Wenig motorisierter Verkehr, feine Bergstraßen und idyllische Landschaften stehen bei der Rennrad-­Klientel auf der Urlaubs-Wunschliste. 

Michael Forster

Abhängig von der Art des Untersatzes können die speziellen Ansprüche der Radler an die gewählte Destination stark variieren. Während die einen auf der Suche nach einsamen Trails sind, befinden sich andere auf der Durchreise, auf ihrer Tour von A nach B. Aber für die Gäste, die mit dem Rennrad im Gepäck anreisen, steht neben Abenteuer und Erholung oft auch der Trainingsaspekt auf der Urlaubsliste. 

Die notwendigen Straßen für ausgedehnte Touren und Wellnessbereiche zur Regeneration sind leicht zu finden, aber womit können Urlaubsregionen die Rennradler zu sich locken? „Wichtig ist das Gesamtangebot: gute und radfreundliche Unterkünfte, abwechslungsreiche, verkehrsarme Tourenvorschläge, Radservice und Regenerationsmöglichkeiten. All diese Punkte müssen für ein Rennradangebot entsprechend vorhanden sein“, so der österreichische Ex-Profi und Radkoordinator von Kärnten Werbung, Paco Wrolich. Das kann auch der slowenische Rad-Profi Kristijan Koren, vom Team Adria Mobil bestätigen: „Die Unterkünfte müssen an die Sportler, aber auch unbedingt an deren Material denken. Das Vipava Valley und der Karst sind in dieser Hinsicht sehr radlerfreundliche Regionen. Alle notwendigen Informationen zu den möglichen Touren wie Schwierigkeit der Strecke und Länge der Tour werden den Gästen zur Verfügung gestellt.“

Verkehrskontrolle
Im Gegensatz zu Mountainbikern und Touren-Radlern verbringen Rennradfahrer ihre Zeit auf der Straße. Attraktivität kann dabei ein dichtes Netz aus gut ausgebauten Wegen und ein breites Angebot an wenig frequentierten Nebenstraßen schaffen. Paco Wrolich sieht hier die Regionen in der Pflicht: „Da gehen Rennradregionen wie Mallorca, das spanische Küstenland, aber auch Istrien den einzig machbaren Weg: den des Miteinanders auf den Straßen. Kommunikationsmaßnahmen wie eine Hinweisbeschilderung zur Abstands­regelung sind dort gang und gäbe. Viel Rennradverkehr sensibilisiert die einheimische Bevölkerung sehr schnell. So erlebe ich das seit Jahren in den Sommermonaten am Wörthersee.“

Auf seinem Weg zum Profi hat Kristijan Koren, so erzählt er, ideale Bedingungen in seiner Heimatregion im Westen von Slowenien vorgefunden: „Ich denke, dass es hier keine besonderen Maßnahmen braucht. In dieser Region ist es sehr einfach, abgelegene und damit auch sehr wenig frequentierte Nebenstraßen zu finden. Das gesamte Gebiet ist durchzogen von kleinen Landstraßen, auf denen man sicher auf dem Rad unterwegs ist.“

Auf dem Renner kann man im Urlaub unbekannte Straßen erkunden und neue landschaftliche Genüsse erfahren. Aber oft bildet der Trainingsaspekt die zentrale Motivation für einen längeren Aufenthalt mit dem Renner. Für sie müssen die Routen sorgfältig ausgewählt werden, so Paco Wrolich: „Vor allem wollen Rennradfahrer in Österreich in den Bergen trainieren, um ihre Leistung zu verbessern. Von vornherein muss klar sein, welche Routen und Touren heute gefahren werden. Daher ist das Zurverfügungstellen von GPX-Tracks unabdingbar. Der Rennradfahrer will nicht an jeder zweiten Kreuzung stehen bleiben und nach dem Weg fragen. Das gilt im Tiroler Hochgebirge genauso wie in der welligen Gegend des Burgenlandes.“ 

Beine hochlegen
Nach einem harten Tag im Sattel ist Erholung ein zentraler Bestandteil eines koordinierten Trainings. Sauna, Whirlpool und Co. können das aktive Training unterstützen und den Trainingseffekt fördern. „Ein Wellnessangebot mit Sauna oder Dampfbad sowie ein Massageangebot empfinden Radfahrer im Allgemeinen als große Aufwertung“, weiß Worlich. Eingebettet in einem professionellen Continental-Team, fällt Kristijan Koren diese Beurteilung nicht ganz einfach. Doch die zentralen Elemente, die er als Profi genießt, von Massagen über Ernährungsberatung bis hin zum Sporttherapeuten, wird den sportlichen Gästen auch im Vipava-Tal geboten.

Aber, so Paco Wrolich, auch bei Schlechtwetter kann das Angebot im Hotel beim Trainingserfolg entscheidend sein: „Die besten Routenvorschläge nützen nichts, wenn es mal drei Tage am Stück regnet. Daher ist ein Radraum mit drei bis vier Ergometern oder Rollen, welche man z. B. mit Zwift verbinden kann, kein Nachteil. Zumindest den einen oder anderen Regentag kann man so sehr gut überbrücken.“

Von Ötzi bis Giro
Viele Regionen können sich mit Veranstaltungen wie Radmarathons für ambitionierte Amateurradler und Hobbyathleten empfehlen. So sollen speziell diejenigen, die auf der Suche nach einer sportlichen Herausforderung sind, angesprochen werden. Paco Wrolich nennt hier ein Paradebeispiel: „Der Ötztalmarathon zeigt uns allen vor, wie ein Radmarathon zu einem buchungsrelevanten Sportevent wird. Die meisten Teilnehmer dort sind Wiederkehrer. Sie kommen oft zwei- bis dreimal im Jahr in die Region, um sich auf den Marathon vorzubereiten. Ein gut organisierter Radmarathon ist eine Visitenkarte einer jeden Rennradregion.“

Aber auch mit Highlights im Rennkalender der Worldtour können Regionen breitenwirksam auf sich Aufmerksam machen. Wer würde sich nicht gerne auf einer Grand-Tour-Etappe mit den Größen des Radzirkus messen? Das bestätigt Kristijan Koren: „Das Vipava Tal war bereits zweimal Teil des Giro d’Italia und auch Gastgeber für Schlüssel-Etappen der Tour of Slovenia. Außerdem finden in der Region immer wieder kleinere Radveranstaltungen statt. Das Wichtigste ist dabei, dass die lokale Bevölkerung hinter diesen Veranstaltungen steht. Die Organisatoren spielen hier eine zentrale Rolle.“ 

Und die Saisonfrage? Gerade in höheren Lagen kann der letzte Schneefall des Jahres in der Routenplanung mitentscheidend sein. Sommerhitze kann wiederum lange Ausfahrten über Mittag unerträglich machen. So schaffen klimatische Faktoren die individuellen Voraussetzungen in der jeweiligen Urlaubsdestination. Welche Jahreszeit sich anbietet, hängt aber auch vom Ziel des Aufenthaltes ab. So kann ein Trainingslager für einen erfolgreichen Start, oder ein Ausradeln nach einer anstrengenden Saison eingeplant werden. „Aus touristischer Sicht sind die sogenannten Schultersaisonen im Frühjahr und Herbst zu bevorzugen. Dies hat auch für den Rennradgast den Vorteil, dass weniger Verkehr auf den Straßen herrscht“, so Wrolich. Im Westen Sloweniens begünstigt das mediterrane Klima nicht nur den Weinanbau, weiß Profi Kristijan Koren: „Radfahren ist hier praktisch das ganze Jahr über möglich. Einzig der starke Wind kann manchmal zum Spielverderber werden.“ 

Kristijan Koren

ist Rennradprofi im Team Adria Mobil, zu Hause im slowenischen Vipava-Tal.

WEB: www.vipavskadolina.si/de

Paco Wrolich

ist ehemaliger Rennradprofi und Radkoordinator von Kärnten Werbung.

WEB: www.kaernten.at