Gewöhnlich waren die sportlichen Projekte von Rolf Majcen nie. Als ­Stiegenläufer hat er sich einen Namen gemacht, 2018 ist er zum Alpenrodler geworden. Und jetzt? Hat er wieder die winterlichen Berge erkundet. Per Skidoo. Und die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus.

Klaus Molidor
Klaus Molidor

Seine Welt sind die Berge. Egal, ob Sonnenaufgang allein am Hochschwab in der Steiermark, ein Spaziergang in den Gutensteiner Alpen in Niederösterreich oder hoch oben in den schroffen Felsformationen der Dolomiten. In den Alpen ist Rolf Majcen zu Hause, sie üben eine magische Faszination auf den gebürtigen Südafrikaner, der in Graz aufgewachsen ist und jetzt in Niederösterreich lebt, aus. „Meine Alpen“, sagt er immer wieder. Quelle der Kraft und Inspiration sind sie für den 54-Jährigen. Nach der Alpenrodeltour durch die Schweiz, Südtirol und Österreich hat er diesmal einen anderen fahrbaren Untersatz für sich entdeckt, einen, mit dem es auch bergauf geht: den Skidoo. „Schon als Bub haben mich die Geräte fasziniert, wenn ich mit den Eltern Ski fahren war“, erzählt Majcen mit dem ihm eigenen Feuer in der Stimme. Und nachdem der letzte Winter schneearm war und er seine Rodeltour in Grindelwald und Adelboden nicht fortsetzen konnte, musste was Neues her. Ski fahren fällt aus – das kann seine aus China stammende Lebensgefährtin Jin Lan nicht. „Aber ich muss in die Berge und da ist mir der Skidoo eingefallen.“ 

So einfach ist das aber nicht, anders als Ski fahren und Rodeln kann man Skidoo fahren nicht überall, wo es Schnee und Berge gibt. Klar, Rovaniemi in Finnland, Lappland, Anchorage in Alaska, das sind Skidoo-Paradiese. Aber für einen Wochenendausflug doch ein bisschen zu weit. Also beginnt er zu recherchieren, wo der Spaß möglich ist. Auf der Turracher Höhe zum Beispiel, im steirisch-kärntnerischen Grenzgebiet, in Engelberg in der Schweiz, hauptsächlich aber in Südtirol. Insgesamt sind es keine zwei Dutzend in den Alpen, auf die magische Zahl 7 einigen sich Jin Lan und er. Mit dem Anwerfen der bis zu 200 PS starken Motoren ist es dann vollends um Rolf Majcen geschehen. „Das Geräusch des Motors, ein Wahnsinn.“ Gas gegeben wird per Daumen und auf geht’s. Keines der sieben Gebiete bietet aber dasselbe Erlebnis. Während es auf der Turrach auf einem eher kurzen Rundkurs ums Fahren geht, steht in Südtirol die Landschaft im Mittelpunkt.

„In Madesimo, dem größten Skidoo-Gebiet Europas, sind wir vier Stunden lang im Hochgebirge gefahren und haben 70 Kilometer zurückgelegt. Und in Sappada fuhren wir durch den Wald, über kleine Wegerln, im Tiefschnee, immer mit Blick auf eine atemberaubende Bergkulisse.“ Aber gerade der Auspower-Freak Majcen lässt sich per Motorkraft auf den Berg bringen? Wie passt denn das zusammen? „Es ist nicht so, dass du dich da nur draufsetzt und Gas gibst“, erklärt er. „Das Lenken, die Konzentration, das geht schon eini.“ Außerdem müsse man viel mit dem Körper arbeiten. „Auf Schrägfahrten musst du dich voll Richtung Hang lehnen, damit das Ding nicht umkippt.“ Bergab kommt die Überwindung dazu, nicht immer auf der Bremse zu stehen. „Wenn die Ketten blockieren, rutschst du irgendwann. Man soll also Stotterbremsen und immer wieder auslassen, damit die Ketten greifen können.“

Den Abschluss einer Tour bildete immer ein gemütliches Beisammensein mit dem Guide und anderen Teilnehmern. „Du musst danach einfach reden. Das Adrenalin, das Erlebnis, das will raus. So was macht man ja nicht dauernd, sondern vielleicht nur einmal im Leben oder eben einmal im Winter. Diese Erlebnisse willst du mit anderen teilen, dich austauschen.“ Speck, Käse, Bauernbrot – immer direkt aus der Region. So lassen Majcen und Jin Lan die Touren ausklingen. Dann geht es ins Auto und wieder Hunderte Kilometer zur nächsten Station.
Geschlafen wird im Auto, zeitig in der Früh geht es auf die Skidoos. Besonders eindrucksvoll: die Tour in den Drei Zinnen. „Sternenhimmel bei der Ankunft, in der Früh hatte es dann leicht geschneit und dann ging es rauf. Unvergesslich.“ Diesmal aber nur am Sozius. „Denn seit es in den Dolomiten einmal einen schweren Unfall gegeben hat, lassen sie dich dort nicht mehr selbst fahren.“ Ganz oben am Fuß der Zinnen sprudeln die Endorphine, sitzt Majcen im Schnee, strahlt. „Da konnte ich nur mehr Danke ­sagen. Denn du bekommst beim Skidoofahren von Anfang an positive Energie. Du fährst ständig im Rausch der positiven Energie.“ Da ist ihm auch egal, dass der Spaß durchaus seinen Preis hat. In Livigno kosten 30 Minuten 60 Euro, die Stunde Vollgas auf der Turrach schlägt mit 180 Euro zu Buche. 

Teuer könnte man sagen, aber für das Verwirklichen eines Bubentraums? Was ist da schon Geld? Majcen arbeitet, um zu leben, nicht umgekehrt. Gefühle statt Girokonto sozusagen. Und auch wenn ihm Corona beim Rodeln einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und auch er sich einschränken musste und muss – er versucht immer, jeder Situation das Beste abzugewinnen. „So hab ich die Berge bei mir in Niederösterreich einmal gut kennengelernt. Auch wunderschön.“ Es muss nicht immer Skifahren sein, es muss nicht immer weit weg oder ­extrem sein. Auch die Gesundheit ist ihm nicht das Wichtigste. „Das Wichtigste ist glücklich zu sein“, philosophiert er bei Südtiroler Speck. „Denn die Gesundheit kommt uns irgendwann abhanden. Irgendwann geht es uns allen einmal körperlich schlecht. Darum versuche ich auch aus Kleinigkeiten Glück zu ziehen.“ In der Zeit des Lockdowns hatte er viel Zeit zum Nachdenken. Da ist auch seine nächste Idee entstanden, die er noch diesen Winter umsetzen will: mit dem Heißluftballon über die Alpen. Von Nord nach Süd und von West nach Ost über die Berge. „Meine Alpen“, sagt Majcen und ist glücklich.

Die Touren

  • Sappada: wilde Bergwelt und Aussicht um den Passo Digola (1674 m), Spezialitäten im Rifugio Mondschein.
  • Cortina: romantisch gelegene Malga-Federa-Hütte mit herzhafter Kulinarik und ­Dolomiten-Panorama (nur Beifahrer).
  • Misurina: Rifugio Auronzo (2320 m) am Fuß der Süd­wände der berühmten Drei Zinnen (nur Beifahrer).
  • Sauris: Fahrt der Superlative zur Hochebene Casera Razzo (1739 m) und der bekannte Prosciutto.
  • Madesimo: DAS Snowmobil­-Eldorado in Mitteleuropa, 70 km Touren in fantastischer Hochgebirgslandschaft.
  • Livigno: mit Vollgas über den vereisten Stausee.
  • Turracher Höhe: pure Action mit viel Auf und Ab in den Nockbergen ab 16 Uhr.

VIDEOS unter www.rolf-majcen.com