Der Weg vom Mountainbikeeinsteiger zum Dolomitenmann ist kein Honiglecken. Immerhin: Redakteur Georg Michls Biketraining nimmt langsam Fahrt auf. Ganz langsam.

Von Georg Michl


Ich bin umgefallen wie ein Stück Holz. Einfach so. Ganz langsam: Die erste Ausfahrt mit dem neuen Rad und ich kam nicht aus den Pedalen heraus! „Aber am Dolomitenmann teilnehmen wollen", sagte ich mir selbst. Zum Glück passierte das mitten in der unendlichen Einsamkeit des Waldes und so musste mir diese Peinlichkeit nur vor dem Universum und den Tieren des Waldes unangenehm sein. Einfach so umzufallen wie in diesen Comedy-Videos, ist die Höchststrafe für das Ego. Und zum Drüberstreuen kam ich dann hangabwärts liegend noch immer nicht aus dem rechten Pedal heraus. Ich habe mich gewunden und herumgerissen wie ein völlig Irrer, der sich immer mehr in die Wut über sich selbst hineinsteigert. Ich habe mir nach gefühlten Stunden dann den eingeklippten Schuh ausgezogen. Wütend und schweißgebadet verdammte ich auf dem Boden liegend die Idee, den Dolomitenmann zu fahren.

Doch eine Entdeckung schaffte Linderung: Ich bin nicht zu blöd zum Ausklippen, ich bin schlichtweg nur zu blöd, die Schrauben der Klipps auf dem Schuh richtig anzuziehen. Eine habe ich offensichtlich verloren und so hat sich der Schuh um die Platte gedreht und die blieb bombenfest im Pedal. Wenigstens war somit nur das HTL-Absolventen-Ego im Keller. Noch. Denn bei der zweiten Ausfahrt bin ich wieder umgefallen. Aber dazu ein wenig später, denn bei meinem ersten Ausritt mit meinem neuen Giant XTC Advanced 29 habe ich andere interessante Entdeckungen gemacht.

ENTDECKUNG NR. 1
Das 29er ist wirklich eine tolle Sache. Es rollt bergan und bergab richtig fein und im Vergleich zu meinem alten 17-Kilogramm-Alu-Fully ist es leicht wie eine Feder.

ENTDECKUNG NR. 2
So sehr ich mich und mein Rennrad auch in scharfen Kurven mit einigermaßen hoher Geschwindigkeit ums Eck bringe, so schwer tue ich mir (noch) beim Biken. Hier fährt die Angst noch ein wenig mit und das ist bekanntlich weder sicher noch schnell. Aber daran feile ich eifrig und nerve bereits alle Mountainbiker in meinem Umfeld.

ENTDECKUNG NR. 3
Seit ich auf einem stark befahrenen und mit Wurzeln durchzogenen Waldweg einen Herren mit dem Helm am Lenker gesehen habe, hat meine Liste der „verwunderlichen Menschen auf dem Rad" einen neuen Spitzenreiter. Menschen wie ich, die in der Stadt aus falscher Eitelkeit keinen Helm aufsetzen und einen zu Hause haben, sind schon ziemlich daneben. Aber Leute, die ihre Helme auf dem Lenker oder Rucksack spazieren fahren? Bergab setze er ihn eh auf, meinte er lapidar und fuhr schweißgebadet und keuchend weiter – ist wohl noch nie einfach so umgefallen der gute Herr. Aber Hauptsache dem Vorbau passiert nichts.

ENTDECKUNG NR. 4
Apropos Vorbau: Kaum auf dem Rad gesessen, habe ich auch schon wieder geschraubt und umgebaut. Denn so fein das Rad auch sein mag, die ideale Position will erst gefunden werden und vor allem in den steilen Anstiegen war der Schwerpunkt zu weit hinten. Daher habe ich einen kürzeren und flacheren Vorbau montiert. Aber das sind wohl nur Änderungen in homöopathischen Dosen. Bevor das Hardcore-Training im Sommer mit der Salzkammergut-Trophy losgeht, werde ich mir das Mountainbike noch genau einstellen lassen – dazu nächstes Mal mehr.

ENTDECKUNG NR. 5
Da ich ein Rennrad-Luxus-Mensch mit Wattmessung bin, tue ich mir bergauf mit der Einteilung der Kraft auf dem Mountainbike in langen Anstiegen noch schwer. Ich muss wieder lernen, auf meinen Körper und Puls zu hören.

GEFÄHRLICHER JUNI
Im Juni wurde meine Disziplin abseits der Strecke wieder einmal auf die Probe gestellt, denn ich hatte die ehrenvolle Aufgabe, Christoph Strasser beim Race Across America zu begleiten und in diesem Fall auf dem Weg zu seinem vierten Sieg zu unterstützen. Trainings- und figurtechnisch ist das allerdings zu einer Herausforderung geworden, denn die Kombination aus Schlafentzug, stundenlangem Sitzen im Auto und dem feinen US-Trash-Food (dem ich nicht gerade abgeneigt bin) war eine gefährliche.

Ach ja, eines bin ich euch noch schuldig: Meine zweite Ausfahrt war der Gipfelsturm auf den Schöckl in Stattegg. Bei der Abfahrt musste ich kurz auf einer steinigen Passage umdrehen. Hierzu habe ich aus dem rechten Pedal ausgeklippt und versucht, aus Platzmangel am Stand umzudrehen. Tja. Das war wohl die falsche Entscheidung, denn ich bin dann vor den Augen aller Begleiter über links berg­abwärts umgefallen. Ganz langsam.

Georg Michl / Bild: KK

Der Bike-Neuling

GEORG MICHL ist ­Sportredakteur bei der Kleinen Zeitung in Graz und begeisterter Freizeitsportler. 2017 hat sich der Ironman-erprobte Mountainbike-Neuling ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Die Teilnahme am Dolomitenmann im September. Von seinem Weg dorthin berichtet er in jeder SPORTaktiv-Ausgabe.

E-Mail: georg.michl@kleinezeitung.at



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