Der Ironman in Klagenfurt feiert 20. Geburtstag. Für einen Teilnehmer ist der Bewerb heuer viel mehr als 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer laufen. Elmar Sprink bringt mit seinem zweiten Herzen zu Ende, was ihn mit dem ersten fast das Leben gekostet hätte.
Warum das alles so ist, kann sich keiner erklären. Die Ärzte nicht und Elmar Sprink selbst schon gar nicht. Warum er mit 38 einen Herzstillstand hatte, sein Herz drei Mal aufgehört hat zu schlagen. Ein Spenderherz hat ihm das Leben gerettet. Mit dem hat er heute Werte, die sich ebenfalls keiner erklären kann. Die Ärzte nicht und Elmar Sprink schon gar nicht.
Die Geschichte beginnt vor 16 Jahren. 2002 startet Elmar Sprink, gerade einmal 30 Jahre alt, guter Job im Vertrieb in der IT-Branche und viel auf Achse, mit dem Triathlon. Am Rad ist er stark, und 10 Kilometer kann er in 36 Minuten laufen. Schwimmen geht so la la, aber über Sprint- und olympische Distanz tastet er sich an die Langdistanz heran. Ironman – das wird seine Leidenschaft. 2010 startet er in Klagenfurt, ein bekannt schnelles Rennen. „Vor allem aber, weil ich Österreich gerne mag und beruflich und privat öfters hier bin“, erzählt Sprink.
Weil er Heuschnupfen hat, bekommt er ein, zwei Monate vor dem Bewerb schlechter Luft, fühlt sich in der Leistung eingeschränkt. „Aber wenn du zehn Kilometer in 40 statt 36 Minuten läufst und zum Arzt gehst, fragt dich der ob du noch ganz richtig bist.“ Sprink nimmt seinen Asthmaspray und geht davon aus, dass sich das Jahreszeit bedingt wieder von selbst löst.
In Klagenfurt ist aber immer noch nicht alles okay. Auf der Laufstrecke geht es ihm schlecht und schlechter. „Meine Frau hat auch gemerkt, dass ich nicht gut ausschaue, also hab ich bei 21 Lauf-Kilometern aufgehört.“ Ein paar Tage später sitzt er auf dem Sofa und schaut sich die Tour de France im Fernsehen an. Aus. Das Herz steht, obwohl es zwei Monate zuvor noch untersucht worden war. Elmar Sprink überlebt den Herzstillstand, aber sein Lebensmuskel wird schwächer und schwächer. Am 9. Juni 2012 bekommt er ein Spenderherz. Leben gerettet.
„Nach fast sechs Monaten im Bett ich war auf null. Konnte nicht mehr alleine gehen oder aufstehen, nichts“, erinnert er sich.
Aber er kämpft sich zurück, macht wieder Sport. „Am Anfang waren das 500 Meter laufen, dann ein paar Kilometer und so weiter.“ Immer ist er unter ärztlicher Kontrolle, die Werte passen, Sprink macht weiter, auch mit dem Triathlon. Sprint-Distanz, olympische Distanz, Triathlon, Ironman. 2014 hat ihn seine Leidenschaft wieder und die Ärzte stehen wieder vor einem Rätsel. Belastungen, die der durchschnittlich Herztransplantierte eine Minute lang durchhält, schafft Sprink 46 Stunden lang. „Das war beim Cape Epic MTB-Rennen in Südafrika.“ Bei der maximalen Sauerstoffaufnahme kommen Patienten mit Spenderherz im Durchschnitt auf einen Wert von 19. Sprink kommt auf 60. „Vor der Transplantation hatte ich nur noch 9.“ Warum das so ist? Die Ärzte stehen vor einem Rätsel. Genau wie damals, als es eigentlich keinen Grund für einen Herzstillstand gegeben hatte.
Gerade kommt er aus Texas retour. Einen Ironman 70.3 hat er absolviert – in 4:57 Stunden. Und zwei Vorträge an Universitäten gehalten und seine Geschichte erzählt. Wie sehr ihm der Sport dabei geholfen hat, wieder ins Leben zu finden. Auf Einladung eines Uni-Professors. „Der sagt: Von allen Herztransplantierten gibt es weltweit vielleicht fünf Menschen, die solche Werte haben wie ich.“
Nach Texas ist für den Kölner aber vor Klagenfurt. Der Veranstalter hat ihn zum 20-Jahr-Jubiläum eingeladen. „Das ist eine tolle Sache, denn irgendwie möchte ich den Bewerb in Klagenfurt schon gerne zu Ende bringen“, sagt Sprink. „Das wird sicher eine ganz emotionale Geschichte.“ Die Zeit spielt dabei eine untergeordnete Rolle. „Ich lebe heute ganz anders als früher, viel bewusster, kann den Augenblick mehr genießen.“ Sprink ernährt sich gesünder, geht regelmäßig zu Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen, passt bei Wettkämpfen auf, welche Verpflegung er zu sich nimmt.
Seinen Beruf übt er nicht mehr aus. „Ich bin in Rente“, sagt er. Dass er seinen Job nicht ausüben kann, aber Extremsport betreibt – für Sprink kein Paradoxon. „Ich reagiere auf Stress viel empfindlicher, fange mir leichter eine Infektion ein und werde sie schwerer wieder los.“ Das ruft natürlich Neider auf den Plan. Weil Sprink auch umtriebig ist, medial präsent dazu und Sponsoren hat, wie manch ein Profi nicht. „Aber die Leute sehen nicht, dass ich dreimal einen Herzstillstand hatte und fast tot war. Dass ich nachts immer noch oft aufwache, weil ich denke, dass ich keine Luft mehr kriege oder mit meinem Herz etwas ist. Dieses Trauma werde ich wohl nie wieder los.“
Er gibt aber auch viel zurück. Sammelt Geld für kranke Kinder, unterstützt Leute mit Herzproblemen, hält Vorträge, um Menschen zum Sport zu motivieren. „Es ist schön zu sehen, wenn man jemanden zum Sport bringt und dann sieht, wie sich seine Lebensqualität verbessert.“ Seine eigene hat sich in jedem Fall verbessert und so kann er seiner Geschichte auch Positives abgewinnen: „Ich hab durch meine Geschichte so viele interessante Menschen kennenlernen dürfen, ich kann wieder Sport machen und eventuell bald einmal mit Angela Merkel über unser Organspendegesetz diskutieren.“ Herz, was willst du mehr?