Immer mehr Frauen entdecken den Laufsport für sich – und die Zielgruppe verändert sich. Welche Motivatoren vor allem junge Damen in Bewegung versetzen, wieso es sich „im Rudel" manchmal leichter läuft und was Social Media mit der ganzen Rennerei zu tun hat.

Claudia Riedl
Claudia Riedl

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Stellung der Frau in der Laufsportszene gewandelt. Musste sich 1967 die Läuferin Kathrine Switzer noch heimlich und in Männerkleidung zum Boston Marathon schummeln. Erst 1984 standen Damen aus aller Welt an der Startlinie des olympischen Frauen-Marathons. Und heute? Laufen in der Freizeit annähernd so viele Frauen wie Männer.

Trend der Verjüngung?
Dass das weibliche Interesse am Laufen wächst, lässt sich etwa an diesen zwei Faktoren festmachen: Einerseits an der zunehmenden Anzahl von Laufveranstaltungen für Damen, den Frauenläufen, inklusive steigender Teilnehmerzahlen. Das bestätigt uns auch Achim Wippel, Veranstalter des LadiesRun Graz: „Vom Start des Events im Jahr 2014 bis heute hat sich die Teilnehmerzahl auf 2.000 Läuferinnen verdoppelt."

Das zweite Indiz für den Lauf-Boom ist die steigende Nachfrage nach Damen-Laufartikeln. Matthias Weissl von Gigasport Graz spricht sogar von einer 50:50-Gewichtung, wonach zurzeit genauso viele Frauen wie Männer ins Sportgeschäft pilgern, um sich mit Laufshirt und Co. einzudecken. Und die Lauftextilien werden zusehends modischer. Ein Fingerzeig in Richtung einer Verjüngung der Kundschaft? Jein! „Laufen ist und wird weiterhin eine Sportart bleiben, die die breite Masse begeistert", so Weissl. Dennoch räumt er ein, dass heute jüngere Sportler die bestehende Läufer-Zielgruppe, bei Frauen und Männern, ergänzen: „Früher liefen primär Leute zwischen 35 und 60, in den letzten Jahren haben aber viele Jüngere das Laufen als Ausgleich zu anderen Sportarten entdeckt. Die Zielgruppe geht jetzt von 18 bis 60 plus."

Ursprünge der Motivation
Die Lust am Laufen macht heute also auch vor den jüngeren Semestern nicht halt. Und was treibt speziell junge Damen dazu an, in ihre Laufschuhe zu schlüpfen? Wenn die nötigen Zeitressourcen fehlen, um eine landesweite Umfrage zu starten, bleibt nur eines, um diese Frage zu klären: Man hört sich im eigenen weiblichen Freundeskreis um. In diesem/meinem Fall (= Anmerkung der Verfasserin) umfasst der einige ­Hobby- wie auch Wettkampfläuferinnen zwischen 20 und 30 Jahren.

Und wie zu erwarten sind die „Beweggründe" unterschiedlich: Während die eine ihre Fitness verbessern will, möchte die andere ihre Figur formen. Wieder andere schnüren sich die Laufschuhe, um sich auf Wettkämpfe vorzubereiten, Freunde zu treffen oder schlichtweg den Kopf „auszulüften". „Durch meinen Bürojob verbringe ich viel Zeit sitzend – da brauche ich einen Ausgleich. Ich laufe vor allem, weil das eine Sportart ist, die ich bequem und flexibel in meinen Alltag einbauen kann", meint etwa die 27-jährige Kerstin Schlemmer aus Weiz (Stmk.). Ein noch ambitionierteres Ziel verfolgt dagegen ihre Alters- und Ortskollegin Sandra Willingshofer, die schon an mehreren Laufveranstaltungen teilgenommen hat: „Ich bin schon als kleines Mädchen gerne gelaufen. Heute betreibe ich diesen Sport, um fit zu bleiben und für Wettkämpfe zu trainieren. Mein Ziel ist es, 2018 einen Marathon zu laufen."

Die Liste zu den Lauf-Motivatoren ließe sich noch lange so weiterführen. Anhand der stichprobenartigen Umfrage kristallisieren sich aber – vereinfacht gesagt – die folgenden fünf Lauftypen heraus:

  • DIE FITNESS- BZW. GESUNDHEITSLÄUFERIN: Sie läuft vor allem, um die ­Kondition zu verbessern sowie physisch und psychisch fit zu bleiben.
  • DIE ABNEHMLÄUFERIN: Ihr primäres Ziel ist es, das Körpergewicht zu reduzieren oder zu halten.
  • DIE GENUSSLÄUFERIN: Gelaufen wird, weil es Spaß macht.
  • DIE WETTKAMPFLÄUFERIN: Die sportliche Leistung steht im Vordergrund. In ihrem Kalender stehen bereits seit Jahresbeginn die wichtigsten Laufevents, an denen sie bestens in Form sein muss.
  • DIE GRUPPENLÄUFERIN: Das Laufen ist für sie ein Gemeinschaftserlebnis, weshalb sie meist mit einem Laufpartner unterwegs und bei Lauftreffs od. in Vereinen zu finden ist.


Social Running
Um gleich bei letzterem Lauftypus anzuknüpfen: Vor allem in Großstädten sieht man in letzter Zeit verstärkt ganze Grüppchen von laufenden Frauen an sich vorüberziehen. Was es damit auf sich hat? Vermutlich frönen sie einer zurzeit angesagten Freizeitbeschäftigung: dem „Social Running" – oder auf Deutsch gesagt: dem gemeinsamen Laufen, bei dem man sich zu zweit oder in einer Läufer-Gruppe zum Joggen aufmacht.

Und das Laufen „im Rudel" wird unter den Frauen immer beliebter. Wieso? Das liegt für Maria Schraußer, die gemeinsam mit Kollegin Diana Materi den Frauenlauftreff der Grazer Laufcommunity „runninGraz" anführt, auf der Hand: „Einer der größten Vorteile ist, dass man seinen ‚inneren Schweinehund' besser im Griff hat, wenn ein fixer Lauftermin im Kalender steht. Herrscht eine gute Stimmung im Team, macht das Training mehr Spaß, man pusht sich gegenseitig und wetteifert gemeinsam." Dass hier auch bei der einen oder anderen Dame der sportliche Ehrgeiz erwacht, ist naheliegend – und auch gut so, meint Schraußer: „In Gegenwart anderer Läuferinnen strengt sich ‚frau' für gewöhnlich mehr an. Außerdem werden gemeinsame Ziele leichter erreicht, weil weniger erfahrene Läuferinnen von den Routiniers lernen können." Nicht selten ergeben sich über das gemeinsame Hobby dann sogar enge Freundschaften.

Stimmt also die Chemie zwischen den Läufer(inne)n – sowohl sympathie- als auch konditionstechnisch –, kann eine Laufpartnerschaft viele Vorteile bieten: feste Trainingszeiten, neue Kontakte, Erfahrungsaustausch, mehr Motivation und sogar mehr Sicherheit, vor allem bei Läufen im Dunkeln.

Social Media
Nochmal zurück an den Start! Dass Laufen gerade „in" ist, wissen wir aufgrund des eingangs erwähnten Event- und Laufartikel-Booms – und woher noch? Na klar, von den sozialen Medien. Vor allem die „Generation What?", also junge Frauen und Männer zwischen 18 und 34 Jahren, bedient sich gerne sozialer Plattformen, um ihre sportlichen (Lauf-)Erfolge mit dem Rest der Social-Media-Welt zu teilen: Während also Max Mustermann – Smartphone sei Dank! – über seine Lauf-App die rekordverdächtige 5-km-Strecke samt Kalorien­verbrauch postet, hält Lieschen Müller ihre vom Laufen geröteten Wangen stolz auf einem Selfie fest. #runningrules

Dagegen spricht ja auch nichts – solange man es mit Selfie und Co. nicht übertreibt. In einer Studie der Brunel University in London geht man sogar davon aus, dass das ständige Veröffentlichen von Fitness-Postings auf Facebook auf ein psychisches Problem hindeutet – sprich, dass beim Posting-Getriebenen ein übermäßiges Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung besteht. Ein hartes Zeugnis? Wer weiß. Und weiter gefragt: Steckt nicht vielleicht in uns allen ein kleiner Narzisst, der sich manchmal nach dem Lob seiner Mitmenschen sehnt? Vermutlich ja. Wenn wir ehrlich sind, kann man den geteilten Laufrouten und Jogger-Selfies auf Facebook & Co. auch etwas Positives abgewinnen. „Das Posten der Lauferfolge kann nützlich sein, um Nichtläufer zur Bewegung zu motivieren", glaubt Lauftreff-Leiterin Schraußer. „Außerdem freut man sich über persönliche Erfolge gerne mal mit." #dasfindenwirauch