Er kaufte sich einst in Indien um 15 Euro ein Fahrrad, um auf seinen Reisen „einfach mehr erleben zu können“. Heute rät der Fotograf und Filmemacher Maximilian Semsch allen zu Abenteuer-Radreisen – und liefert hier die Tipps, wie das gelingen kann.
Alles begann 2004, als Maximilian Semsch – der bei Fernsehen und Film gejobbt hatte, um Filmemacher zu werden – mit 21 Jahren beschloss, ein Jahr lang die Welt zu bereisen. Aber nach wenigen Wochen unterwegs in Asien mit Bus und Bahn wurde ihm das zu eintönig, da er auch das „Dazwischen“ mehr mitbekommen wollte. Also kaufte er sich kurzerhand, obwohl er bis dahin überhaupt kein Radfahrer war, in Indien um 15 Euro ein Fahrrad, „das zwar extrem schwer war, gefühlt einen Platten pro Tag hatte, aber ich bin dann trotzdem damit viereinhalb Monate und über 2500 Kilometer quer durch Indien geradelt“.
Ab Tibet wechselte der gebürtige Münchner dann auf ein Rad mit Gangschaltung, auf dem er weitere zweieinhalb Jahre durch Südostasien und schließlich bis nach Australien strampelte – längst hochgradig infiziert von dieser Art des Reisens: „Das Radeln ist einfach die optimale Reisegeschwindigkeit. Man kann einerseits am Tag gut Kilometer machen, aber man ist auch langsam genug, um die Veränderungen der Landschaft wahrzunehmen und gerade in exotischen Ländern die Menschen hautnah und identisch kennenzulernen.“
Das einzig Gefährliche in vielen Ländern war der Straßenverkehr. „Vier, fünf Überholmanöver waren da echt haarscharf“, erinnert sich Semsch, der nach seiner Rückkehr die Entscheidung treffen musste, wieder seinen „normalen“ Berufsweg einzuschlagen oder als hauptberuflicher „Abenteurer“ sein Geld zu verdienen, der andere Menschen mit Bild- und Filmvorträgen an seinen Reiserlebnissen teilhaben lässt. Er entschied sich für seinen Traum und begann sofort mit den Vorbereitungen für sein erstes Reisefilm-Projekt: mit dem Rad von München nach Singapur. 211 Tage dauerte diese Tour über knapp 13.500 km, damals noch mit einem Bio-Bike, inklusive 50 Kilo Gepäck. „Da ich dabei aber körperlich oft so am Anschlag war, dass mir die Restenergie gefehlt hat, um anzuhalten und die Kamera rauszuholen, bin ich schließlich auf ein E-Bike umgestiegen.“ Ein wahrer Meilenstein für den Radtramper, der nun auch auf anstrengenden Etappen noch genug Energie fürs Filmen hat, „aber zugleich noch viel mehr Spaß am Radfahren“.
Dank der E-Unterstützung folgten dann noch einige weitere große Filmreisen, etwa quer durch Australien, aber auch durch seine Heimat Deutschland oder entlang des ganzen Donauradweges vom Ursprung bis zum Schwarzen Meer. Der Umstieg auf ein E-Bike ist auch sein wichtigster Tipp für alle, die ebenfalls Radreisen planen: „Egal, ob Familie mit Kindern oder ob als älteres Ehepaar – man kann mit E-Bikes alle konditionellen Unterschiede ausgleichen, man ist nicht ständig am Limit und man hat mehr Spaß am Radfahren.“
Du stehst mit der Sonne auf, bist durchgehend draußen und in Bewegung und gehst zufrieden ins Bett.
In seinen Vorträgen war Maximilian Semsch daher einer der Ersten, der den Menschen das vormals verpönte „Rentner-Bike“ näherbringen konnte. „Rückblickend ist das E-Bike noch viel mehr durch die Decke gegangen, als ich es erwartet hatte. Vieles hat sich ja enorm verbessert, heute reicht etwa ein 750-Watt-Akku locker für einen ganzen Reisetag. Durch das E-Bike fanden viel mehr Menschen auch Spaß an Radreisen. Denn da gilt: Du stehst mit der Sonne auf, bist tagsüber durchgehend draußen unterwegs und am Abend zwar platt, aber du gehst garantiert zufrieden ins Bett. Denn nichts entschleunigt und befreit deinen Kopf so sehr, wie auf einem Rad durch die Landschaft zu fahren.“
Semsch weiß aus Erfahrung, dass schon nach einigen Tagen Radtour das „Runterkommen“ einsetzt: „Man hat plötzlich einen ganz simplen Tagesrhythmus, genießt die Genügsamkeit und die Einfachheit des Lebens. Ich kann jedenfalls allen eine Radreise ans Herz legen. Es muss ja nicht unbedingt ein exotisches Abenteuer sein – auch in Österreich, Deutschland und der Schweiz liegt das Abenteuer direkt vor der Haustür. An so einen Urlaub und das Erlebte erinnerst du dich noch in vielen Jahren.“ Aber egal, wohin es geht – Voraussetzung ist klarerweise neben dem guten Bike in jedem Fall die richtige Ausrüstung, von der hochwertigen Regenjacke und Bikehose bis zu den Radtaschen. „Wer billig kauft, kauft zweimal“, weiß Semsch. „Leg dir lieber einmal was Vernünftiges zu und du hast lange Freude damit. Meine Radtaschen beispielsweise, die ,Vaude Aqua Back‘, bestehen aus Planenmaterial und sind 100 Prozent wasserdicht. Damit kann ich durch einen tropischen Regen fahren und weiß, meine teure Kameraausrüstung bleibt trocken.“ Auch zur Quartiersuche hat Maximilian Semsch einen Tipp parat: „Die Unterkunft nicht vorbuchen! Denn damit bekommt man erst die Freiheiten, in den Tag hineinzuleben und so lange dort zu bleiben, wie man Lust hat.“