Wie Vario-Gläser funktionieren und wieso sie helfen können, sicherer über Trails und Forststraßen zu navigieren.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Tiefstehende Sonne, wechselnde Untergründe, dunkle Wälder, hohe Gipfel und weite Täler: Geschwindigkeits-Sportarten wie das Mountainbiken stellen unser Auge als elementaren Teil des Seh-Sinns vor große Herausforderungen. Sportbrillen bieten hier nicht nur Schutz vor UV-Strahlung, Fahrtwind, Staub und Geäst, sondern helfen, richtig ausgewählt, auch dabei, die Sicht zu verbessern. Gängig sind dunkle Tönungen für sehr helle Bedingungen, sehr helle Tönungen für dunkle Bedingungen und Allrounder für wechselhafte Bedingungen. Oft lassen sich die Gläser auch unterwegs einfach tauschen. Deutlich einfacher und vielseitiger ist man aber, setzt man direkt auf sogenannte phototrope oder photochrome Vario-Gläser, welche sich automatisch an die Lichtbedingungen anpassen und so einen Gläserwechsel überflüssig machen.

So funktioniert’s
Für die automatische Abdunkelung und Aufhellung der Gläser „sind Moleküle bzw. Kristalle verantwortlich, die auf die UV-Strahlung reagieren“, klärt Florian Riedel von Julbo auf. Zum besseren Verständnis der an der Oberfläche der Gläser stattfindenden Reaktion trägt auch die Auskunft von Sven Hemmerich von Hersteller „100 %“ bei: „Während die Gläser im Normalzu­stand fast klar sind, nehmen sie bei zunehmender Bestrahlung mit UV-Licht eine dunkle Tönung an. Bei einer Verringerung des UV-Lichts nimmt die Tönung wieder ab.“ Der Abdunkelungsprozess erfolge dabei um einiges schneller als der Aufhellungsprozess – und beides, so Hemmerich, sei aber auch abhängig von der Umgebungstemperatur. Je wärmer, desto langsamer die Reaktion. Sprich: Im Sommer brauchen phototrope Gläser länger, bis sie ihre maximale Tönung erreichen als im Winter. Bei großer Kälte und großer Höhe bleiben die Scheiben umgekehrt eher dunkel.

Filter und Kategorien
Die Hersteller bieten in der Regel Vario-Gläser mit unterschiedlichen Schutzspektren und je nach Einsatzgebiet zusätzlichen Filter-Technologien an. Mountainbikern empfiehlt Florian Riedel Sonnenbrillen mit einem Schutzspektrum von Kat. 1 bis 3 sowie einem kontrastverstärkenden Filter. Natürlich dauert es eine Weile, bis sich die Gläser abdunkeln, Julbo spricht für seine REACTIV-Scheibe von max. 23 Sekunden, um von hellster zu dunkelster Stufe respektive umgekehrt zu gelangen, bei 100 % ist von etwa 60 bis 90 Sekunden für die Abdunkelung und 90 bis 120 Sekunden für die vollständige Aufhellung die Rede. 

Vielfach wird diese verzögerte Anpassung an die Lichtbedingungen, etwa bei schnellen Licht-Schatten-Wechseln im Wald, als Nachteil der Technologien genannt. Wie Florian Riedel betont, gibt es aber aktuell keine bessere Lösung. „Klar kann es zu kurzen Lichtwechseln kommen. Aber die Alternative wäre, dass der Biker stehen bleiben und seine Scheibe wechseln muss.“ Außerdem arbeiten hochwertige selbsttönende Scheiben mit zusätzlichen Farbtönungen, welche durch verbesserte Konturen- und Kontrast­erkennung diesen angeblichen Nachteil weiter minimieren.