Orientieren leicht gemacht. Wie funktioniert und was bringt die moderne Navigationsttechnik? Naturfreunde-Experte Matthias Pilz fasst zusammen, warum GPS das Orientieren auf ­Skitouren wirklich erleichtern und die Sicherheit erhöhen kann.

Von Matthias Pilz


Die Karte ist schon ein geniales Orientierungsmittel. Sie stellt, ganz grundsätzlich gesagt, ein verkleinertes Abbild der Natur dar, projiziert in eine Ebene. Sie gibt Auskunft über (Gipfel-)Namen, Entfernungen, Hangneigungen, Expositionen (also die Ausrichtung eines Hanges), Bewuchs und vieles mehr. Die Informationen, die sich ein Bergsteiger, ganz gleich, ob im Sommer oder Winter, aus einer Karte holen kann, sind fast nicht enden wollend. Bloß eine wichtige Antwort liefert die Karte nie – die auf die Frage: „Wo bin ich eigentlich?"

Dafür muss der Tourengeher schon selbst aktiv werden und seinen Standort, beispielsweise durch den Vergleich des Kartenbildes mit seiner Umgebung, bestimmen. Diese Aufgabe erscheint zwar auf den ersten Blick nicht schwierig, stellt aber vor allem im Winter, wenn die Landschaft von Schnee bedeckt ist, oft ein großes Problem dar. Und hier kommt das GPS ins Spiel. Mithilfe dieses Satelliten­systems kann der eigene Standort zu jedem Zeitpunkt bestimmt werden. Das ist alles. Mehr kann GPS – von sich aus – auch nicht.

Viele Geräte oder Apps verknüpfen nun aber diese zeitabhängige Position mit einer räumlichen Information: Mein Standort wird auf einem Display, in dem eine Karte eingespielt wird, angezeigt. Und das ist – als Ergänzung zur Karte – eine unheimlich wertvolle Information!
Nach meiner Beobachtung verwendet momentan nicht einmal ein Viertel der Skitourengeher ein GPS-Gerät, während es beim Wandern schon großen Anklang findet – und das in fast allen Altersgruppen. Die jungen Bergsportler tendieren dabei mehr zur Nutzung von Apps auf ihren Smartphones. Warum das so ist, sei einmal dahingestellt – klar aber ist: Ich empfehle jedem Skitourengeher, sich mit GPS auseinanderzusetzen – und es zu nutzen!

TOURENPLANUNG mit GPS
Schauen wir uns im Detail an, wie GPS von Skitourengehern eingesetzt werden kann. Es beginnt bei der Planung, der Basis jeder Skitour. Diese umfasst neben dem genauen Studieren des Lawinenlageberichts auch, sich mit der bevorstehenden Tour zu befassen. Dazu werden häufig Tourenführer in gedruckter oder digitaler Form herangezogen. Letztere, vor allem als Internetforen, wo jeder Tourenbeschreibungen zur Verfügung stellen kann, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Die Beschreibungen sind hier doch oft sehr subjektiv und wenig professionell.

Mithilfe einer Karte, ebenfalls digital oder in Papierform, kann nun die Route geplant werden. Am besten verwendet man dabei die ÖK25 (Österreich-Karte 1:25.000). Wichtig für den GPS-Einsatz ist es, eine Karte mit ausreichender Lagegenauigkeit zu verwenden, und dafür sind eben die ÖK25 sehr gut geeignet.

Die Route wird also nicht am GPS-Gerät direkt geplant, dafür ist das Display zu klein. Am einfachsten geht es mit digitaler Karte am PC. Alle Hersteller von Outdoor-GPS-Geräten liefern eine passende Software mit und mit dieser kann man dann einfach die Daten auf das GPS-Gerät übertragen. Ähnlich wie beim Autonavi kann das GPS-Gerät auf der Skitour dann zur Routenführung eingesetzt werden.

Ein Tipp von mir noch zur Planung: In der Steiermark gibt es seit diesem Winter ein vom Lawinenwarndienst zur Verfügung gestelltes Elektronik-Tool, das eine Tourenplanung optimal unterstützt. Neben diversen Karten liefert es noch weitere Informationen zu Wetter, Hütten und vielem mehr. Dieses geniale Tool gibt es kostenlos auf www.snowmaps-steiermark.com – eine Erweiterung auf ganz Österreich ist bereits geplant.

VORTEILE AUF DER TOUR
Einmal unterwegs, sind die Vorteile von GPS vielfältig und noch offensichtlicher: GPS beantwortet mir die Frage „Wo bin ich?" jederzeit, der eigene Standort kann ganz genau und schnell bestimmt werden. Selbst in ungünstigen Situationen berechnet das GPS die eigene Position mit einer Abweichung von weniger als 10 Metern. Wurde eine Route wie vorhin beschrieben eingespeichert, so beantwortet es darüber hinaus auch die Frage: „Wohin muss ich?" zuverlässig.

Natürlich sollte man sich nie „blind" vom GPS führen lassen. Denn einerseits kann die Positionsanzeige doch einmal falsch sein (z. B. in der Nähe von Felswänden oder in Schluchten). Andererseits kann die eingespeicherte Route, sei sie aus dem Internet oder selbst gezeichnet, doch nicht die optimale sein. Gerade bei Skitouren ist die optimale Route nicht nur von zeitlich unveränderlichen Gegebenheiten (Geländefaktoren), sondern in erster Linie von aktuellen Bedingungen abhängig. Diese ändern sich oft binnen weniger Stunden. Eine aus dem Internet heruntergeladene Route wird daher fast nie den optimalen Weg darstellen. Sie kann aber, in Verbindung mit eigenen Überlegungen zu den aktuellen Bedingungen, eine große Hilfe darstellen.

Ich selbst zeichne meine (vermutete) optimale Route am Vorabend immer selbst, gleiche sie dann in der Früh mit dem aktuellen Lawinenlagebericht ab und passe sie während der Tour an die Gegebenheiten vor Ort an. Oft hilft mir das GPS dann auch, nach der Umgehung einer heiklen Stelle wieder zurück auf den geplanten Weg zu finden.

Ein kleiner Tipp für unterwegs: Das Display immer hell genug einstellen und den Zoomausschnitt öfters an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Das hilft, Ablesefehler und falsche Interpretationen zu vermeiden.

ALARMIERUNG IN NOTFÄLLEN
Und noch ein riesiges Plus von GPS: Die Beschreibung des eigenen Standortes ist die wichtigste Information, wenn im Notfall Hilfe benötigt wird. Mithilfe des GPS-Geräts kann dieser Standort sehr einfach in Form von Koordinaten an die Bergrettung durchgegeben werden.

Aber Achtung: Es gibt unterschiedliche Koordinatensysteme – in „Kartendatum" und Einheit. Man sollte am GPS-Gerät ein System einstellen, dieses konstant verwenden und es auch benennen können. Sinnvoll ist beispielsweise die Verwendung von „Geografischen Koordinaten" mit dem „Datum WGS 84" und der Einheit Dezimalgrad („DD.DDDDD°"). Die Standortmeldung an die Bergrettung könnte dann beispielsweise lauten: „Geografische Koordinaten im Datum WGS 84: 47.47515 Grad Nord und 13.60575 Grad Ost". Das übt man am besten zu Hause.

SO LERNT MAN DEN UMGANG
Generell sollte – genauso wie die ­Orientierung mit Karte und Kompass – auch jene mit dem GPS unbedingt geübt werden. Wobei die Grundzüge der GPS-Navigation recht einfach selbst oder mit Freunden erlernbar sind. Dennoch hilft das GPS nur wenig, wenn das Kartenbild nicht richtig interpretiert wird. Die Kartenkunde stellt somit bei jeder Form der Navigation die fundamentale Grundlage dar. Grundkurse bei alpinen Vereinen, wie z. B. den Naturfreunden, können das notwendige Wissen professionell vermitteln.

Natürlich bietet das GPS auch noch viele weitere Möglichkeiten. Um diese zu nutzen, ist aber relativ viel Ein­arbeitungszeit notwendig. Wer sich damit beschäftigen will: In den Internetforen (z. B. der Gerätehersteller) gibt es sehr gute Hilfestellungen.


DAS RICHTIGE GERÄT
Welches Gerät man verwendet, ob es Tasten oder einen Touchscreen hat, ein großes oder kleines Display – all das ist Geschmackssache. Bevor man sich ein Gerät zulegt, sollte man es aber einmal mit Handschuhen und auch bei schlechtem Licht ausprobieren. Denn die Bedienbarkeit mit Handschuhen und die Lesbarkeit des Displays sind die Schlüsselfaktoren für einen glücklichen GPS-Nutzer. Noch ein Tipp: Mit einem kleinen, am GPS verbundenen Kunststoffstift („Stylus") geht's gleich viel leichter!

Smartphone-Apps werden zwar stets besser – als regelmäßiger Tourengeher ist der Kauf eines spezifischen Outdoor-Gerätes aber natürlich sehr sinnvoll. Es kann ja darüber hinaus auch beim Biken oder Wandern genutzt werden. Für Apps bzw. Smartphones gilt, dass sie trotz aller Fortschritte komplexer in der Handhabung sind als ein GPS-Gerät. Die oft fehlende Wasserdichtheit und der Akkustand stellen noch zwei Faktoren dar, die während der (ohnehin komplizierten) Navigation im Auge behalten werden müssen. Wer Apps nutzt, sollte in jedem Fall auf solche mit Offlinekarten zurückgegreifen, da die mobile Datenverbindung im Gebirge lückenhaft und extrem stromfressend ist. Ganz wichtig ist es, auch wenn der Akku leer ist, noch einen Notruf absetzen zu können – sei es durch einen Ersatzakku oder ein Zweitgerät.

DAS FAZIT
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Eine gute Tourenplanung gibt den entscheidenden Sicherheitsvorsprung – und das GPS-Gerät stellt dann vor allem auf der Tour ein tolles Hilfsmittel dar. Es erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern steigert häufig auch den Spaßfaktor auf der Tour. Aber es gilt auch: Viele Unfälle wären durch bessere Vorbereitung und exaktere Navigation während der Tour vermeidbar. Es macht daher Sinn, sich mit der Orientierung in der winterlichen Landschaft genauer zu befassen – und dabei ist das GPS ein unschlagbares Hilfsmittel!

Matthias Pilz / Bild: privat

Der Experte

MATTHIAS PILZ, 27, aus Graz, ist von Beruf Geodät und hat schon deshalb ständig mit GPS, dem „Global Positioning System“, zu tun. Seit 2008 ist er zudem Ausbildner der Naturfreunde für Skitouren, Klettern und Hochtouren, sowie ­Referent der Steirischen ­Alpinistengilde der Naturfreunde.

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