Was man nach welchem Sport am besten isst – und welche Rolle die Proteine in der Regeneration nach dem Sport einnehmen.
Eh egal, was ich jetzt esse, ich war ja ohnehin gerade im Training“, ist eine Devise, die gerade im Hobbybereich fälschlicherweise gerne gelebt wird. Denn gerade (auch) die Minuten und Stunden direkt nach dem Training haben enormen Einfluss auf die Regeneration und Erholung und auch auf Muskelauf- oder vielleicht sogar -abbau. Wer hier unmittelbar nach dem Training mit Köpfchen isst, Speicher wieder auffüllt und gezielt Nährstoffe zuführt, kann den Trainingsnutzen mit wenig Zusatzaufwand optimieren.
Training ist nicht gleich Training
Ob der komplexen Energiebreitstellungsmechanismen im menschlichen Körper unterscheiden sich Kraft- und Ausdauereinheiten nicht nur im jeweiligen Tun, sondern auch in der ernährungstechnischen „Nachbereitung“. Um den Körper nach dem Training optimal mit Nährstoffen zu versorgen und so die Leistungsfähigkeit und Regeneration zu maximieren, gilt es hier auch die Belastung im Training zu beachten. Isabella Grabner-Wollek, ihres Zeichens Leiterin der Abteilung für Ernährungswissenschaft bei Leistungssport Austria, hat für uns die feinen Unterschiede zwischen Kraft- und Ausdauereinheiten aufgeschlüsselt.
Krafttraining
„Unmittelbar nach dem Krafttraining ist für eine optimale Muskelproteinsynthese vor allem die Versorgung mit Eiweiß wichtig“, weiß Isabella Grabner-Wollek. Ihre wissenschaftsbasierte Empfehlung wären hier 0,3 Gramm hochwertiges Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, respektive eine Menge von etwa 20 bis 25 Gramm. Besonders wichtig sei hier auch, dass das zugeführte Protein 2 bis 3 Gramm der Aminosäure Leucin beinhaltet. Der jeweilige Kohlenhydratbedarf nach dem Krafttraining hängt, so Isabella Grabner-Wollek, von Faktoren wie Trainingsdauer und -intensität sowie von persönlichen Zielen ab. Wer Masse aufbauen möchte, der braucht beispielsweise mehr Kohlenhydrate als jemand, der an seiner Muskeldefinition arbeiten oder Körperfett reduzieren möchte.
Wie man sich diese Empfehlung in Lebensmittelform vorstellen darf? Als perfekten ersten „Recovery-Snack“ nach dem Training eignet sich für Isabella Grabner-Wollek beispielsweise Skyr-Joghurt, Cottagecheese, Topfencreme, griechisches Joghurt oder Riegel mit mindestens 20 bis 25 Gramm Eiweiß.
Ausdauertraining
Anders sieht es nach dem Ausdauertraining aus. Hier, so Isabella Grabner-Wollek, geht es primär um die Wiederauffüllung der körpereigenen Glykogenspeicher mit leicht verdaulichen Kohlenhydraten. Fälschlich wird aber oft Eiweiß nur mit Krafttraining assoziiert – ein Trugschluss, denn gerade auch nach Ausdauereinheiten unterstützt hochwertiges Eiweiß die Muskulatur in ihrer Regeneration. Pro Kilogramm Körpergewicht empfiehlt die erfahrene Ernährungs-Expertin entsprechend 0,8 bis 1,2 Gramm Kohlenhydrate und je nach muskulärer Beanspruchung 0,2 bis 0,4 Gramm Eiweiß zu sich zu nehmen.
Auch hier, sozusagen zur besseren Veranschaulichung, einige „Snack-Empfehlungen“ aus Expertinnen-Sicht: Fertige Recovery-Getränke (mehr dazu weiter unten im Text) bieten hier einen ausgewogenen Mix, aber auch die klassische Kakaomilch oder ein Bananenshake bieten sich zur ersten Nährstoff-Versorgung nach der Ausdauereinheit an.
Egal, ob Ausdauer- oder Krafttraining, oftmals greifen Hobbysportler zusätzlich zu speziellen Amino-Präparaten. Isabella Grabner-Wollek rät hierbei allerdings stets die Einnahme aller essenziellen Aminosäuren gegenüber einzelner Aminosäuren (etwa nur BCAAs) vorzuziehen.
Die Sache mit dem Shake
Ein Klassiker unter den direkt nach dem Training schnell und einfach zuführbaren Energielieferanten sind sogenannte Eiweißshakes. Natürlich lässt sich der Energiebedarf im Hobbysport in der Regel auch über reguläre Lebensmittel – siehe die Tipps weiter oben im Text – decken. Isabella Grabner-Wollek empfiehlt hier sogar die „Food First“-Strategie, rät also dazu, so weit wie möglich „echten“ Lebensmitteln gegenüber Shakes und Präparaten den Vorzug zu geben.
Shakes sind aber oftmals in der Handhabe einfach praktisch und daher sehr beliebt. Doch hier ist Shake nicht gleich Shake. Wir empfehlen in der Dosierung und Auswahl immer eine Absprache mit dem Hausarzt oder qualifizierten Ernährungsspezialisten. Außerdem sollte man hier nicht am falschen Ende sparen, lieber ein paar Euro mehr investieren und dafür ein Produkt aus geprüfter Qualität kaufen. Nicht nur Wettkampfathleten mit regelmäßigen Dopingtests seien zudem Produkte mit Listung auf der „Kölner Liste“ ans Herz gelegt – hier darf man davon ausgehen, keine verunreinigten Präparate zu sich zu nehmen. Neben diversen Eiweißanteilen (70, 80, 90 %) gibt es diese auch mit unterschiedlichen Eiweißquellen und -zusammensetzungen. Folgend haben wir versucht, hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Proteinpulver im Detail
Grob überschlagen finden sich am Markt Eiweißpräparate auf Whey-, Casein- oder pflanzlicher Basis. Sowohl Casein als auch Whey, um hiermit zu beginnen, werden in der Regel aus Milcherzeugnissen und somit Kuhmilch gewonnen.
Die Molke, ein Nebenprodukt in der Käseherstellung, wird für die Gewinnung von Eiweißpulver entweder durch Mikrofiltration („Konzentrat“, rund 80 % Eiweißgehalt), aufwendigere Ultrafiltration („Isolat“, rund 90 % Eiweißgehalt) oder Hydrolyse („Hydrolysat“, rund 98 % Eiweißgehalt) weiterverarbeitet. Whey, so geht Ernährungs-Expertin Isabella Grabner-Wollek tiefer ins Detail, überzeugt insgesamt mit einer raschen Aufnahme im Körper, ist reich an Leucin und insgesamt ihre Empfehlung für „direkt nach dem Training“.
Casein verfügt gegenüber der Molke oder dem Whey über eine niedrigere biologische Wertigkeit, enthält außerdem einen großen Anteil an Milchzucker, was für Personen mit Laktoseintoleranz zu Komplikationen führen kann. Ob der langsamen Aufnahme im Körper sieht Isabella Grabner-Wollek Casein unmittelbar nach dem Sport eher ungeeignet. Durch die gute Protein-Versorgung über mehrere Stunden empfiehlt sie Casein eher vor dem Zubettgehen.
Für pflanzliche Eiweißshakes empfiehlt die Expertin die geschickte Kombination verschiedener Quellen, um so die biologische Wertigkeit insgesamt zu erhöhen. Außerdem, so ihr Rat, sollte man dabei auf die enthaltene Gesamteiweißmenge achten, da mitunter Präparate eine geringe Gesamt-Eiweißmenge und wenig Leucin-Gehalt aufweisen. Beispielsweise auf Soja, Hanf oder Erbsen basieren aktuell erhältliche pflanzliche Eiweißpräparate.
Eine weitere „Shake-Form“ sind Eiweiß-Kohlenhydrat-Mix-Shakes, gemeinhin auch als bereits angesprochene Recovery-Shakes vermarktet. Diese, klärt Isabella Grabner-Wollek auf, liefern vor allem nach einem Ausdauertraining schnell verfügbare Kohlenhydrate und Eiweiß. Für den Einsatz nach einem Krafttraining, so der abschließende Rat, gilt es ein strenges Auge auf den Eiweißanteil zu haben, da hier eventuell absolut gesehen zu wenig davon enthalten ist.