Bike-Check vor der ersten Ausfahrt und die große Frage: Selbermachen oder ab ins Radgeschäft? Sowohl als auch und im Notfall beides, sagen wir und Radexperte Horst Gamsjäger von Zweirad Janger. Der verrät uns auch noch die besten Profi-Tricks.
Es wird wärmer und spätestens jetzt holen alle ihre Bikes aus Keller, Garage und Carportkammerl. Entsetzt stellt Klaus M. fest: Über den Winter entfleuchte die ganze Luft aus den Reifen! Thomas P. entdeckt eine rostig-orange Kette am Retroflitzer und Claudia R. wundert sich über eine weit über den SAG-Bereich eingesunkene Federgabel. Im Bikeshop trifft sie auf Heidrun S., die dringend neue Bremsbeläge braucht.
Ja, unmittelbar vor der ersten Ausfahrt im Frühjahr braucht es einen Bike-Check. Einiges davon kann und sollte man selber beherrschen, bevor es für gröbere Notfälle ins Radgeschäft und zum Mechaniker geht. „Das Wichtigste“, sagt Horst Gamsjäger, „sind die Kontrolle des Reifendrucks und der Funktion der Bremsen – und das sollte jeder können und nicht nur vor der ersten, sondern vor jeder Fahrt machen.“ Gamsjäger ist seit 26 Jahren Bike-Mechaniker mit Leib und Seele und bei Zweirad Janger in Gratwein (St) einer der ersten Ansprechpartner, wenn Radfahrer mit ihren Sorgenkindern kommen. Und er hat gleich den ersten Tipp aus der Praxis parat: „Wer sein Fahrrad im Herbst oder Winter zum Service bringt, macht dem Händler noch mehr Freude, denn da ist einfach mehr Zeit als jetzt in der Hochsaison.“
Das sollte jeder zu Hause haben: | Update für versierte Selberschrauber: |
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Erste Schritte
Zurück zum Rad vor der Haustür: Zuerst mit der Hand den Druck am Reifen prüfen. Viel zu wenig Druck, also – laienhaft formuliert – wenn man den Reifen mit den Fingern eindrücken kann, sollte jeder erkennen. Die Luftdruckempfehlungen für die Reifen sind an der Flanke aufgedruckt (mit Minimal- und Maximalwerten), mit Fingerspitzengefühl und einer guten Standpumpe ist es keine Hexerei, korrekte Werte zu bekommen. Die variieren aber je nach Reifen- und Radtyp stark.
Auch die Funktion der Bremsen können und müssen Laien selber überprüfen: Bremshebel im Stand ziehen und das Rad leicht vor und zurück bewegen. Unbedingt auch den Leerweg der Hebel kontrollieren, also wie weit man ziehen muss, ehe die Bremsbeläge Kontakt zur Scheibe bzw. Felge haben. Kette ölen, Schaltung überprüfen – und schon spricht nichts gegen die ersten vorsichtigen Meter. E-Biker sollten Akku und Funktion des Motors kontrollieren, versiertere Biker auch Luftdruck und Funktion der Federgabel und des Hinterbaudämpfers. Eine Auflistung aller möglichen Problemfelder haben wir auf der folgenden Doppelseite versucht. Aber bitte noch nicht umblättern! Experte Gamsjäger hat noch Profi-Tipps fürs uns:
Bremsen
„E-Bike-Einsteiger schleifen ihre Bremsbeläge, vor allem hinten, unglaublich schnell ab. Unbedingt auf den rechtzeitigen Wechsel der Beläge achten. Wenn nur noch 0,5 mm auf der Trägerplatte sind, ab zum Wechsel. Und spätestens ab dem dritten Belagswechsel gehört auch die ganze Bremsscheibe getauscht.“ Bremsscheiben sind etwa 2 mm dick, ab 1,85 bis 1,5 mm (je nach Hersteller, Aufdruck beachten) sind sie zu tauschen. Da ist also nicht viel Spielraum. Spätestens jetzt müssen die meisten wohl in die Werkstatt.
E-Bike
„Über den Winter und wenn sie nicht benutzt werden, sollten E-Bike-Akkus nie ganz voll oder ganz leer gelagert werden, zwischen 30 und 70 Prozent ist ideal. Und nie bei großer Kälte oder großer Hitze“, empfiehlt Gamsjäger. Wer ein älteres Modell hat, kann beim Fachhändler nachfragen, ob Updates zu Motorsteuerung und Co. angeboten werden. Achtung: Tuningmaßnahmen sind illegal und dürfen vom Händler nicht durchgeführt werden. Es gibt sogar eine neue Anti-Tuning-Verordnung der EU, wonach die neueste Generation (z.B. Bosch) den manipulativen Eingriff in die Software selbst erkennen und mit Defektmeldungen reagieren muss.
Federung
Die Luftkammern in Federgabeln und Hinterbaudämpfern verlieren mit der Zeit minimal an Luft. Expertentipp von Gamsjäger: „Vor dem allerersten Einfedern nach längerer Pause einen kleinen Tropfen Gabelöl auf die Dichtungen geben. Dann normal die Funktion kontrollieren.“ Und eine Profi-Empfehlung als Draufgabe: Wenn die idealen Luftdruckwerte ermittelt sind, die Zahlen für späteres Justieren auf einem Zettel in der Werkstatt oder mit wasserfestem Stift am Federelement notieren.
Steuersatz
Ein Klassiker beim Fahrradservice ist nach wie vor der lockere Steuersatz. Mit etwas Gefühl und gezogener Vorderradbremse erkennt man lockere Schalen und kann sie festziehen. Gamsjäger schwört dabei auf einen alten Trick: „Ich lasse das Rad vorsichtig aus fünf Zentimetern auf den Boden plumpsen. Ist der Steuersatz locker, hört man das am Geräusch.“
In einer Radwerkstatt muss man viel beherrschen. Es braucht Old-School-Tricks und Expertise am Handy und PC, um Software-Problemchen bei E-Bikes auf die Schliche zu kommen. Was gar nicht so einfach ist, denn viele Hersteller haben eine Handy-App als Schnittstelle vorgesehen. Beim Tempo der Updates, Software-Verbesserungen und Vorstellen von neuen Modellen sind die Mechaniker vulgo Software- und IT-Experten echt gefordert. So sind die neuesten Schaltwerke von Sram AXS und Shimano Di2 auch längst nur noch via Handy-App zu konfigurieren. Schaltung einstellen mit dem Telefon, wer hätte das vor zehn Jahren gedacht?
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