In den Sommerferien ist ein Ausflug in einen Kletterpark eine willkommene und abenteuerliche Abwechslung für die ganze Familie. Das Beste an diesem speziellen Outdoor-Abenteuer: Es stärkt nicht nur die Muskeln und schärft die Konzentration – Seil und Karabiner berühren tatsächlich auch die Seele ...
Auf den ersten Blick sieht alles leicht aus. Über eine Hängebrücke gehen, die zwischen zwei Bäumen gespannt ist. In zwei Metern Höhe. Herausforderung? Null. Anstrengung? Gering. Auswirkungen auf den Alltag? Kaum. Wie der erste Eindruck doch täuschen kann. Kletterparks sind alles andere als ein Sonntagsspaziergang im Schneckentempo – Hüftgurt, Karabiner, Seil und Helm lassen schon erahnen, dass die Kraxlerei zwischen den Bäumennicht ganz so ohne ist.
Denn es bleibt nicht bei der Hängebrücke und der geringen Höhe: 70 verschiedene Hindernisse gibt es zum Beispiel im Kletterpark am Grazer Hilmteich, aufgeteilt auf vier Parcours von „leicht“ bis „sehr schwer“. „Da kommt jeder an seine Grenzen. Körperlich wie psychisch“, sagt Hans-Jürgen Mosbacher, der den Park leitet. Ein Rundgang unterstreicht seine Worte: Per Strickleiter auf ein Podest in sechs Metern Höhe zu steigen, sieht schon nicht mehr ganz so leicht aus. Weiter geht es über einen Zick-Zack-Weg aus runden Holzpfosten, die an Seilen hängen. Alles bewegt sich. Immer und bei jedem Schritt.
UND WER HAT’S ERFUNDEN ...?
Frankreich und Deutschland waren die Vorreiter bei den Kletterparks in Europa, vor ein paar Jahren hat es dann auch in Österreich einen regelrechten Boom gegeben. Oft waren es Alpinisten und Kletterer, die ihre Erlebnisse mit der Familie teilen wollten und so begonnen haben, einen Kletterpark zu bauen. Als waldreiches Land bietet sich Österreich dafür geradezu an. „Dieser Boom“, sagt Mosbacher „ist zwar wieder vorbei. Aber ich kenne auch keinen Park, der in Konkurs gegangen ist.“
Es geht darum, den Besuchern etwas Besonderes zu bieten (am Hilmteich etwa ist es der alte artenreiche Baumbe stand), dazu werden immer wieder neue Hindernisse erdacht und gebaut. Aktuell wird gerade der schwerste Parcours erweitert – mit dem „Flying Fox“, einer 32 Meter langen Seilrutsche, am Ende. Als Belohnung, denn für die schwerste Runde braucht es im Kletterpark schon eine Menge Kraft. „Hier trainiert man Körperspannung“, sagt Mosbacher, „beim Klettern am Berg baust du nur an drei Punkten Spannung gegen den Fels auf. Hier musst du immer den ganzen Körper anspannen, bei jedem Schritt, sonst kommst du nicht weiter.“
GESICHERT WIE AM KLETTERSTEIG
Passieren kann nichts, auch wenn es einmal wirklich nicht mehr weitergeht. Alle Besucher sind ständig gesichert. „Und zwar gleich wie am Klettersteig, mit zwei Karabinern, die gegengleich ins Seil gehängt werden, damit nicht beide aufgehen können, wenn sie von irgendwoher einen Schlag bekommen.“
Für den Klettersteig ist der Kletterpark überhaupt das perfekte Trockentraining. Man lernt den Umgang mit Seil, Karabiner und Hüftgurt ohne alpine Gefahren wie Wetterumschwung oder Steinschlag. „Das Wetter beobachten wir natürlich, und sollte es wirklich einmal gefährlich werden, können die Besucher in kurzer Zeit wieder aus der Höhe abgeseilt und ins Trockene gebracht werden.“
Insofern ist der Kletterpark zwar eine Art „Einstiegsdroge“ ins Felsklettern – Griffe oder spezielle Klettertechniken muss man sich aber woanders aneignen. Denn die schwankenden Hindernisse sind mit trittsicherem Gehen auf dem Berg nicht zu vergleichen.
Aber an die Höhe kann man sich gewöhnen. Der schwierige Teil ist acht und mehr Meter über Grund. Wie am Hilmteich die „Kübelgalerie“: An Seilen hängen Blumentöpfe mit dem Boden nach oben. „Das ist unser schwierigstes Hindernis“, erklärt Mosbacher. Wie man da rüberkommt? Ein wissendes Grinsen, mehr ist ihm nicht zu entlocken. „Wir geben im Voraus nicht viele Tipps zu den Hindernissen.“ Nach einer genauen Einschulung überprüfen die Kletterlehrer auf dem Übungsparcours den Sitz der Gurte und ob jeder mit Seil und Karabinern umgehen kann. Dann geht es für die Gruppen auf die Runde. Allein. „Die Leute sollen die Probleme selbst lösen, einander Tipps geben und sich gegenseitig motivieren und Mut zusprechen.“
VERTRAUEN AUFBAUEN
Gerade die Gruppendynamik macht schließlich die Erfahrung Kletterpark zu einem großen Teil aus. „Auch wenn man es allein machen kann – am besten ist es in einem Team. Gruppendynamisch kann hier sehr viel passieren. Wenn ich durch den Park gehe, höre ich gut, wie sich die Kommunikation innerhalb der Gruppen verändert.“
Viele Firmen kommen hierher, auch bei Schulklassen werden Kletterparks immer beliebter. „Die, die am Boden die große Klappe haben, werden in den Bäumen oft sehr leise. Umgekehrt blühen die Kleinen und Leisen oft auf.“ Quer durch alle Altersstufen lässt sich das beobachten. „Es geht hier auch viel um das Vertrauen, sich auf den anderen verlassen zu können“, sagt Mosbacher. Das Erlebnis wirkt speziell bei Kinder- und Jugendgruppen noch Tage später nach. Schwer Erziehbare etwa stoßen hier an ihre Grenzen, lernen Hilfe anzunehmen und sind danach deutlich ausgeglichener.
Auch bei Sportlern sind Kletterparks beliebt, nicht nur wegen der mentalen Komponente. Wenn es über wackelige Balken, durch Kletternetze oder Röhren aus Holzlatten geht, ist schließlich volle Konzentration gefragt. Und es geht vor allem ums Teambuilding: Walter Schachner ist mit seinen Fußballprofis in fast jeder Vorbereitung in einen Kletterpark oder Hochseilgarten gegangen, um den Zusammenhalt zu stärken.
Los geht das aber schon beim Nachwuchs. Heinz Hösele, Trainer der U12 im steirischen Pachern, war mit seinen Burschen im Juni im Kletterpark Hilmteich. Und schwärmt davon: „Vorher hatten wir verschiedene Gruppen – jetzt sind wir eine Mannschaft. Alle haben sich untereinander geholfen.“
Seitdem ist die Stimmung unter den Buben ganz anders. „Und das hat auch einen deutlichen Effekt auf die Leistung beim Fußball gehabt“, sagt Hösele. Wenn er im nächsten Jahr wieder eine neue Mannschaft übernimmt, steht der Besuch in einem Kletterpark ganz oben auf der Liste.
HÖHENANGST BEZWINGEN
Immer wieder betreut Mosbacher auch Gruppen vom Alpenverein, die mit Höhenangst zu kämpfen haben. „Anfangs zittern sie schon bei einem Meter Höhe. Nach ein paar Stunden kommen sie aber mit einem breiten Grinsen von der schwersten Runde retour.“ Die Erklärung? Durch die Konzentration auf die Probleme der Hindernisse wird die Höhe ausgeblendet.
Das „Familienvergnügen“ lässt sich aber auch für Leistungssportler zu einer echten Herausforderung gestalten. „Man kann alle Hindernisse auf verschiedene Arten bewältigen, den Parcours rückwärts oder auf Zeit gehen“, sagt Mosbacher.
So haben alle – ob Jung oder Alt, Groß oder Klein – die Chance, ihre Grenzen auszuloten. Und im Ernstfall sind die Kletterlehrer zur Stelle und seilen, wenn es gar nicht mehr anders geht, die Leute ab. „Aber das“, weißHans-Jürgen Mosbacher, „kommt bei rund 200 Besuchern in den Sommerferien höchstens jeden zweiten Tag einmal vor“.
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