Float like a butterfly, sting like a bee – dies waren sinngemäß die Worte eines großen Boxers. Sie treffen aber auch auf die vernünftig kletternden und bergab dominierenden Enduros zu.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Bevor wir in die Technik eintauchen, ein kurzer Exkurs, woher die erstaunlich vielseitigen Abfahrtskünstler namens Enduros überhaupt kommen. Enduro ist ein MTB-Rennformat, bei dem typischerweise über einen oder mehrere Tage verteilt unterschiedliche gezeitete Etappen, sogenannten Stages, bewältigt werden müssen. Die Stages haben in der Regel einen hohen Downhill-Anteil; verbunden werden sie über Transfer-Etappen, welche teils aus reiner Muskelkraft, vereinzelt auch mit Liftunterstützung innerhalb eines Zeitfensters absolviert werden müssen. Höhenmeter und ordentlich Kilometer treffen so Dowhnill-Racing. Entsprechend müssen die dafür gebauten Enduro-Bikes bergab genügend Reserven für harte Trails bieten, gleichzeitig effizient genug für lange Anstiege sein. 

Mit Federwegen um die 150 bis 180 mm, Geometrien oft nahe am Downhiller und einer großen Portion Fahrspaß sind sie längst nicht nur bei Racern, sondern auch im Trail- und Toureneinsatz sowie im Bikepark gern genutzte, weil unglaublich vielseitige Gesellen. „Ein waschechtes Enduro-Bike“, so fasst es Florian Konietzko von Rocky Mountain in kurze Worte, „sollte einen tiefen Schwerpunkt und einen relativ flachen, aber auch nicht zu flachen Lenkwinkel aufweisen, um mit den heutigen Streckenansprüchen gut zurechtzukommen. Wendig und agil sollte es obendrein sein“. Einmal mehr eine Art eierlegende Wollmilchsau für alle jene, denen ein Trailbike bergab nicht genügend Bumms mitbringt. Die ideale Gewichtung im Einsatz: 70 % Downhill, 30 % Uphill.

Die Bikes im Detail
Klaus Felbermayr hat mehr oder weniger die gesamte MTB-Entwicklung aus erster Hand mitbekommen und ist heute bei der Intersport Austria beschäftigt, welche unter anderem auch den Marken-Neuzugang Polygon vermeldet. Für ihn definiert sich ein Enduro über den großen Fahrspaß, die vielen Einsatzgebiete – und am Papier nebst dem von Konietzko benannten flachen Lenkwinkel (unter 65°) auch über einen etwas längeren, weil für Laufruhe sorgenden Radstand, einen langen Reach (475 bis 490 mm in Größe Large sind hier gängig) und genügend Federweg. 

Fahrwerk, Bremsen, Reifen und Laufräder sind für die beiden Experten die Knackpunkte am Enduro. Dämpfer mit Ausgleichs-­Reservoir und steife Gabeln mit großen Standrohrdurchmessern sorgen selbst auf DH-Tracks für Kontrolle, standfeste Vierkolbenbremsen mit großen Bremsscheiben garantieren präzise Bremspower, griffige und robuste, voluminöse Reifen sorgen für Grip und Pannensicherheit. 

Interessant bei den Laufrädern: Hier finden sich neben 29-ern auch sogenannte Mullets mit 27,5“ Hinterrad. Vorrangig auf Speed ausgelegte Renn-­Enduros rollen dabei laut Felbermayr eher auf maximal laufruhigen 29“, wobei manche Fahrer auch hier je nach Fahrstil gern zum Mullet greifen. Verspieltere, wendigere Enduros, die auch abseits der Sekundenjagd Laune machen wollen, setzen oft schon auf eine Mullet-­Konfiguration. Wie bei allen Bikes gilt aber auch beim Enduro – erst schmökern (etwa hier rechts) und Probe fahren, dann kaufen.