Mit welchen technischen Helferlein man sich am besten am Berg orientiert und weshalb das eigene Auge und die Erfahrung immer die besten Berater in der Wegfindung sein sollten.
Die Tour ist bis ins letzte Detail geplant, sämtliche Mitstreiter sind bereit und das Wetter zeigt keinerlei Anstalten instabil oder gar unwirtlich zu werden. Beste Voraussetzungen also, um eine paar entspannte Stunden, einen epischen Tag oder gar ein paar abenteuerliche Tage zwischen Wäldern und Almen, Gipfeln und Steilwänden zu verbringen. Wie wird es dem legendären John Muir so herrlich in den Mund gelegt: the mountains are calling, and I must go. Damit unterwegs aber auch alles „nach Plan“ funktioniert, gilt es sich gerade auf größeren Touren oder weniger begangenen, dünn beschilderten Routen unterwegs geschickt durch die Berge zu navigieren. Wie und womit dies am besten gelingt und worauf es in der alpinen Wegfindung sonst noch so zu achten gilt, darüber haben wir uns für euch ausführlich mit dem Bergführer und Bergführer-Ausbildner Michael Mautz unterhalten.
Orientierung im Gelände
Grundsätzlich, so betont es der erfahrene Alpinist und Bergführer mehrfach, gibt es keine Karte, egal ob analog oder digital, die dem eigenen Auge überlegen ist. Soll heißen: Bei guter Sicht sollte man sich das Gelände gut ansehen und selbst entscheiden, wo der beste/sicherste Weg entlangführt. GPS-Tracks, egal ob am Handgelenk, in der Handy-App oder am Outdoor-GPS angezeigt, müssen nicht immer zu 100 % stimmen, können vielleicht falsch aufgezeichnet sein oder ein ausgetretener und gut sichtbarer Pfad wurde durch einen Hangrutsch oder eine Lawine im Winter zerstört und führt jetzt anderswo weiter. In solchen Situationen, oder um hier vielleicht auch eine kleine Exkursion zu winterlichen Bedingungen zu machen, etwa bei Schneefeldquerungen, gilt es das Gelände selbst zu beurteilen, die Marschrichtung grob abzuschätzen und dann die beste Route zu finden, auch wenn diese mal vom Track abweicht. Gerade dort, wo kein echter Weg ersichtlich ist, sollte man nicht stur den Tracks folgen, sondern seinen Weg dort anlegen, wo es logisch erscheint. Vor allem bei Schneelage ändert sich die Routenwahl je nach Bedingungen oft von Tag zu Tag. Während man im Auto-Navi oft den Hinweis bekommt, dass die Straßenverkehrsordnung über den Anweisungen der Elektronik steht, so gilt es draußen am Berg, die Linie am Display nochmals kritischer zu hinterfragen. Zieht Nebel auf oder die Sicht verschlechtert sich auf andere Weise, schlägt dann natürlich die Stunde der GPS-Tracks, da sie gerade hier eine sehr große Stütze sind, um den grundsätzlichen Weg und die Richtung beizubehalten.
Die analoge Karte
Oldie but goldie – für Michael Mautz ist die analoge Karte, am besten im Maßstab 1:25.000, noch immer ein sehr wichtiges Ausrüstungstool und nach wie vor „up do date“. Einerseits in der Planung vorab, aber auch zur Orientierung am Berg. Der konstante Maßstab und die Größe der Karte ermöglichen einfach eine bessere Übersicht als kleine Handgeräte oder Smartphone-Apps, auf denen man ständig zoomt und scrollt. „Auf der Karte weiß ich immer: 1 cm sind 250 m, ich sehe das große Ganze. Was ich damit meine: Ein Kumpel von mir hatte im Vorjahr am iPad eine Tour in Norwegen geplant und dabei ein vermeintlich kurzes Seeufer übersehen, da er zu sehr eingezoomt war. Auf der physischen Karte hätte man die Größe des Sees sofort gesehen“, erklärt der Kärntner. Nachteil der analogen Welt ist die eigene Standortbestimmung unterwegs: Hier braucht es Erfahrung oder einen kurzen Blick auf einen digitalen Helfer.
Apps und Handgeräte
Neben der physischen Karte als Backup im Rucksack greift Michael Mautz wie auch viele seiner Kollegen während der Tour sehr gerne auf Handy-Apps wie FATMAP, Bergfex, Outdooractive und Co. zurück. „Mittlerweile“, so seine Einschätzung, „funktionieren alle diese Handy-Apps sehr gut, natürlich mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen.“ Der Knackpunkt in der Nutzung der Apps liegt für ihn in der Routine des Nutzers. Man sollte sich mit der digitalen Karte, der Darstellung, der Bedienung und den Funktionen intensiv auseinandersetzen, um auf einen Blick Pfade von Straßen und Steige von Höhenschichtlinien zu unterscheiden und nicht an jeder Weggabelung ins Straucheln zu geraten. „Hier hat jede App ihre Eigenheiten, mit denen sollte man sich unbedingt vertraut machen“, erklärt Michael Mautz.
Was für den Bergführer im Vergleich zu anderen digitalen Systemen ebenfalls für die Apps spricht, ist die Tatsache, dass sie immer dabei sind. Egal ob auf Skitour, auf Hochtour, beim Wandern in den Voralpen oder am Klettersteig – das Smartphone gehört zur absoluten Mindestausrüstung am Berg. Dieses Tool dann neben der Fotografie und Kommunikation auch zur Navigation zu nutzen, ist eigentlich nur logisch. Ob der nicht zu vernachlässigenden Rolle bei Notrufen sollte man nur auf den Akku achten – hier kann eine Powerbank nicht schaden.
Outdoor-GPS-Geräte sieht der Bergführer als echte Spezialisten, die nur den Zweck der Navigation erfüllen. Verglichen mit Smartphones oder auch Fahrradcomputern haben sie für ihn in den letzten Jahren allerdings vor allem in der Bedienbarkeit stark an Boden verloren, wirken im Verhältnis zu Apps deutlich komplizierter und hinken auch beim Display hinterher. Dafür lassen sich viele der Geräte auch mit normalen AA-Batterien betreiben, was gerade in der Kälte (hier sind klassische Batterien den Handy-Akkus überlegen) ein Pluspunkt sein kann. Für kurze Strecken sieht Michael Mautz hier die Apps im Vorteil, auf langen Passagen mit schlechter Sicht und entsprechend intensiver GPS-Nutzung greift auch der Bergführer zum Outdoor-GPS, das er auf mehrtägigen Touren und Durchquerungen gerne als Backup im Rucksack mit sich trägt. Für Tagestouren, auf denen man bei widrigen Bedingungen auch einfach umkehren kann, empfindet er Handy-Apps als ausreichend.
Bei guter Sicht sollte man sich das Gelände gut ansehen und selbst entscheiden, wo der sicherste Weg entlangführt.
Helferlein am Handgelenk
Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich auch Uhren mit Navigationsfunktion. Diese reicht von der rudimentären Brotkrümel-Navigation bis hin zu gut aufgelösten digitalen Farbkarten. Bei seinen geführten Touren kommt Michael Mautz über seine Gäste immer wieder damit in Berührung und auch unter seinen Bergführer-Aspiranten sind sie ein beliebtes Tool. Vor allem bei den Farbkarten, so seine Erfahrung, sind die Nutzer durch die Bank zufrieden.
Er selbst sieht die Stärken dabei weniger in der Navigation von Punkt zu Punkt, sondern eher darin, frühzeitig darauf aufmerksam zu werden, sollte man zu weit von der Route abkommen. Die Uhren können auch dabei helfen, den Standpunkt auf einer physischen Karte leichter auszumachen. Ebenso nützlich – und das kann auch der Schreiber dieser Zeilen aus eigener Erfahrung bestätigen – sind die sogenannten Trackback- oder Routeback-Funktionen. Schlägt das Wetter um oder zieht Nebel ein, lässt sich hiermit der bisher aufgezeichnete Weg sehr gut bis zum Ausgangspunkt zurückverfolgen.