Spitzenläufer und Laufschuhexperte Andreas ­Vojta über moderne Schuhkonstruktionen, wer mit welchem Schuh glücklich wird und wie man sie im Training richtig einsetzt.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Dicke Sohlen, ausgeprägte Rocker, steife Platten: „Kommt jemand zu uns in den Shop, der seit Jahren nicht mehr gelaufen ist oder sich seit Jahren keine neuen Laufschuhe mehr gegönnt hat, dann gibt es oftmals große Augen, wenn er zum ersten Mal einen modernen Laufschuh in den Händen hält“, schmunzelt Andreas Vojta. Der Miteigentümer des WEMOVE Runningstores in Wien ist selbst nach wie vor als Spitzenläufer auf internationaler Bühne unterwegs, steht zugleich ­regelmäßig Kunden mit seinem gesamten Know-how bei der Schuhwahl zur Seite.

Max Cushion-Segment
Als Sektor mit dem größten Wachstum und Entwicklungssprung der letzten Jahre identifiziert Vojta die Cushioning-Schuhe respektive das Thema Max Cushion. Die dicken, voluminösen Sohlen setzen sich aber auch immer mehr an „Daily-Trainern“, also Laufschuhen für das tägliche Training, durch. Diese bieten heute mit maximaler Dämpfung auch auf langen Strecken hohen Komfort und damit ein angenehmes Lauferlebnis. Moderne Materialien bieten trotz voluminösem und entsprechend gedämpftem Sohlenaufbau ein leichtes Schuhgewicht und einen noch ausreichend dynamischen Schuh, was die Modelle für eine breite Zielgruppe interessant macht. 

„Es gibt Modelle, die vom verwendeten Schaumstoff ausgehend ein etwas direkteres, härteres Laufgefühl vermitteln. Und es gibt solche, die maximal weich zu laufen sind“, zeigt Vojta die unterschiedlichen Charakteristiken auf. Ein hartes Laufgefühl sei dabei genauso wenig mit schlechter Dämpfung zu verbinden wie ein weiches Laufgefühl automatisch mit guter Dämpfung. Womit man sich letztendlich wohler fühlt, bleibt individuell. Fakt ist: 3 bis 4 cm Sohlenhöhe brauchen auf den ersten Kilometern etwas Gewöhnungszeit – kommen dynamische Rocker (gebogene Sohlen) dazu, ist auch dieser zusätzliche „Vortrieb“ vielleicht erst mal ungewohnt. Unterm Strich sind die Schuhe eine klare Empfehlung für gemütliche Dauerläufe.

Schuhe mit Carbon
Anderes „Extrem“ unter den modernen Schuhen und im Gegensatz zu den bequemen Cushion-Modellen keinesfalls für jedermann sind die Wettkampfschuhe mit Carbonsohlen. Steife Carboneinlagen in der Mittelsohle helfen Profis hier zu mehr Dynamik und größerer Schrittlänge und wie man an Rekorden und Bestzeiten sieht, „können dich diese Schuhe grundsätzlich schneller machen. Man muss sie aber auch laufen können“, sagt Vojta. Der Körper muss darauf vorbereitet sein – oder darauf hintrainiert werden, um die hohen Kräfte auf Waden und Achillessehne zu verkraften. 

Hier kommt auch der Laufstil entscheidend mit ins Spiel. Denn, wie Vojta es ausdrückt: „Die Platte im Vorfuß bringt wenig, wenn ich immer voll auf der Ferse auftrete, die Platte aber eigentlich für einen kräftigen Abdruck über den Vorfuß entwickelt wurde.“ Zusätzlich, und hier greifen Laufstil und körperliche Voraussetzungen Hand in Hand, benötigt es ein gewisses Grundtempo. „Ab einer Pace von 4:00 min/km und schneller kann man abhängig von Lauftechnik und Trainings-, aber auch Verletzungsvergangenheit über Carbon nachdenken“, rät der Profi und weiter: „Menschen suchen allgemein gerne nach Abkürzungen. Anstatt zu trainieren ziehe ich den Carbonschuh an und bin schneller. So funktioniert das aber leider nicht.“

Die „dynamische Mitte“
Motivierte Läufer im Nicht-Spitzenbereich, die für Intervalle oder Fahrtenspiele einen dynamischen, gut rollenden Schuh am Fuß haben wollen, empfiehlt Vojta, sich hier umzuschauen: Es gibt ein breites Feld an leichten, dynamischen „Lightweight-Trainern“ mit reaktiven Schäumen und sportlicher Auslegung. Mitunter bieten sie mit einfachen Kunststoffplatten ebenfalls einen optimierten Abdruck, ohne jedoch den Fuß zu stark zu belasten. Meist kommen sie aber ganz ohne Platte aus und sind damit auch für jedermann gut geeignet. „Wer nicht 4 min/km und schneller läuft, kann mit diesen Schuhen auch superschnelle Einheiten, Fahrtenspiele und auch Wettkämpfe laufen“. 

Wird regelmäßig trainiert, bietet es sich an, neben einem gut gedämpften Modell für Dauerläufe solch einen „Lightweight-Trainer“ zu kaufen. Nicht nur, so Vojtas finaler Rat, würde es dem Fuß guttun, sich an unterschiedliche Schuhe adaptieren zu müssen: „Es macht auch einfach Spaß, mit einem gut rollenden Schuh Tempo zu machen.“ 

Spitzenläufer Andreas Vojta im Interview: "Es braucht das konkrete Ziel vor Augen"
Andreas Vojta

Geb. am 9. Juni 1989, Mittel- und Langstreckenläufer aus Gerasdorf (NÖ). 2012 Olympia-Start über 1500 m in London; 49 österr. Meistertitel. Seit 2023 konzentriert er sich auf den Marathon mit Ziel Paris 2024.

Bestzeiten: 28:06,88 (10.000 m), Halbmarathon 1:02:30, Marathon 2:19:27.

Ebenfalls seit 2023 Miteigentümer der WEMOVE Runningstores in Wien.

Web: www.wemove.at