Die zweite Winterhälfte bis in den Frühling hinein ist für viele die schönere Skitourenzeit – steht sie doch oft im Zeichen von Sonne, Firn und Stabilität. Was dennoch beachtet werden sollte, erklärt Naturfreunde-Experte Martin Edlinger.
Von Christof Domenig
Der spezielle Reiz der zweiten Saisonhälfte ist für Martin Edlinger unbestritten: Der „Tourenfrühling" – zumindest in jener Ausprägung, wie man ihn sich wünscht – steht im Zeichen von Sonne, Firn und stabilen Verhältnissen. „Es ist aber auch die Zeit der Kontraste – kalter Nächte und milder Tage; grüner Wiesen unten, weißer Hängen oben", schwärmt der Naturfreunde-Experte.
Aber auch der Gefahrenaspekt wandelt sich zunehmend zum Positiven: „Die Verhältnisse sind meist entspannter. Triebschnee, Schneebrettlawinen, versteckte Fallen und weitere klassische Gefahrensituationen aus dem Hochwinter werden tendenziell immer seltener, je weiter die Saison fortschreitet", erklärt Martin Edlinger.
Und auch das zählt: „Nicht zuletzt ist es auch jene Zeit, in der viele Touren erst möglich werden, an die im Hochwinter nicht zu denken ist. Hochtouren, Unternehmungen am Gletscher und Reisen in klassische Tourenländer wie die Westalpen oder auch Skandinavien."
FRÜH STARTEN UND HEIMKOMMEN
Es stimmt also zweifellos: Die zweite Hälfte der Skitourensaison hat viele Reize. Aber auch ihre Tücken: Leichtsinn ist trotz oftmals stabiler Verhältnisse fehl am Platz. Die Früh(lings)-Regel, die Martin Edlinger allen ans Herz legt: „Früh starten, früh wieder zurückkommen." Heißt: sich die Mittagssonne lieber nicht auf dem Gipfel ins Gesicht scheinen lassen – sondern zurück auf der Hüttenterrasse.
Der Hintergrund: „In den kalten Nächten stabilisiert sich die Schneedecke, die über den Tag aufweicht. In der nächsten Nacht gefriert sie dann wieder. Diese typische Witterungslage der zweiten Winterhälfte bedeutet zweierlei: Einerseits werden die Verhältnisse von Tag zu Tag tendenziell stabiler. Andererseits jedoch mahnt die Wärmeeinstrahlung über den Tagesverlauf auch unbedingt zur Vorsicht."
GUTES TIMING GEFRAGT
Konkret kommt es aufs Timing an, erklärt Edlinger weiter: „Die Erwärmung ergibt zunächst einen wunderbaren Firn. Diesen Zeitpunkt heißt es zu erwischen. Nicht nur wegen des Genussfaktors, den dieser einfach zu fahrende Schnee bietet, sondern auch aus Gründen der Sicherheit. Versäumt man nämlich den richtigen Zeitpunkt, wird es zu weich und instabil und die Lawinengefahr nimmt rasch zu."
Neben den Temperaturen spielt dabei auch die Hangexposition eine Rolle. Weil die Sonne in einem entsprechend steileren Winkel den Hang bestrahlt. „Süd- und Osthänge firnen wesentlich früher aus, daher gilt als Faustregel, dort noch früher, spätestens bis Mittag abzufahren. Bei einem Westhang, den die Sonne später erreicht, kann ich mir auch etwas länger, Zeit lassen. Vielleicht bis 13, 13.30 Uhr."
All das ist bei der Tourenplanung jetzt unbedingt zu berücksichtigen. Apropos Planung: Eigentlich versteht es sich ja von selbst – trotzdem sei sicherheitshalber dazugesagt, dass die Tourenplanung genauso sorgfältig wie die ganze Saison über durchgeführt wird. Weil zwar die klassische Schneebrettgefahr geringer ist, dafür eben andere Unwägbarkeiten dazukommen. Neben den schon erwähnten zum Beispiel auch diese: „Wenn es in der Nacht nicht klar, sondern bedeckt ist, friert die Schneedecke oft gar nicht mehr durch. Dann herrschen schon vom Morgen weg instabile Verhältnisse. Der Lawinenlagebericht gibt darüber jeweils Auskunft."