Laufen im Jahre 2025 ist jung, sozial, erlebnis- und natur­orientiert. Und die Laufschuh-Hersteller tun alles dafür, um uns Läuferinnen und Läufern die perfekten Werkzeuge zur Erfüllung unserer Wünsche an die Füße zu geben. Komfort, Speed, Trail oder alles in einem – wir haben uns umgehört.

Christof Domenig
Christof Domenig

Fünf Jahre sind vergangen, seit der erste Lockdown viele aus dem gewohnten sportlichen Leben herausgerissen hat. Aus der Not(lösung) „Laufen“ haben viele eine Tugend gemacht. „Die Zahl der Marathon-Anmeldungen liegt erstmals wieder über denen aus der Vor-Corona-Zeit“, weiß Tobias Bogner von Salomon, „es lässt sich nunmehr also an den Wettkampfzahlen verifizieren, dass viele Freizeitläufer, die damals damit begonnen haben, sich nun auch ein Ziel suchen, an Events teilnehmen möchten, und nicht nur für sich laufen.“ Die Information bezieht sich zwar auf deutsche Marathons, aber auch Günther Weidlinger, Veranstalter des Linz-Marathons, bestätigt den positiven Trend – und sagt auch: Den meisten Zuwachs gibt es bei den kurzen Strecken. Der Graz Marathon vermeldete letztes Jahr Teilnehmerrekord, und wer heuer noch bei Österreichs größtem Laufevent, dem Vienna City Marathon dabei sein möchte, kommt bei Marathon, Halb- und Viertelmarathon nur noch auf die Warteliste.

Ein zweiter Lauftrend 2025, den neben dem Salomon-Experten auch Alexander Schober von Scott ausmacht: „Running Communitys sprießen allerorts aus dem Boden. Statt für sich selber wird zunehmend gemeinsam gelaufen. Der Gemeinschaftscharakter des Sports wird stark gesucht.“ Running Crews finden sich oft über die sozialen Medien, um dann das Gemeinschaftsgefühl ganz analog in der Natur auszukosten. Stichwort Natur: „Es geht im Laufen heute stark darum, dem Alltag zu entfliehen, einfach mal raus zu kommen, sich zu bewegen, die Zeit in der Natur zu genießen. Auch abends nach einem Bürotag. Das ist es, was immer mehr Menschen schätzen“, sagt Schober. Und schließlich: Laufen ist 2025 ein junger Sport. „Bei der jungen Generation, etwa Studierenden, war das Laufen noch nie so hoch im Kurs. Es hat gewiss mit einem gestiegenen Bewusstsein für Gesundheit zu tun – aber am liebsten erlebt man es eben gemeinsam“, beobachtet wiederum Tobias Bogner.

Mit Brooks in London
Laufen ist 2025 also jung, sozial, naturverbunden. Mehr Erlebnis, mehr (gemeinsame) Freude statt Einzelkämpfertum und Bestzeitenjagd, so könnte man, etwas überspitzt, das Laufen heute auf den Punkt bringen. Und es führt gedanklich zu jener Art Laufschuhe über, die in den letzten Jahren einen besonderen Aufschwung erlebten: jenen mit den besonders komfortabel gedämpften Zwischensohlen und ihren mittlerweile hochtechnischen Schäumen. Jene Schuhe, die sich besonders bequem und angenehm anfühlen, die aber zugleich auch mit einem „bouncigen“, federnden und vorwärtstreibenden Gefühl überzeugen. Und letztlich ein deutlich freudvolleres Laufen, als man es früher kannte, ermöglichen.

Um die jüngste Generation seines komfortabelsten Zwischensohlen-Dämpfungsschaums „DNA Tuned“ vorzustellen, lud US-Laufschuh-Gigant Brooks im Jänner nach London ein. Journalisten aus ganz Europa bekamen dabei einerseits die Möglichkeit geboten, die beiden neuen Modelle „Glycerin 22“ und „Glycerin Max“ selbst auszuprobieren. Es sind die ersten beiden Modelle, die den DNA-Tuned-Schaum in sich tragen. Andererseits wurden von Brooks-Experten spannende Einblicke in diese Technologie, in ihren Entwicklungsprozess und die Gedanken dahinter gewährt. 

Der stickstoffinjizierte DNA-Tuned-Foam ist aus zwei Arten Zellen aufgebaut, war zu erfahren – kleinen und größeren. Wobei eine Mischung im Fersenbereich für einen besonders sanften Auftritt und eine andere im Vorfußbereich für einen besonders dynamischen Abstoß sorgt. Trotz der Unterschiede hinten und vorne ist die Zwischensohle in einem einzigen Stück aufgebaut, was laut Brooks wiederum für ein besonders harmonisches Abrollgefühl sorgt. Vier Jahre dauerte der Entwicklungsprozess von der Idee zur Serienreife, erklärte Nikhil Jain, Chef von Brooks-Entwicklungslabor BlueLine. 

Der Glycerin 22 als direkter Nachfahre des langjährigen „Cushion“-Schuh-Klassikers in Brooks Laufschuh-Portfolio ist mit 38 mm Sohlenhöhe hinten und 28 mm vorne vergleichsweise moderat hoch. Während der Glycerin Max mit 45 mm Höhe hinten und 39 mm vorne gefühlt noch ein Stock höher laufen lässt und in die junge Kategorie der „Max Cushion“-Schuhe zielt. Interessant: Man wisse aus Befragungen, erklärte Nikhil Jain, dass rund 25 % der Läufer einen Schuh wie den Glycerin Max wünschen, aber ganze 50 % der Läufer einen „normalen“, bequemen, modernen Dämpfungsschuh wie den Glycerin 22 wünschen. Noch ein Unterschied: Den Glycerin 22 gibt es neben einer neutralen nach wie vor in einer stabileren GTS-Variante. 

Ein Gravelschuh soll ein Schuh sein, der alles kann, was man will, und alles abdeckt, was man braucht.

Alexander Schober, Scott

Nicht nur hoch – auch stabil
„Je höher, desto beliebter“ ist laut Brooks-Informationen also zu kurz gedacht: Der Trend in den letzten Jahren ging dennoch zu stetig dickeren „High-Stack“-Sohlen – und Salomons Tobias Bogner sieht hier auch keine Abkehr in Sicht, eher ein „Einpendeln“ bei rund um 40 Millimeter, jener Höhe, die World Athletics noch in offiziellen Wettkämpfen erlaubt. Einige Schuhe am Markt liegen dennoch darüber. „Seit die gedämpften Schuhe im Kommen sind, also in den letzten rund drei bis vier Jahren, ist die Stack Height um etwa 20 % gestiegen“, so Bogner. Die hohe Bauweise ist, wie er weiter erklärt, auch deswegen heute möglich, weil die Schäume nicht nur weich sind, sondern auch stabil. Breitere Sohlen helfen, die Abrollbewegung zu stabilisieren, ebenso wie seitlich höher gezogene Mittel­sohlen. Greift man in einen heutigen Laufschuh hinein, stellt man fest, dass der Fuß innen „eingebettet“ ist und nicht etwa auf der von außen zu sehenden Mittelsohlenlinie aufliegt. 

Ein Blick noch zu den aktuellen schnellen Laufschuhen – denn auch hier ist die Entwicklung seit Auftauchen der ersten Carbonschuhe in den späten 2010er-Jahren natürlich nicht stehen geblieben: Der Salomon-Experte sieht hier einerseits einen Trend zu mittlerweile deutlich größerer Haltbarkeit der Schuhe und andererseits zu „Diversifikation“. „Jede Marke hat nicht mehr ihren einen Schuh mit Carbon, sondern Schuhe für kürzere Distanzen und längere Distanzen oder auch den Schuh, der ein bisschen stabiler ist. Und nicht jeder Carbonschuh sieht gleich aus.“ Trotzdem bleibt: Carbonlaufschuhe sind Schuhe für eine spitze Zielgruppe mit entsprechend starkem Trainingszustand. Daneben gibt es auch dick gedämpfte und sehr reaktive Modelle ohne Platten am Markt, die für eine breitere Zielgruppe passen, und wo die Grenzen zu reaktiven (Max)Cushion-Schuhen fließend verlaufen.

Ein Schuh für alle Wege
Und dann gibt es da noch einen jungen Laufschuh-Trend, den Scott-Experte Alexander Schober wie auch Salomons Tobias Bogner ausmachen: Jenen zu Gravelschuhen. Da sind wir wieder beim eingangs schon erwähnten Laufen in der Natur. „Wir wissen, wo sich Trailrunning zum Großteil abspielt, und das ist wahlweise auf Forstwegen oder – zumindest auf einen Teil der Strecke – auch auf Asphalt. Einen Schuh für alles zu haben, den man für alles nutzen kann und der sehr bequem ist; der die 5 Kilometer um den Häuserblock unter der Woche, aber auch längere Routen am Wochenende durch den Wald mitmacht: Hierin sehen wir großes Potenzial“, sagt Scotts Alexander Schober. „Ein Gravellaufschuh soll ein Schuh sein, der alles kann, was man will, und alles abdeckt, was man braucht“, ergänzt Salomon-Experte Bogner. Von Salomon gibt es mit dem Aero Glide 3 GRVL aktuell den zweiten Gravelschuh der Marke, Scott bringt im Mai seinen Scott Pursuit auch in einer Gravelvariante heraus.

Der Gedanke liegt aber auch nahe: Kaum jemand hat einen Trail vor der Haustür, sehr wohl aber – sogar als Stadtbewohner – Naturwege in Anlaufweite. Sich nicht schon beim Weglaufen festlegen zu müssen, wohin man nach einigen Kilometern abbiegen möchte – den Naturweg auf den Hügel hinauf, am Pfad den Wald hinein oder doch den befestigten Weg am Fluss entlang? Einen Schuh zu haben, der überall passt, das Beste aus den zwei Welten Straße und Trail vereint und höchstmögliche Flexibilität und Spontanität auf der Laufrunde ermöglicht: Der Gedanke des Gravelbikes fasst auch bei den Laufschuhen Fuß – fast ist man geneigt zu fragen: Warum eigentlich erst jetzt?

So findet man seinen Laufschuh
Das Angebot an Laufschuhen ist heute groß und vielschichtig – zwei Tipps, um seinen zu finden: Für Tobias Bogner ist das Wichtigste, sich zu überlegen, wofür man seinen Schuh nutzen will, und diese Wünsche dann auch im Beratungsgespräch im Fachhandel mit hochwertiger Beratung einzubringen.

Den Gang zum Sportfachhändler rät auch Alexander Schober  – angebotene Online-Tools mancher Hersteller können zwar eine Hilfestellung sein, aber das hochwertige Beratungsgespräch nicht ersetzen. Schober verweist auch auf die oftmals angebotenen Test-Möglichkeiten von Laufschuhen – das eigene Gefühl, das man in einem Laufschuh hat, oft schon beim Hineinschlüpfen und dann natürlich auch auf einer Test-Laufrunde, ist neben der professionellen Beratung der beste Ratgeber.