Der Griff zum richtigen Ski wirft bei steigender Auswahl und unterschiedlichsten Anforderungen immer mehr Fragen auf. Wir haben bei Experten nachgefragt, wie man sich bestmöglich durch das Ski-Dickicht manövriert, um das perfekte Set-up zu finden.

Lara Wulz
Lara Wulz

Die Suche nach seinem idealen Ski für den Winter zahlt sich definitiv aus! Jahr für Jahr arbeiten die Hersteller daran, ihre Bretter noch ein wenig besser, spaßiger, fehlerverzeihender, radikaler oder vielseitiger zu machen, damit wir noch mehr Vergnügen aus jeder Abfahrt, dem Skitag oder einem ganzen Skiurlaub für uns herausholen. Gleichzeitig kann einen die Suche vor gewisse Herausforderungen stellen. Mit dem technologischen Fortschritt und bei der Zahl der hochwertigen Modelle, die der Markt bietet, den Überblick zu bewahren, ist gar nicht einfach.

Jene, die uns Endverbraucher bei der Auswahl beratend zur Seite stehen, sind die Experten des Sportfachhandels – und bei eben diesen haben wir uns für diese Geschichte erkundigt. Ob auf der Piste, im Powder oder auf unterschiedlichstem Terrain: Die richtigen Bretter zu finden, hängt von mehreren Faktoren ab – den eigenen Fähigkeiten, dem bevorzugten Fahrstil bis hin zu persönlichen Vorlieben bei Design und Marke.

Selbsteinschätzung
So ehrlich wie man beim Arzt sein sollte, wenn es um das eigene Befinden geht, so ehrlich sollte man auch bei den eigenen Fähigkeiten beim Skifahren sein. Ein Schlüssel zur optimalen Skiwahl ist eine realistische Selbsteinschätzung, was Fahrtechnik und Fitness angeht, sind sich unsere Experten einig. Das eigene Können, die persönliche Fitness und die Skigewohnheiten haben großen Einfluss darauf, welches ­Modell das richtige ist. Florian Obergruber von Gigasport weist darauf hin, dass es kein Einzelfall ist, wenn sich Fahrer zu Beginn der Saison unsicher fühlen und erst mit der Zeit wieder in Form kommen. „Es ist wichtig, nicht einfach auf den spektakulärsten Ski aus der Werbung zu setzen – oft reicht eine solide Basis, und das Material passt“, sagt Obergruber. 

Der Tipp: Wer seltener Ski fährt oder nicht viel Übung hat, sollte eher ein fehlerverzeihendes Modell wählen, das sich auch bei höherem Tempo gut kontrollieren lässt. In diesem Zusammenhang kann es auch hilfreich sein, vorab mit einem Skilehrer oder einem erfahrenen Skifahrer über das eigene Niveau zu sprechen, rät Stefan Dornetshuber von Intersport: „Viele Skifahrer überschätzen ihr Können. Ein häufiges Missverständnis ist der Glaube, dass der Wechsel auf einen sportlicheren Ski das Fahrkönnen automatisch verbessert. Ein weiterer Fehler ist, dass sich Skifahrer an ihrem körperlichen Fitnesslevel statt an ihrer technischen Kompetenz orientieren. Wer unsicher ist, kann Ski einmal leihen, um ein besseres Gefühl für das passende Modell zu bekommen.“

Expertentipp beim Ski-Kauf

Hervis-Store-Leiter Thomas Rosner aus Bischofshofen empfiehlt, sich selbst diese Fragen unbedingt vor dem Kauf zu stellen:

  • Wie oft fahre ich Ski?
  • Bei welchen Verhältnissen fahre ich?
  • Wie würde ich meinen Fahrstil beschreiben?
  • Welche Erfahrungen habe ich mit den bisherigen Skiern gemacht?
  • Was ist mir wichtig?
  • Wie sollte sich der Ski verhalten?

Einsatzbereich und Fahrstil
Für die Wahl des Skis spielt es natürlich auch eine große Rolle, wo man am liebsten unterwegs ist: Für rasante Schwünge auf präparierten Pisten eignen sich ganz andere Ski als für vielseitige Unternehmen im Gelände. Alpinskifahrer, die sich hauptsächlich auf der Piste bewegen, finden in Piste-Allround-Skiern eine verlässliche Wahl. Diese Modelle sind komfortabel, fehlerverzeihend und bieten viel Stabilität, auch ohne extrem hohe Geschwindigkeiten. Wer Abwechslung sucht, kommt mit einem All-Mountain-Ski voll auf seine Kosten. Sie lassen sich auf der Piste ebenso gut fahren wie im Gelände und bieten dadurch ein besonders vielseitiges Fahrgefühl. Für all jene, die den Pulverschnee und die unberührten Hänge abseits der Pisten suchen, sind Freeride-Ski die passende Wahl. Diese Modelle bieten durch ihre breite Bauweise maximalen Auftrieb und Stabilität im Tiefschnee. Durch ihre spezielle Auslegung sind sie allerdings auf der Piste etwas weniger agil und auch im Tiefschnee ist dieser Ski eher etwas für Experten, was bei der Wahl bedacht werden sollte. Bernd Geiling, Geschäftsführer von XSPO, bringt es auf den Punkt: „Ein guter Skifahrer ist mit einem All Mountain-Ski im Allround Performance-Bereich top unterwegs. Da kann man auf der Piste wie auch abseits richtig Spaß haben.“

Blick über den Tellerrand
Neben Leistung und Einsatzbereich spielen auch persönliche Vorlieben eine Rolle bei der Skiauswahl. Geiling weiß, dass viele Menschen eine starke Markenbindung haben: „Oftmals hat das auch mit Vertrauen zu tun. Wenn jemand immer schon auf eine bestimmte Marke gesetzt hat, vertraut er dieser – das schafft Sicherheit.“ Hat man mit einer Marke über Jahre hinweg gute Erfahrungen gemacht, spricht nichts dagegen, bei dieser zu bleiben und sich durch Experten im Geschäft gezielt zu den neuen Technologien beraten zu lassen, ob denn vielleicht ein neues oder etwas anders ausgerichtetes Modell der Marke noch besser zu den eigenen Bedürfnissen passt. 

Gleichzeitig kann sich dennoch auch ein „Blick über den Tellerrand“ zu anderen Marken hin lohnen: Denn auch wenn der Markt heute viele vergleichbare Modelle von unterschiedlichen Marken bietet, sind kleinere Unterschiede dennoch spürbar. Um eine persönliche Präferenz oder auch neue Möglichkeiten zu entdecken, empfiehlt es sich, verschiedene Modelle und Marken bei Testveranstaltungen auszuprobieren. Eine Möglichkeit, die auch Thomas Rosner, Store-Manager bei Hervis, hervorhebt: „Bei Ski-Tests oder durch Ausleihen verschiedener Modelle bekommt man schnell ein Gefühl dafür, welcher  Ski am besten zu einem passt.“ Gigasport-Experte Florian Obergruber empfiehlt auch, sich im Vorfeld über aktuelle Modelle und Testergebnisse zu informieren: „Erst wenn man Vergleiche hat, merkt man, was wirklich gut ist. Es kommt dabei natürlich viel auf das individuelle Empfinden an – wenn man etwas kauft und es passt, dann geht man grundsätzlich davon aus, dass es gut ist. Man weißt aber nicht, dass es vielleicht noch etwas Besseres gäbe. Wenn man also die Möglichkeit hat zu testen, würde ich empfehlen, das zu tun.“ 

Neben dem Ski selbst sind auch Bindung und Skischuh ganz entscheidende Elemente des Fahrgefühls. Die Bindung sorgt für die Kraftübertragung und entscheidet mit darüber, wie direkt sich der Ski steuern lässt. Im Rennsport etwa werden harte Bindungsplatten verwendet, die eine besonders präzise Kraftübertragung ermöglichen. Diese sind jedoch anspruchsvoller in der Kontrolle und somit nur für erfahrene Skifahrer geeignet, weiß Geiling. Für weniger versierte Skifahrer stehen andere Aspekte, etwa die Auslösung, im Vordergrund.

Die Hauptkategorien

Die Wahl der Kategorie hängt stark vom bevorzugten Terrain und Fahrstil ab. Ski-Experte Stefan Dornetshuber erklärt:

  • Race: Für sehr schnelle und präzise Schwünge auf präparierten Pisten. Race-Ski bieten einen starken Kantengriff und Stabilität, sind jedoch weniger vielseitig im Tiefschnee. Sie eignen sich für Experten oder ambitionierte Skifahrer.
  • Piste Allround: Ideal für Skifahrer, die sich hauptsächlich auf der Piste bewegen, aber keine extremen Geschwindigkeiten anstreben. Diese Ski sind fehlerverzeihender und ausgerichtet für Skifahrer, die ein ausgewogenes Fahrgefühl bevorzugen.
  • All Mountain: Geeignet für eine Mischung aus präparierten Pisten und leichtem Gelände. All-Mountain-Ski sind für Skifahrer, die sowohl on- als auch off-piste genießen möchten. All Mountain-Ski sind ideal für Abenteurer, die gerne vielseitig unterwegs sind.
  • Freeride: Für das Fahren im Tiefschnee und unpräparierten Gelände konzipiert. Freeride-Ski sind breiter und bieten besseren Auftrieb im Schnee, sind aber auf der Piste schwerer zu manövrieren. Sie eignen sich hauptsächlich für erfahrene Skifahrer.

So gelingt der Balanceakt
Die Wahl des passenden Skis ist letztlich also ein Balanceakt aus Selbsteinschätzung, Verständnis für das Material und persönlicher Vorliebe, raten unsere Experten. Wer sein Fahrkönnen realistisch bewertet und sich beraten lässt, findet sich im großen Angebot gut zurecht. Ob sportlicher Race-Ski, vielseitiger All-Mountain oder ein Modell für den Tiefschnee – für jeden Fahrertyp gibt es den passenden Ski. Und wenn dieser dann auch noch perfekt mit Bindung und Schuh abgestimmt ist, hat man sein Perfect Match für den Skiwinter gefunden.