter werden dort in zwei, drei oder vier Tagen absolviert (und am Ende mit einer Trophäe in Gold, Silber oder Bronze belohnt). „8000 haben die Strecke seit 2018 als registrierte Starter absolviert“, berichtet Elisabeth Hartl von Flachau Tourismus. Wer hier mit elektrischer Unterstützung spekuliert, wird leider enttäuscht: „Die Strecke ist sehr selektiv, beinhaltet Schiebe- und Tragepassagen und  ist daher für E-Biker nicht geeignet. Beim Stoneman Taurista steht auch die Challenge im Fokus und diese ist für ‚analoges‘ Mountainbiken konzipiert“, so Hartl.

E-Mountainbiker sind vom Erlebnis mehrtägiger Touren natürlich nicht ausgeschlossen, ganz im Gegenteil: Es gibt jede Menge eigens für sie konzipierte Touren. Lademöglichkeiten unterwegs und eine teils etwas angepasste Streckenführung sind vom selbst planenden Biker mit zu bedenken oder werden beim Buchen eines Paketes gleich mitbedacht. Ob mit oder ohne „E“: Wer will, kann sich bei vielen Angeboten sogar einen ­Guide als mehrtägigen Begleiter mitbuchen. Wir haben 20 Angebote für jeden Geschmack zusammengesammelt – such dir eines aus!