„Grün" zu sein ist richtig in Mode gekommen – gerade bei der (Outdoor-)Mode! SPORTaktiv hat nachgeforscht, wie die Outdoor-Branche auf die steigende Nachfrage nach Ökoprodukten reagiert, was man tatsächlich unter „Nachhaltigkeit" versteht – und wie auch der Konsument seinen „ökologischen Fußabdruck" verkleinern kann.
Von Claudia Riedl
Chemische Imprägnierungen, Daunen aus Lebendrupf und bedenkliche Arbeitsbedingungen vor allem in Fernost: Oft liest man (leider), dass Textilprodukte alles andere als „umweltfreundlich" sind. Die Outdoor-Industrie aber hat sich jetzt wie kaum eine andere Branche der Kritik von Interessensgruppen gestellt – und gezeigt, dass faire Produktion ebenso möglich ist wie hohe Sozialstandards und Tierschutz. „Nachhaltigkeit" ist der neue Qualitätsstempel in der Outdoor-Industrie.
Aber wo fängt diese Nachhaltigkeit an, wo hört sie auf? Und was darf man sich überhaupt darunter vorstellen? Denn „Nachhaltigkeit" ist mittlerweile ein großer, schwammiger und vor allem inflationär verwendeter Begriff. Allgemein gesprochen geht es bei Nachhaltigkeit immer darum, die potenziell negativen Auswirkungen der aktuellen Handlungen auf zukünftige Generationen zu minimieren.
Ein Credo also, das sich tatsächlich immer mehr Outdoor-Hersteller zu Herzen nehmen: Um einen bestmöglichen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen, streben sie nämlich eine Verbesserung ihrer Nachhaltigkeitsstandards an. Und diese können – je nach Unternehmensstrategie – bereits bei einem cleveren Design der Produkte ansetzen, sich über eine schadstoffarme und faire Produktion sowie eine kompetente Kundenberatung ziehen, um schließlich bei der Verwertung nach Ablauf des Produkteinsatzes zu enden. Im Klartext heißt das aber auch: Es lässt sich nur schwer festmachen, wo Nachhaltigkeit beginnt und wo sie endet. Jedes Unternehmen muss diesen Begriff letztlich für sich selbst definieren.
FAIRE MODE
Ein großes Feld in der Outdoor-Branche stellt die Bekleidung dar. Dass es in der Textilproduktion nach wie vor erhebliche Missstände gibt, wollen wir gar nicht wegreden. Aber anhand einiger positiver Beispiele aus der Outdoor-(Textil)Industrie zeigt sich, dass immer mehr Hersteller auf „nachhaltige" Produkte setzen. Vaude, Salewa, Mammut, Nikwax, Fjällräven, Jack Wolfskin – die Liste liest sich wie das Who-is-who der Outdoor-Branche und ist erfreulicherweise zu lang, um alle zu erwähnen, die sich durch Nachhaltigkeit auszeichnen. Wir haben uns exemplarisch die Brands Mammut, Vaude und Nikwax herausgegriffen, um den SPORTaktiv-Lesern zu zeigen, wo und vor allem wie intensiv der „grüne Gedanke" in den Outdoor-Betrieben gelebt wird.
VORBILDFUNKTION
Wir starten mit dem deutschen Outdoor-Ausrüster Vaude, bei dem sich die Nachhaltigkeitsstrategie wie ein „grüner Faden" durch alle Unternehmensbereiche zieht. Ein Auszug: Vaude hat mit „Green Shape" bereits 2010 ein eigenes Bewertungssystem für umweltfreundliche Outdoor-Produkte entwickelt, das den gesamten Produktlebenszyklus umfasst. Letztendlich werden nur jene Produkte mit dem Green-Shape-Label gekennzeichnet, die nach eigenen Angaben ressourcenschonend hergestellt werden.
Der grüne Faden zieht sich weiter: Als Mitglied der Multistakeholder-Initiative „Fair Wear Foundation" (FWF) arbeitet Vaude an einer kontinuierlichen Verbesserung der Sozialstandards und spricht sich somit für existenzsichernde Löhne sowie faire Arbeitszeiten aus. Ebenfalls vorbildlich: In seinem „Greenpeace Detox Commitment" verpflichtet sich Vaude freiwillig dazu, bis spätestens 2020 alle schädlichen Substanzen in der Lieferkette zu eliminieren.
Video: Nachhaltigkeitsstrategie: Der grüne Faden | Vaude
NACHMACHEN ERLAUBT!
Eine Vorbildrolle in Sachen Nachhaltigkeit nimmt auch das Unternehmen Mammut ein. Die Marke mit dem Urzeit-Elefanten setzt in seinen Produkten – wo es möglich und sinnvoll ist – umweltfreundliche Materialien wie Biobaumwolle (z. B. in der Kletterbekleidung) und Recycling-Polyester ein. Außerdem hat man es sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 keine PFC-Ausrüstung mehr in der Bekleidung zu verwenden – ausgenommen das Core-Segment, wo Chemie für ein Maximum an Funktion einfach notwendig ist. Auch Klimaschutz nimmt einen hohen Stellenwert ein: „Wir beziehen die Herkunft der Stoffe in die Lieferantenwahl immer mit ein und versuchen, die Transportwege möglichst kurz zu halten", erklärt uns Peter Hollenstein, CR-Manager der Mammut Sports Group AG.
Der dritte in unserem Nachhaltigkeits-Bunde ist Pflege- und Imprägniermittelhersteller Nikwax. Seine Produkte sind seit jeher zu 100 % PFC-frei, also frei von Fluorcarbonen und ohne Treibgase. Sie sind außerdem tierversuchs- sowie lösungsmittelfrei und biologisch abbaubar. „Wir folgen einer uns selbst auferlegten, besonders strengen Liste von verbotenen Chemikalien, die wir keinesfalls in unseren Produkten verwenden", so Chrissy Dorn, PR-Beauftragte von Nikwax, und legt zum Thema Wiederverwertung nach: „2014 lag unser recycelbarer Abfall bereits bei 80 %. In den nächsten fünf Jahren planen wir, zu 100 % abfallfrei zu sein."
Damit kein Irrtum aufkommt: Die Liste an nachhaltigen Maßnahmen, die allein diese drei erwähnten Brands umsetzen, wäre noch viel länger, würde den Rahmen hier aber sprengen. Dass das Bewusstsein für nachhaltige (Outdoor-)Mode auch unter den Konsumenten steigt, bestätigt uns Peter Waeber, Begründer des ganzheitlichen bluesign®-Systems und Geschäftsführer von bluesign technologies: „Immer mehr kritische Verbraucher informieren sich gezielt über die Produkte und Produktionsbedingungen, bevor sie sich zum Kauf entscheiden, und sind auch bereit, mehr für Ökoprodukte zu bezahlen. An Nachhaltigkeit kommt heute eben niemand mehr vorbei."
GRÜN? ABER LOGO!
Aber nicht immer ist es leicht, nachhaltige Outdoor-Bekleidung zu finden. Die Materialien sind komplex und bei einigen Sportfachhändlern findet man „grüne" Hosen und Jacken nur schwer unter anderen Mainstream-Marken. Die Frage also: Woran sind umweltfreundlich gefertigte Textilien zu erkennen? Unser Rat: Spezielle Nachhaltigkeitssiegel können bei der Auswahl helfen!
Ein verlässliches Gütezeichen für nachhaltige Outdoor-Produkte ist das bereits erwähnte Label „bluesign® product". bluesign technologies betrachtet die gesamte Herstellungskette beginnend bei der Chemieindustrie, auditiert alle Betriebe und implementiert sichere und nachhaltige Produktionsmethoden. So finden umwelt- und gesundheitsgefährdende Substanzen gar nicht erst Eingang in den Fertigungszyklus. CEO Peter Waeber bleibt aber auch realistisch: „Eine komplett schadstofffreie Produktion gibt es bei der Textilherstellung nicht, auch bei der Bio-Baumwolle kommt man um den Gebrauch von Pestiziden nicht herum. Wenn man einen Rohstoff aus der Natur entnimmt, muss man bedenken, dass auch in der Natur Schwermetalle vorkommen, die man bei der Produktion mitschleppt."
Schadstoffarme Produktion ist aber sehr wohl möglich, wie mehrere Outdoor-Marken wie z. B. Patagonia, Jack Wolfskin, Haglöfs, Vaude oder Mammut, die Teile ihrer Kollektion bereits mit dem blauen Logo gelabelt haben, beweisen. Wer neben den ökologischen auch gute soziale Bedingungen in den Herstellerbetrieben honorieren möchte, sollte auf das Label der Fair Wear Foundation (FWF) oder der World Fair Trade Organization (WFTO) achten. Faire Tierhaltebedingungen garantiert unter anderem das „ZQ-Merino-Qualitätssiegel" für artgerechte Schafhaltung.
APPELL AN DEN KÄUFER
Der Großteil der Outdoor-Klientel hat es bereits erkannt: Wenn wir weiterhin das genießen wollen, was uns die Natur zu bieten hat, dann muss jeder einzelne von uns – eben auch der Endverbraucher – ernsthaft darüber nachdenken, wie man sie beschützt. Zugegeben, „grün" zu handeln ist manchmal unbequem und mitunter auch etwas teuer. Von einem „nachhaltigen" Agieren profitiert aber nicht nur die Umwelt, sondern letztlich auch der Verbraucher selbst. Indem Kunden bewusst „grüne" Outdoor-Produkte kaufen, unterstützen sie etwa die Bestrebungen der Firmen, den ökologischen Fußabdruck bei der Produktherstellung gering zu halten. Außerdem senden sie durch den Kauf ein wichtiges Zeichen an die Hersteller, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig ist, was sich wiederum in einem wachsenden Angebot an „grünen" Produkten niederschlagen wird.
Bleibt die Frage, worauf man als Konsument beim Kauf eines Ökoprodukts achtet – und wie man auch nach dem Einkauf „nachhaltig" agiert. Die detaillierten Tipps dazu gibt's hier. Aber so viel schon mal vorweg: Bei nachhaltiger (Outdoor-)Mode ist es wichtig, weniger oft neue Kleidung zu kaufen – und falls doch, sich gut zu informieren und ein Auge auf die Materialien, Produktionsweise und Herkunft zu haben. Hat man das „grüne" Kleidungsstück seiner Wahl dann zu Hause, sollte man versuchen, dessen Lebenszyklus durch richtige Pflege oder Reparatur zu verlängern.
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