Laufschuhe sind nicht gerade umweltfreundlich. Seit einigen Jahren gibt es aber auch nachhaltigere Alternativen. Was steckt hinter den Konzepten und wie laufen sich diese Schuhe?

Christof Domenig
Christof Domenig

Eigentlich hinterlassen Läufer einen recht kleinen Fußabdruck in der Natur, schließlich startet man meist „CO2-neutral“ von der Haustür weg und braucht auch nur eine überschaubare Ausrüstung für seinen Lieblingssport. Doch gerade das Herzstück der Ausrüstung, der Laufschuh, ist leider nicht besonders umweltfreundlich. Die „High-Tech-­Kunststoffe“, die den Laufschuhen ihre spezifischen Eigenschaften verleihen, basieren auf Erdöl und die Material-Zusammensetzungen sind komplex, sodass sich die Schuhe am Ende ihres Produktlebens nicht sinnvoll recyceln lassen. Außerdem lassen die so wichtigen gesundheitsrelevanten Dämpfungseigenschaften mit Zeit und Laufleistung nach, sodass die Schuhe nicht über eine gewisse Kilometeranzahl (zwischen 500 und 800 werden oft genannt) hinaus gelaufen werden sollen. Ist ein Schuhpaar dann zu Ende gelaufen, lässt es sich nach gründlicher Reinigung vielleicht noch im Alltag tragen – ansonsten ist ein ausrangierter Laufschuh leider ein Fall für die Deponie.

Um dieses Problem wissen freilich die Laufschuh-Hersteller und forschen seit Längerem an umweltfreundliche(re)n Alternativen: Etwa mit dem Zugang, recycelte Kunststoffe als Rohstoff herzunehmen oder biobasierte Naturmaterialien, durch die sich der Schuh am Ende zersetzt. Oder mit Schuhen, die so einfach zusammengesetzt sind, dass sie am Ende doch wieder möglichst vollständig recycelt werden können. Das alles soll freilich möglichst ohne Performance-Verlust gehen. 

Solche nachhaltige(re)n Laufschuh-Modelle sind seit mittlerweile ein paar Jahren auf dem Markt zu finden. Sechs Modelle mit kleinerem ökologischen Fußabdruck stellen wir in Folge vor – bei drei Herstellern haben wir genauer nachgefragt: Bei On, wo 2021 der erste „Cyclon“ als kreislauffähiger Laufschuh aus Naturmaterialien gestartet ist, der seither per speziellem Schuhabo bezogen werden kann. Bei Salomon, wo der recycelbare „Index“-Laufschuh in der nunmehr 3. Generation auf dem Markt ist. Und bei Saucony, wo es mit „Triumph“, „Peregrine“ und „Ride“ drei nachhaltige „RFG“- Modelle im Sortiment gibt.

Läufer sind an nachhaltigeren Schuhen sehr interessiert, sofern sie gewohnte Performance-Ansprüche erfüllen.

Alexander Dobrawa, Sau­cony

Saucony: „Run for Good“
„RFG“ steht bei Saucony für „Run for Good“ und besagt, dass ein Produkt gewisse selbst gesetzte Nachhaltigkeits- und zugleich Performance­ziele erüllt. Bei den RFG-Laufschuhen kommen etwa Biomaterialien aus Zuckerrohr-­Ethanol in der Zwischensohle, Baumwolle beim Obermaterial und Naturkautschuk bei der Außensohle zum Einsatz, zusätzlich zu hohen Anteilen recycelter Kunststoffe. 

Straßen- wie Trailrunner seien an nachhaltigeren Laufschuhen grundsätzlich sehr interessiert, meint Alexander Dobrawa von Sau­cony – sofern sie gewohnte Performance-Ansprüche erfüllen. Und das schaffen die drei Saucony-RFG-Modelle auch, verspricht Dobrawa. Der Triumph RFG ist ein Max-Cushion-Schuh, der Peregrine RFG ein Trailmodell und der Ride RFG als jüngster ein klassischer Trainingsschuh, seit Winter 2023/24 kamen die drei Modelle nach und nach auf den Markt. „Die Kundenfeedbacks besagen, dass die RFG-Schuhe total gleichwertig sind, in Performance wie auch im Tragegefühl. Das Obermaterial wird sogar als eine Spur feiner, weicher wahrgenommen.“ Auch ein entscheidender Punkt: Die RFG-Modelle sollen für den Endkunden nicht teurer sein, „unser Anspruch ist, die nachhaltige Entscheidung nicht zu bestrafen.“ 

Und was bringt der nachhaltige Laufschuh-Ansatz, den Saucony gewählt hat, konkret für die Umwelt? „Der größte Fokus liegt auf der Einsparung von fossilen Rohstoffen. Aber in der RFG-Version lässt sich der Schuh auch einfacher wiederverwerten.“ Schuhe am Ende ihres Produktlebens könnten zerschreddert und das gewonnene Material etwa in Tartanbahnen zweitverwendet werden, erklärt Dobrawa.

Ein neues Konzept braucht etwas Zeit, bis es akzeptiert wird. Jetzt kommen die Schuhe auch wirklich zurück.

Tobias Bogner, Salomon

Salomon-Schuh mit zweitem Leben 
Bei Salomon gibt es den „Index.03“ als aktuelles nachhaltiges Modell. Der Schuh, der wie schon die erste Generation, der Index.01 im Jahr 2021, jener Schuh ist, mit dem Österreichs Olympiateam offiziell ausgestattet wird, werde nun in dritter Generation endlich auch als richtiger Laufschuh wahrgenommen, sagt Tobias Bogner von Salomon. Auch wenn Modellgeneration eins ebenfalls schon „laufbar“ war. Die Index-Schuhe bestehen lediglich aus zwei unterschiedlichen Materialien, jenem der Zwischensohle und dem Obermaterial, und lassen sich somit voll recyceln. Der Index.03 wird am Ende entlang der roten Linie (die nicht nur ein Designelement ist) auseinandergenommen. Die Zwischensohle findet in Skischuhen ein zweites Leben, das Upper wird zu Textilien.

Das Herzstück der Index-Schuhe, der „Infinifoam“-Dämpfungsschaum, wurde von Generation zu Generation deutlich weiterentwickelt, erklärt Bogner – was die verbesserten Laufeigenschaften mitbegründet. Für wen passt der Index-03 nun und wie läuft er sich? „Ich würde Gelegenheitsläufer auf der Suche nach einem Neutrallaufschuh als Haupt-Zielgruppe des Index.03 sehen: Den Lauf am Sonntagvormittag mit Partner oder Partnerin, die lockere Runde nach der Arbeit. Für diese ist der Schuh ideal. Und zugleich für alle, die sagen: Mir ist der nachhaltige Aspekt beim Laufschuh genauso wichtig wie der Performance-Aspekt.“

Damit das Recycling aber auch funktioniert, müssen die Schuhbesitzer den Schuh zurückschicken – der QR-Code in der Lasche gibt darüber Auskunft. Auch das habe eine Zeit gebraucht, um „anzurollen“, erklärt Bogner. „Ein neues Konzept braucht etwas Zeit, bis es akzeptiert wird. Jetzt sieht man, dass die Schuhe auch wirklich zurückkommen.“ Ende August 2024 kommt der erste recycelbare Trailschuh der Franzosen auf den Markt.

Das On-Kreislaufmodell 
Einen engagierten Weg in Richtung nachhaltiger Laufschuhe beschreitet On: Seit 2021 ist der Cyclon Cloudneo im Programm, der aktuell zu 90 % aus recycelbaren und zu über 50 % aus zertifizierten biobasierten Materialien bestehe, so Begüm Kurkcu, Global-Sustainability- Director des Schweizer Laufschuhherstellers. „Der Cloudneo besteht aus weniger als zehn Komponenten und das Obermaterial zu 98 % aus biobasierten Materialien. Damit ermöglichen wir die volle Kreislauffähigkeit des Produkts.“ Den Schuh gibt es nicht im Kauf, sondern im Abonnement gegen eine monatliche Gebühr. „Im Rahmen unseres Abonnementprogramms möchten wir unsere Kunden dazu ermutigen, ihre getragenen Schuhe zum Recycling zurückzugeben. Damit können wir gemeinsam einen Wandel zu einem kreislauforientierten Verbraucherverhalten fördern“, sagt Kurkcu.

Mittlerweile sind drei unterschiedliche Cyclon-Modelle zu haben – Performance-Abstriche müsse man mit keinem davon in Kauf nehmen, verspricht der On-Experte: „Der Cloudneo wurde auf Performance ausgelegt, ist insbesondere für Wettkämpfe und Bestzeiten von trainierten Läufern gedacht. Der Cloudrise ist die nächste Performance-Laufschuh-Generation und richtet sich an ein breiteres Publikum. Der Cloudeasy rundet das Programm ab, indem wir umweltbewussten Konsumenten ein Modell für den Alltag bieten.“ 

Seit Herbst 2022 gibt es von On zudem auch einen Laufschuh-Prototypen aus dem „CleanCloud“-Programm, wo Kohlenstoff-Emissionen als Rohstoff für Kunststoffe dienen. Klingt revolutionär: „Disruptive Technologien benötigen einen langen Atem, doch das ist es uns wert“, verspricht Begüm Kurkcu dazu.