Was braucht es, um Biker glücklich zu machen? Wer diese Frage beantwortet haben möchte, kommt an Saalbach-Hinterglemm nicht vorbei. Seit fast zwei Jahrzehnten setzen die Touristiker im Salzburger Glemmtal in der Sommersaison auf das Mountainbike. Als Einstimmung auf die folgenden Regionsvorstellungen haben wir Saalbachs Tourismusdirektor Wolfgang Breitfuß über das Urlaubsthema Mountainbiken befragt.
Interview: Klaus Molidor
Herr Breitfuß, was war denn in den 1990er-Jahren ausschlaggebend, dass sich Saalbach-Hinterglemm dem Biketourismus verschrieben hat?
Die Idee war einfach, den Sommer zu beleben. Wandern hatte damals ein etwas verstaubtes Image, also haben wir es mit dem Mountainbiken versucht. Ich hab mir das damals in Vail angeschaut und mir Inspiration geholt. Außerdem war der Großteil der Infrastruktur bei uns ja schon vorhanden. Durch die Land- und Forstwirtschaft und die Zufahrten zu Liften hatten wir ja schon ein großes Wegenetz.
Richtig rentiert hat sich das dann aber nicht gleich?
Nein. Du brauchst schon einen langen Atem, wenn du dich als BikeDestination etablieren willst. Damals sind ja viele Orte aufgesprungen, haben aber nach zwei, drei Jahren wieder aufgegeben, weil es zu wenig gebracht hat. Da musst du schon durchtauchen. Dafür haben die, die dabeigeblieben sind, jetzt eben einen guten Namen und sind authentisch.
Trails und moderne Lifte alleine reichen aber nicht, oder?
Richtig. Darum haben wir sofort geschaut, dass wir auch coole Events auf die Beine stellen. Damals war das die WM der Hobbyfahrer, heute ist es der „Glam Ride", bei dem wir tausende Downhiller zu Gast haben. Und langsam entwickelt sich auch so etwas wie beim Skifahren, dass man danach in eine Hütte oder ein Gasthaus geht und ein Bier trinkt. „Après Bike" würde ich es noch nicht nennen, aber es geht ein bisschen in diese Richtung.
Hat das Mountainbike eigentlich wirklich das Potenzial, sich so zu entwickeln wie der Skisport – wie oft gesagt wird?
Es ist jedenfalls noch viel Luft nach oben. Radlfahren können mehr Leute als Skifahren. Und wir wissen, dass viele Skifahrer, Freerider und Snowboarder im Sommer biken. Die Zielgruppe ist also ähnlich. Vielleicht sind in zehn Jahren 40 Prozent unserer Gäste schon Biker, wer weiß.
Letzten Herbst hat der 1. MTB-Tourismus-Kongress in Saalbach stattgefunden. Was haben Sie selbst davon mitgenommen?
Zum Beispiel, wie die Trails künftig aussehen sollten. Nämlich so, dass sie für eine breite Masse fahrbar sind. Dass du aber natürlich auch Strecken für die ganz guten Fahrer und die wilden Downhiller brauchst.
Warum ist die Erhaltung eines Trails eigentlich teurer als der Bau?
Weil da sehr viel Handarbeit drinsteckt. Die Piste im Winter kann ich mit einem Pistengerät gut herrichten. Die Trails musst du aber abfahren und händisch in Schuss halten. Wobei ich es da mit dem Grundsatz „Wer billigt kauft, kauft teuer" halte: Wenn ich beim Bau eines Trails mehr ausgebe, und zum Beispiel an eine ordentliche Drainage denke, dann kostet das zwar mehr, du musst in der Erhaltung aber nicht mehr so viel machen, weil der Trail dadurch länger hält.
Wie sieht es in naher Zukunft mit dem E-Mountainbike im Tourismus aus?
Auch das ist beim Kongress herausgekommen: Das wird ein großes Thema werden.
Wird das nicht ein Problem, weil dann mehr Leute selbst den Berg hinauf fahren und weniger mit der Gondel?
Nein, ganz sicher nicht. Das ist wieder so eine Panikmache. Auch früher sind die Leute den Berg raufgefahren und haben keinen Lift benutzt. Dieser Teil wird auch weiterhin bergauf fahren. Was über die Jahre deutlich mehr geworden ist, sind die Biker, die gerne einen Trail bergab fahren – und die fahren heute mit dem Sessellift und der Gondel auf den Berg. Also wird sich durch die E-Bikes in dieser Hinsicht nichts verschieben. Was sich ändern wird, ist die Reichweite. Durch Lifte und E-Bikes können die Leute heute viel größere Touren fahren, als das früher einmal möglich war.
Bleibt denn in der Natur noch genügend Platz für Wanderer und andere Naturliebhaber?
Im Moment ganz sicher. Wir haben zum Beispiel viele Plätze, an denen kein Biker vorbeikommt. Generell muss man aber natürlich drauf schauen, dass da für alle Platz bleibt und bei der Planung von neuen Trails behutsam vorgehen. Da geht es ja auch um die Sicherheit. Dass auf einem Familienwanderweg plötzlich ein Downhiller daherdonnert, müssen wir natürlich vermeiden.
Sind in zwei Jahrzehnten als Bike-Destination und „Pionier" eigentlich auch Fehler passiert?
Natürlich machst du nicht alles richtig, wenn du von ganz unten beginnst. Ich würde es eher Erfahrung sammeln nennen. Das war ein Prozess. Heute ist das alles viel leichter, weil es Anbieter gibt, die dir zum Beispiel einen Trail bauen. Dafür aber haben wir eine Glaubwürdigkeit in der Szene, die gewachsen ist und die man sich eben nicht kaufen kann.
Wie wichtig sind Glaubwürdigkeit und Authentizität in der Szene?
Sehr wichtig. Nehmen wir das Spielberghaus: Das hat heute einen herausragenden Ruf in der Szene. Walter und Sabine Höll haben sich das erarbeitet, weil sie beide leidenschaftliche Biker sind. Es taugt den Leuten, wenn der Hausherr die Gegend kennt, ihnen Tipps für eine schöne Tour geben kann. Vor allem aber, wenn er ihre Sprache spricht.
Der Touristiker | WOLFGANG BREITFUSS hat die Tourismusschule Kleßheim absolviert, ist heute Hotelier in Hinterglemm und seit 1995 Direktor des Tourismusverbands in Saalbach Hinterglemm. Seit 19 Jahren setzt Saalbach-Hinterglemm im Sommerurlaub auf das Thema Mountainbike und ist damit ein Vorreiter im Biketourismus in Österreich. Vom 19.–21. September 2017 findet der 2. Österreichische MTB-Tourismus Kongress statt – wie die erste Auflage 2016 wieder in Saalbach-Hinterglemm. |
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