Trails – welche Gestalt sie auch haben mögen, sind des Bikers Heiliger Gral. Doch wie findet man den Weg zum perfekten Trail-Glück?
Wie so vieles in der Welt des Action-Sports stammt auch der Begriff „Trails“ aus dem angloamerikanischen Sprachraum. Dort erkoren Biker schon früh den „Single Track“ zu ihrer liebsten Streckenführung. Im Gegensatz zum breiten „Double Track“ hat dort in der Regel nur ein Bike Platz. Bis die schmalen Single Tracks in unseren Sprachgebrauch fanden, dürften sie dann über die Bedeutung von Trail – nämlich Pfad, Weg, aber auch Wildpfad/Wildwechsel – zum Singletrail oder Trail geworden sein.
Heute wird in unseren Breiten eigentlich alles zum Trail zusammengefasst, was Mountainbiker abseits von Forstautobahnen durch die Bergwelt führt. Offiziell zum Biken freigegebene Wald- und Wanderwege, schmale Steige, künstlich geschaffene Abfahrten, die den natürlichen Charakter der Vorgenannten mit Wurzeln, Felsen und losem Untergrund aufnehmen, technisch weniger anspruchsvoll angelegte Flowtrails und mit Sprüngen, Drops und anderen Features gespickte Freeride-Lines – sie alle sorgen unter dem gemeinsamen Deckmantel für breites Grinsen.
Wir wollen hier niemandem seine gemütliche Forststraßentour madig machen – aber über passend zum Eigenkönnen gewählte Trails zu surfen, voll und ganz in den flüssigen Bewegungen aufzugehen, das hat schon seine ganz eigene Faszination. Noch nie versucht? Praktisch alle großen Bike-Regionen des Landes bieten spezielle Kurse für Einsteiger, gerne auch noch im gesetzteren Alter. Ein Tipp aus eigener Redaktions-Erfahrung: Gönnt an diesem Punkt eurem Stolz ruhig mal eine Pause. Klar, Rad fahren kann jedes Kind. Doch die Techniken im Gelände, das Überwinden von Hindernissen, Kurven von wurzelig bis hin zum Anlieger, all das hat wenig mit den Herausforderungen der täglichen Pendelstrecke oder dem Weg zum Bäcker gemein. Lernt man die Techniken von der Pike auf richtig, ist man nicht nur sicherer unterwegs, sondern kann auch schneller Fortschritte erzielen. Das unterstreicht auch Marlene Krug, selbst begeisterte Mountainbikerin und beim TVB Saalbach Hinterglemm fürs Bike Marketing zuständig. Ihre Empfehlungen für den Einstieg: „Nehmt euch einen erfahrenen Guide, in Saalbach Hinterglemm gibt es auch speziell für Einsteiger ausgelegte Learn-to-Ride-Parks. Und: Als Anfänger lieber erst mal tiefstapeln und langsam an höhere Schwierigkeiten herantasten“, so der professionelle Rat. Ski fahren lernt man ja auch vom Skilehrer am flachen Hang und nicht vom eigenen Ego zwischen blauen und roten Toren.
Rund um den Ossiacher See, Heimat von Andreas Holzer, Projektmanager MTB von Villach, gelingt das beispielsweise über unterschiedliche Trailkategorien besonders gut. „Da kann man auf einfachen, kurzen Strecken im Tal anfangen und sich über Flowtrails und mittelschweren Singletrails bis hin zu wirklich schwarzen und schweren Strecken weiterentwickeln“, erklärt Andreas Holzer sein regionales Konzept.
Traumtrail? Der sieht wohl für jeden Biker ein klein wenig anders aus!
Der Weg zum Traumtrail
Was einen Trail zum Traumtrail macht? Schwer zu sagen, sind doch Träume so individuell wie die Lebenslinien unserer Handflächen – und hochgradig vom Eigenkönnen abhängig. Für die ehemalige XCO-Weltcupfahrerin Lisi Osl sind es heute vor allem Flowtrails, die ihr ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern. „Auf Flowtrails stehen Spaß und Vergnügen im Vordergrund. Perfekt, wenn man am Einstieg auch noch ein wundervolles Panorama hat – während der Fahrt achte ich dann ohnehin nicht mehr auf die Aussicht, da bin ich anderwärtig beschäftigt. Gerade wenn ich mit Kollegen unterwegs bin, ist auch eine gemütliche Einkehr willkommen“, umreißt die Olympionikin „ihren“ Trail-Traum. Allein unterwegs, tritt die Kirchbergerin am liebsten selbst den Berg hoch. In der Gruppe weiß sie aber auch liftunterstützte Runden zu schätzen. Funfact – Lisi Osl hat in ihrer Heimat am Gaisberg einen nach ihr benannten Trail. Auch irgendwie ein Trail-Traum.
Vor allem das Drumherum ist es, das für Andreas Holzer einen Trail besonders macht. Fühlt man sich wohl, hat Spaß und ist mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit am richtigen Trail, macht man aus seiner Sicht schon mal vieles richtig. „Ideal, wenn der Trail selbst dann möglichst natürlich, aber dennoch flowig zu fahren ist, zumindest ein wenig fürs Biken adaptiert wurde und in einer schönen Landschaft eingebettet ist“, erklärt der Kärntner. Privat darf es da für ihn auch mal länger dauern, sowohl bergan als auch bergab. Und: „Niemals fehlen darf das gute Essen danach.“ Ein Punkt, den auch Marlene Krug, unterschreibt. Allerdings darf es für sie davor durchaus technisch zur Sache gehen. Ihr heimischer Trail-Traum ist der Bergstadl-Trail. „Man durchquert mehrere Vegetationszonen, nimmt sämtliche Geländevarianten unter die Räder, kann mal ordentlich stehen lassen und braucht anderswo viel Gefühl“, fasst die Salzburgerin ihren Zugang zum Thema Trail zusammen.
Nehmt jeden Trail mit, der euch unter die Räder kommt, dann wachsen eure Skills von alleine.
Trail-Etikette
Damit der Traumtrail für keinen der beteiligten Mitträumer – vom Bike-Kollegen über Betreiber, Grundstückseigentümer, Wild und Weidevieh bis hin zur Flora – zum Albtraum wird, ist aber auch eine gewisse Trail-Etikette wünschenswert. Ohne überheblichen Fingerzeig gesprochen: Boom, egal ob Bike, Tourenski oder Traillauf, bringt auch immer „Neulinge“ in die Bergwelt, deren Hausverstand erst noch für die Sprache der Natur sensibilisiert werden möchte. Daher die zusammengefassten Bitten von Andreas Holzer, Lisi Osl und Marlene Krug: Fahre nur freigegebene und legale Touren und Trails, halte dich an Öffnungszeiten und etwaige Sperren. Verhalte dich rücksichtsvoll und gib Wanderern den Vorrang! Sei rücksichtsvoll zu anderen Bikern, halte kurz an, um schnellere Fahrer passieren zu lassen und dränge umgekehrt nicht von hinten, sondern wartet auf eine geeignete Stelle zum Überholen. Gib vor allem auch acht auf Natur, Pflanzen und Tiere – wenn du ein Weidegatter öffnest, schließe es auch wieder. Kürze entlang der Trails nicht ab, sondern befahre den Trail in seinem vorgesehenen Verlauf und beschädige ihn nicht mutwillig (Stichwort blockierendes Hinterrad). Und bitte: Wenn notwendig, leiste Erste Hilfe!
Aber wir wollen euch hier nicht schulmeisterlich ins Studium unserer gesammelten Top 20 Traumtrails entlassen. Daher ein finaler Tipp aus dem Mund von Marlene Krug: Nehmt jeden Trail mit, der euch unter die Räder kommt. Auch wenn es (noch) nicht euer Favorit ist – die Skills wachsen, und damit auch die Liebe zu immer neuen Traumtrails. Wir sehen uns am Berg!
Hier geht's zu unseren TOP 20 MTB-Traumtrails 2023!