Rund ums (sportliche) Radeln im Straßenverkehr wird – Stichwort „nebeneinander fahrende Rennradfahrer“ – heiß diskutiert und gestritten. Höchste Zeit, mit ÖAMTC-Juristin Mag. Eva Unger einmal zu klären, was Radsportler aller Kategorien laut österreichischer Straßenverkehrsordnung (STVO) dürfen und was nicht.
Rad und Recht: Die Top 15 Fragen zur STVO geklärt / Bild: iStock / Jirsak
„Rennradfahrer auf Trainingsfahrt sind von der Radwege-Benützungspflicht ausgenommen.“ So heißt es konkret in der Straßenverkehrsordnung. Sie können also, müssen aber nicht einen vorhandenen Radweg nutzen. Warum die meisten lieber auf der Straße fahren, liegt gerade bei kombinierten Geh- und Radwegen auf der Hand.
Entscheidender Faktor ist das Rennrad, das von Rechts wegen so definiert ist: Eigengewicht bis 12 kg, Felgendurchmesser bis 630 mm, Felgenbreite bis 23 mm. Der „geschwungene Rennlenker“ als Entscheidungskriterium wurde vor einigen Jahren abgeändert – Räder mit „allen Lenkerformen, wie sie bei Rennen verwendet werden“, sind nun mit eingeschlossen. Und als Kriterium für eine Trainingsfahrt sind „insbesonders jene Verhältnisse maßgeblich, die mit jenen bei einer radsportlichen Veranstaltung vergleichbar sind, wie Ausrüstung und gefahrene Geschwindigkeit“, erklärt Juristin Eva Unger.
Aber, was ist zum Beispiel mit den neuen „Komfortrennrädern“ mit breiterer Bereifung? Oder das Fahren in normalen Sportschuhen, oder das lockere Dahinrollen im gemütlichen Tempo? „Das Rennrad ist im Prinzip exakt definiert – der Begriff ,Trainingsfahrt‘ dagegen eher ungenau. Insgesamt kommt es auf die Gesamtumstände an, ob eine Trainingsfahrt vorliegt oder nicht“, meint die Rechtsexpertin. Heißt in der Praxis (die auch nicht allen Rennradfahrern bewusst ist): Käme es zu einem Streitfall, müsste ein Gericht entscheiden, ob eine Trainingsfahrt im rechtlichen Sinn vorlag oder nicht.
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Ja, auf den erwähnten Trainingsfahrten dürfen Rennradfahrer auf der Straße nebeneinander fahren. Die Benutzung des äußersten rechten Fahrstreifens ist dabei vorgeschrieben. Die allgemeine Verkehrssituation (z. B., ob es sich um eine enge, kurvenreiche Straße handelt oder eine Gerade mit weiter Sicht) ist dabei von Rechts wegen unerheblich. Vernünftigerweise sollten Rennradfahrer dennoch nicht in jedem Fall auf ihrem Recht beharren, sondern die Gesamtsituation in ihre Entscheidung, ob Hintereinander- oder Nebeneinanderfahren angesagt ist, mit einbeziehen.
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So weit, wie es möglich ist, ohne andere oder sich selbst zu gefährden. Zu geparkten Autos sollte der Abstand mindestens einen Meter betragen – was in der Praxis oft gar nicht einfach ist, wenn etwa schmale Radwege an einer Parkplatzreihe vorbeiführen.
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Laut Gesetz ist „ein der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit angepasster seitlicher Abstand“ einzuhalten. Die Regel, die in den Fahrschulen gelehrt wird (aber nicht im Gesetz steht), lautet dazu: „1 Meter plus gefahrene Geschwindigkeit in Zentimeter.“ Bei 80 km/h-Überholgeschwindigkeit also 1,80 m Seitenabstand.
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Im Gegensatz zu allen anderen Fahrrädern brauchen Rennräder keine Klingel und auch keine Rückstrahler nach vorn und hinten, an den Pedalen und an den Rädern. Diese Ausnahmen bei den Reflektoren gelten laut Gesetz jedoch nur bei „Tageslicht und guter Sicht“. Und in Sachen Lichtanlage: Seit einigen Jahren können bei optimalen Sichtbedingungen bei allen Radtypen Scheinwerfer und Rücklicht entfallen.
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Durch die definierte Reifenbreite (23 mm) ist das wohl für alle Mountainbikes auszuschließen. Damit gelten für Mountainbiker auf öffentlichen Straßen die gleichen Rechtsvorschriften wie für Alltagsradler – also auch die Radwege-Benützungspflicht. Und auch Reflektoren müssen vollständig am Mountainbike agebracht sein.
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Nur für Kinder bis 12 Jahren. Allerdings gibt es auch ein Urteil des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 2013, wonach ein Rennradfahrer nach einem Unfall – obwohl schuldlos – nicht das volle Schmerzensgeld zuerkannt bekam, weil er keinen Helm trug. Mag. Eva Unger erklärt diese komplexe Sachlage: „Nach der Rechtsprechung des OGH ist bei der Unterlassung von Schutzmaßnahmen zur eigenen Sicherheit der Vorwurf des Mitverschuldens dann begründet, wenn sich bereits ein allgemeines Bewusstsein gebildet hat, dass jeder Einsichtige und Vernünftige solche Schutzmaßnahmen anzuwenden pflegt“.
Beim Anlassfall waren zwei Rennradfahrer mit rund 35 km/h „windschattenfahrend“ unterwegs, als es zum Unfall kam. Eine allgemeine Helmpflicht für Rennradfahrer könne man aus dieser „Einzelfallentscheidung“ des OGH zwar nicht ableiten, meint die Expertin, „jedoch droht bei einem Unfall, bei dem ein Helm eine schlimmere Verletzung verhindert hätte, eine Kürzung des Schmerzensgeldanspruches“.
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„Fußgänger haben auf gemeinsamen Rad- und Fußwegen eine Art Vorrangstellung“, weiß Mag. Eva Unger. Radfahrer haben sich so zu verhalten, dass Fußgänger nicht gefährdet werden – was andererseits nicht bedeutet, dass Fußgängergruppen sich z. B. willkürlich über die ganze Wegbreite ausbreiten dürften. Über allem steht ja das Gebot gegenseitiger Rücksichtsnahme. Bereits daraus erklärt sich, warum sportliches Radfahren auf Rad- und Gehwegen einfach undenkbar ist.
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Einerseits die erwähnte Helmpflicht für unter 12-Jährige: Diese gilt auch, wenn Kinder in einem Fahrrad-Kindersitz oder einem Fahrradanhänger mitgeführt werden. In all diesen Fällen muss das Kind zudem in einem dafür vorgesehenen Sitz mit geschlossenem Gurtsystem mitgenommen werden. Kinderfahrräder sind definiert mit einem Felgendurchmesser von maximal 300 mm (= 12 Zoll) und einer erreichbaren Geschwindigkeit von 5 km/h. Mit diesen dürfen sie, in Begleitung von einer mindestens 16-jährigen Aufsichtsperson, auf Gehsteigen fahren – nicht aber auf Radwegen oder der Straße. Umgekehrt ist dagegen Kindern auf größeren Rädern das Fahren auf Gehsteigen verboten, auch wenn die Aufsichtsperson zu Fuß unterwegs ist. „Ein Gesetz, das an der gelebten Realität vorbeigeht“, wie die Juristin kritisiert, „schließlich passen manchen Vierjährigen bereits 16-Zoll-Räder“.
Ab 12 Jahren dürfen Kinder alleine am Straßenverkehr teilnehmen bzw. mit Prüfung ab 10 Jahren; Jüngere müssen von Erwachsenen begleitet werden.
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Essen und Trinken ja, sofern dabei eine Hand am Lenker bleibt. Telefonieren beim Radeln ist seit der jüngsten StVO-Novelle genauso wie beim Autofahren nur noch mit Freisprecheinrichtung erlaubt.
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Vor roten Ampeln, Eisenbahnübergängen, Kreuzungen usw. dürfen Radfahrer (wie auch Moped- und Motorradfahrer) an bereits angehaltenen Fahrzeugen vorbeifahren und sich weiter vorne aufstellen. Allerdings nur, wenn die Kolonne auch wirklich steht (nicht etwa rollt), wenn für das Vorfahren ausreichend Platz vorhanden ist und wenn andere, die eine Absicht zum Einbiegen angezeigt haben (etwa durch Blinken), nicht behindert werden. Sind diese Bedingungen gegeben, ist es egal, ob rechts oder links vorgefahren wird.
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Radfahrer dürfen sich solchen Überfahrten mit höchstens 10 km/h nähern (diese Begrenzung gilt nicht bei einer Überfahrt mit Ampelregelung). Auch darf man sie nicht unmittelbar vor herannahenden Fahrzeugen und für dessen Lenker überraschend befahren. Für alle Autofahrer gilt das „Prinzip Zebrastreifen“: Nähert sich ein Radfahrer einer markierten Überfahrt, dann muss das Queren laut Gesetz durch Autofahrer ermöglicht werden.
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So steht es in der StVO: Mitgeführte Gegenstände dürfen Radfahrer nicht am Anzeigen der Fahrtrichtung hindern, nicht die freie Sicht oder Bewegungsfreiheit beeinträchtigen, andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden oder Dinge beschädigen.
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Ein eindeutiges „Nein“! Es ist in Österreich verboten, Tiere während der Fahrt an einer Leine zu halten oder an Fahrzeuge anzuhängen, um sie mitlaufen zu lassen. Das gilt auch, wenn man einen dafür speziell erhältlichen „Dogrunner“ benutzt.
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Für alle, die in unseren letzten Ausgaben die aktuelle Lage nicht verfolgt haben, hier nochmals zur Klarstellung: Die Freigabe der Forst- bzw. Wanderwege ist nur eine Forderung der MTB-Lobby! Nach derzeitigem Rechtsstand ist grundsätzlich das Fahren abseits aller öffentlichen Straßen – also auf Forststraßen, Waldwegen und natürlich auch auf Wanderwegen – überall dort verboten, wo es nicht ausdrücklich erlaubt ist. Die Erlaubnis erteilt der Grundstückseigentümer – entweder individuell oder auch allgemein. Wo Mountainbikestrecken definitiv ausgeschildert sind, wurde in der Regel eine allgemeine Erlaubnis (etwa vom Tourismus) mit den Eigentümern ausgehandelt. Wer auf verbotenen Wegen mit dem Mountainbike unterwegs ist, muss mit zivilrechtlichen Klagen (z. B. wegen Besitzstörung) und mit Verwaltungsstrafen rechnen.