Jederzeit einfach losmarschieren zu können. Mitten durch den Tiefschnee. Gerade auch dort, wo es keinen Weg gibt. Das ist Schneeschuhwandern. Nur, wie gelingt der Einstieg in die flexibelste aller Schneesportarten? Und was gilt es zu beachten?

Oliver Pichler


Wie soll es jemals gelingen, mit diesen unförmigen, riesigen Dingern an den Füßen zu gehen? Wie viel Übung braucht es, um sich im Schnee ungewohnt breitbeinig und mit höherem Schritt sicher zu bewegen? Reicht die Fitness, um nicht nach kurzer Wegstrecke schlappzumachen? Vorfreude trifft auf Panik! Jetzt ist Bergexperte Martin Gratz gefragt. „Beim Schneeschuhwandern gilt, wie auch beim Skifahren, die Zweier-Regel. Beim Skifahren braucht man zwei Jahre, um sicher auf der Piste unterwegs zu sein. Beim Schneeschuhwandern sind es auch zwei. Allerdings nicht Jahre, sondern Schritte. Zwei Schritte und man kann es“, betont Gratz vom Wanderhotel Taurerwirt in Kals in Osttirol. „Schneeschuhwandern ist eine einfache Tätigkeit, die man praktizieren kann, sobald man gehen kann“, will der Bergfex die Schwellenangst nehmen. 

Die Basics
„Wir beginnen unsere Schneeschuh-Einführungskurse mit der Erklärung und dem individuellen Ausprobieren der Grundlagen. Das betrifft das Anlegen der Schneeschuhe, erste Schritte mit ihnen im Schnee und die richtige Stocktechnik. Dann geht es in mehreren Leistungsgruppen hinaus ins leichte Gelände“, beschreibt Wolfgang Krainer von der gleichnamigen Sportschule in Bad Kleinkirchheim den Kursablauf. „Wir raten unseren Gästen, die sich erstmals auf Schneeschuhe wagen, mittelleichte, des Schnees wegen eher höhere Bergschuhe zu wählen. Die Bekleidung sollte im Zwiebelsystem und je Schicht nicht zu dick sein, weil man in Bewegung ist und damit schneller schwitzt. Typische Skifahrerbekleidung ist meist zu warm“, gibt Guide Martin Bekleidungstipps. 

Für erste Gehversuche ist es empfehlenswert, Schneeschuhe auszuleihen. Erst wenn man weiß, ob man sich der Sportart intensiver widmen will und welche Art von Touren (eher einfacher, flacher oder steiler und extremer) man machen möchte, ist es ratsam, das passende Modell zu kaufen. Auf jeden Fall notwendig sind, auch als Unterstützung des Gleichgewichts, längenverstellbare Skistöcke mit „großen“ Tellern, um im Schnee nicht zu weit einzusinken. Wer vom Wandern im Sommer eine gewisse Grundkondition mitbringt, wird bei einfacheren Touren keine Fitnessprobleme haben.

Erst wenn die Touren extremer werden, ist neben Sicherheitsvorkehrungen (Lawinen) auch mehr Kondition gefordert. Deshalb gilt – bei den ersten Touren nicht überambitioniert zu sein und sich nicht gleich zu Extremerem hinreißen zu lassen. „Wir beginnen unsere Einsteigertouren direkt beim Hotel, weil die Landschaft rund ums Haus ideal für die ersten Gehversuche ist und weil wir wissen, dass der Erlebniswert nicht primär von der Schwierigkeit abhängt“, berichtet Gratz. „Mich als Sportler freut es sehr, dass immer mehr überaus sportliche Typen das Schneeschuhwandern für sich als weitere Sportart neben Skifahren, Langlaufen oder Tourengehen entdecken“, erzählt Sportschulchef Krainer.

Nur zwei Schritte zum Spaß

Die Faszination
„Immer mehr unserer Gäste interessieren sich fürs Schneeschuhwandern, teils weil sie nicht mehr Skifahren wollen, meist aber als Ergänzung zum Skifahren und um weitere Facetten des Winters kennenzulernen“, erzählt Gratz. „Schneeschuhwandern ist ein idealer Sport für die ganze Familie. Es beansprucht den ganzen Körper. Und man kann es gemütlich genauso wie mit hoher Intensität betreiben“, betont Krainer. „Das Spezielle am Schneeschuhwandern ist, dass man langsam unterwegs ist. Man entschleunigt und erlebt die Natur viel bewusster, viel intensiver“, versucht der Osttiroler Martin Gratz die Faszination in Worte zu fassen.

Besondere Naturerlebnisse versprechen etwa die vom Nationalpark Hohe Tauern angebotenen Schneeschuhtouren. Von Nationalpark-Rangern begleitet, kann man etwa in Kals, im Ködnitztal, mit Blick auf den Großglockner zur Wildtierbeobachtung aufbrechen. „Mit Spektiv und Fernglas ausgerüstet, lassen sich auf den ober uns liegenden Geländekanten sehr gut Steinböcke und Gämsen beobachten“, erklärt Ranger Emanuel Egger. Regelmäßige Mondscheintouren sowie eigene Vollmondtouren, jeweils mit Schneeschuhen, sind weitere Angebote des Nationalparks. „Unser Erlebnishighlight ist die Schneeschuhtour zur Feldpannalm inklusive kulinarisch herausragender Hütteneinkehr“, setzt auch der Bad Kleinkichheimer Krainer auf besondere ­Erlebnisse.
 

Nur zwei Schritte zum Spaß

Die Risiken
„Bei Schneeschuhtouren spielt die Lawinensituation eine Rolle. Deshalb raten wir professionell geführt in der Gruppe unterwegs zu sein. Das gibt Sicherheit und man bekommt mehr Informationen zur Natur, aber auch Tipps zur eigenen Gehtechnik“, empfiehlt der Taurerwirt-Guide. Auch wenn Profis wie Emanuel Egger und Martin Gratz insbesondere der Sicherheit wegen zu geführten Touren raten, ist die Verlockung groß, auf eigene Faust aufzubrechen. Doch wenn Schneeschuhtouren in alpinere Regionen führen, sind die gleichen Risiken zu beachten, wie man sie vom Skitourengehen kennt. „Alleine die Tatsache, dass es bereits Spuren von Schneeschuhgehern gibt, sagt nicht, dass die jeweilige Route auch zu dem Zeitpunkt, zu dem man sie gehen will, sicher vor Lawinen ist“, warnt Martin Glatz. Ein weiterer Faktor betrifft den Abstieg: Man muss dafür mit Schneeschuhen in jedem Fall mehr Zeit und meist auch mehr Kondition einplanen als für die Abfahrt nach einer Skitour. Die Erfahrung zeigt, moderat zu beginnen und zumindest bei Ortsunkenntnis nur als Teil einer Gruppe samt kundigem Führer unterwegs zu sein, ermöglicht die Faszination des Schneeschuhwanderns am besten zu genießen.
 

Schneeschuhwandern: Basics & mehr

Bekleidung & Ausrüstung

  • Bekleidung (nicht zu dick) nach dem Zwiebelprinzip
  • Wechselwäsche, falls man schwitzt
  • Trekking- oder Bergschuhe (eher höher, des Schnees wegen) und eventuell Gamaschen
  • Sonnen- & Kälteschutzcreme
  • Handschuhe, Mütze, Sonnenbrille
  • Schneeschuhe & längenverstellbare Skistöcke mit großen ­Tellern (beides eventuell im Verleih)

Sicherheitsausrüstung
Sobald ambitionierte Touren am Programm stehen, ist die auch bei Skitouren übliche Sicherheitsausrüstung zwingend erforderlich:

  • LVS-Gerät, Lawinenschaufel, Lawinensonde
  • Erste-Hilfe-Paket & Biwaksack
  • Stirnlampe
  • eventuell Lawinenairbag

Infos

  • Hotel Taurerwirt in Kals – mehrmals wöchentlich geführte Schneeschuhtouren in mehreren Schwierigkeitsstufen.                     
    www.taurerwirt.at
  • Nationalpark Hohe Tauern – Rangerprogramme, etwa in Kals. 
    www.hohetauern.at
  • Sportschule Krainer, Bad Kleinkirchheim -– viele geführte Touren, etwa zur Feldpannalm mit Hütteneinkehr. 
    www.sportschule.at