Schlanke Pin-Bindungen erfüllen zunehmend die strengen Sicherheitsauflagen des TÜV – aber die klassische Rahmenbindung gehört deshalb noch lange nicht zum alten Eisen.


Dass sich das Tourengehen im vergangenen Jahrzehnt kontinuierlich aus seinem Nischendasein hin zum Breitensport entwickelt hat, spiegelt sich auch in den Produktpaletten namhafter Hersteller wider. Denn während der Verkauf von Alpinski auch aufgrund der wachsenden Zahl an Leihmöglichkeiten zusehends ins Stocken gerät, verzeichnen Fachhändler im Tourenbereich nach wie vor steigende Umsätze. Gerade bei den Bindungen lässt sich ein Trend zur voranschreitenden Individualisierung ablesen. Denn durch die große Zahl an Neu- und Wiedereinsteigern präsentiert sich der Tourensport heute vielseitiger denn je.

Die früher oft noch als unsicher betrachteten rahmenlosen (Pin-)Bindungen haben sich mittlerweile zwar durchgesetzt, aber die um einiges schwereren Rahmenbindungen bei Weitem nicht komplett abgelöst. „Gerade ältere Tourengeher vertrauen tendenziell auf gewohnte Rahmenbindungen. Der Anteil der verkauften Pin-Bindungen liegt aber bei rund 60 Prozent", weiß Michael Waldner vom Outdoor-Fachhändler Bergfuchs in Graz aus eigener Erfahrung.

RAHMEN ODER PINS
Spektakuläre Innovationen sucht man bei Rahmenbindungen vergeblich, was aber vor allem darauf zurückzuführen ist, dass klassische Systeme teils seit Jahrzehnten auch ohne bahnbrechende Updates funktionieren. Während beim Gewicht der Vorteil zweifellos bei den Pin-Modellen liegt, glänzen die robusten Rahmenbindungen unter anderem durch ihre verhältnismäßig einfache Bedienbarkeit. Waldner: „Das Einsteigen mit dem Schuh ist bei Rahmenbindungen besonders unkompliziert, bei rahmenlosen Bindungen verlangt es hingegen etwas Übung und ist gerade im Gelände für Anfänger nicht immer ganz ­einfach."

Waren Pin-Bindungen früher nur für aufstiegsorientierte Sportler von Bedeutung, können die derzeit erhältlichen Modelle längst auch mit ihren Abfahrtseigenschaften überzeugen. Durch die niedrigere Standhöhe am Ski fällt die Kraftübertragung bei rahmenlosen Bindungen besonders direkt aus, zudem sorgt ein günstiger Drehpunkt für noch mehr Komfort beim Aufstieg. Übrigens: Dass die rahmenlose Tourenbindung ihren Ursprung im Graz der 80er-Jahre hat, wissen heute die wenigsten. Der Tiroler Fritz Bar­thel, damals Student, war das seiner Meinung nach unnötige Gewicht der damals vorherrschenden Rahmenbindungen leid. Den Zuschlag für sein Patent, das 2014 nach 30 Jahren endete, erhielt damals ­Dynafit.

Im Schaufenster: 9 Tourenbindungen


VOM EXOTEN ZUR NORM
Die Zeiten, in denen bei Pin-Bindungen hauptsächlich die Gewichtsreduktion im Mittelpunkt stand, die Modelle dafür aber nicht ganz so zuverlässig waren, sind definitiv vorbei. Vorreiter in Sachen externer Zertifizierung waren die Modelle „Beast 16" von Dynafit und „King Pin" von Marker, die 2014 als erste rahmenlose Bindungen die ausführlichen Tests des Technischen Überwachungsvereins (TÜV) bestehen konnten. „Bei den Neuheiten ist Sicherheit eines der bestimmenden Themen und die wird dank strenger Testverfahren nachweislich immer besser", weiß Fachverkäufer Waldner. „TÜV-Zertifizierungen sind bei namhaften Herstellern keine Seltenheit mehr." Von besonderer Bedeutung für Tourenbindungen ist die ISO-Norm 13992:2007, die unter anderem das Auslöseverhalten regelt.

WETTKAMPF-KNOW-HOW
Eine Sonderform unter den rahmenlosen Systemen stellen spezielle Racebindungen dar, wie sie von Wettkampf-Skibergsteigern verwendet werden. Dass derartige Modelle – die zum Teil nicht mehr als 100 Gramm auf die Waage bringen – nicht ganz so stabil wie die im Breitensport genutzten Bindungen sein können, versteht sich von selbst. Daher sucht man nach TÜV-Zertifizierungen im Rennbereich vergeblich. Komplett irrelevant sind aktuelle Entwicklungen auf diesem Gebiet aber auch für Genuss-Tourengeher nicht, findet das dort gesammelte Know-how – wenn auch meist in veränderter Form – natürlich auch Eingang in die Entwicklung von Hobbysport-Equipment.


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