Pumpen ist wieder in. Fortsetzung unserer Serie „Legales Biken“ mit den Fragen: Wo lernen Kinder derzeit am schnellsten Balance und Körpergefühl? Und wie entsteht eigentlich so ein Pumptrack?

Christoph Heigl
Christoph Heigl


Klingt unlogisch, aber unsere fünfte Folge von „Legal Biken in Österreich“ spielt auf der schwarzen Verbindung von Gesteinskörnungen und Bitumen. Ja, auf Asphalt. Denn sie erfreuen mittlerweile die ganze heimische Radszene, die neuartigen Asphaltwellenbahnen, „Pumptracks“ genannt, die in ganz Österreich wie Schwam­merln aus dem Boden schießen. Gut, Schwammerln wachsen von selbst, wird unser Experte und Gesprächspartner gleich einwerfen. Bei Pumptracks muss man schon ein bisserl nachhelfen.

Wir sitzen an der Asphaltkante in der Zielkurve des neuen Pumptracks in Lebring, unsere Beine baumeln in die Schrägkurve hinunter und Georg Berger-Schauer streicht mit der rechten Hand fast zärtlich über den schwarzen Belag. „Schön ist er geworden“, meint er anerkennend, „sehr schön.“ Und von imposanter Größe. Immerhin zählt die Anlage südlich von Graz zu den größten Pumptracks Österreichs, eigentlich ganz Mitteleuropas. Gebaut hat sie Berger-Schauer als Projektleiter der aus der Pumptrack-Hochburg Slowenien stammenden Firma „Alliance“, Zweigstelle Kirchdorf (OÖ). Wenn Radfahrer oder Scooter-Fahrer drauf herumkurven, schaut es supereasy, spaßig und nach Flow in Vollendung aus. Bis dahin sind Planung und Bau aber schweißtreibende Knochen- und Handarbeit.

Die Technik


Durch die Gewichtsverlagerung sowie Be- und Entlastung zum richtigen Zeitpunkt entsteht über Oberkörper, Arme und Beine eine „Pump“-Bewegung und ein permanenter Schwung. „Wie auf einer Schaukel, wo man ohne Antauchen in Schwung bleibt“, sagt Georg Berger-Schauer. Beherrscht man die Technik am Rad, muss man nicht treten. Durchs „Pumpen“ hält man den Speed über die Wellen und durch die Anliegerkurven. Fortgeschrittene verwenden die Wellen auch zum Springen. Große Anlagen haben zudem eigene Jumplines.

Das ideale Rad: alles, was rollt. Vom Laufrad bis zum Mountainbike, vom Skateboard bis zum Scooter. Kleine 26-Zoll-Mountainbikes („Dirt­bikes“) haben sich für Sportliche als Wettkampfrad etabliert, es gibt eigene Rennserien.

Grundfläche: Etwa 600 Quadratmeter Grundstücksfläche sollten als Minimum zur Verfügung stehen, ab 1000 bis 1500 m2 gelten Anlagen als „groß“. Lebring hat 3500 m2. Als Faustregel gilt: Die Hälfte der Grundfläche wird später asphaltierte Fahrfläche, bei 1000 m2 also 500 m2 Fahrbahn.

Kosten: Kleine Anlagen lassen sich ab 60.000 Euro realisieren, große kosten bis 300.000 Euro, werden bei guter Projektierung aber von öffentlicher Hand (Land, Bund, EU) gefördert. Auch beim Preis eine Faustregel: Der Quadratmeter Fahrfläche kostet etwa 200 bis 230 Euro. Größere Pumptracks kosten in der Relation nicht viel mehr, weil wichtige Posten in der Initialplanung unabhängig von der Größe sind.

Bauphase: Rund 3 Wochen dauert die Errichtung eines kleineren Pumptracks, alles ist am Computer zentimetergenau gezeichnet und wird mit Lasermessung umgesetzt. Ist er gut gebaut, hält er ewig, die Erfahrungswerte sind aber noch nicht ausdifferenziert. „Der älteste asphaltierte Pumptrack Österreichs steht in Bad Ischl und wurde 2014 eröffnet, die ältesten überhaupt sind auch erst zehn Jahre alt“, weiß Berger-Schauer. „Ich würde meinen, ein gut gebauter Track macht sicher 30 Jahre lang keine Probleme in der Erhaltung.“ Wie spektakulär eine Baustelle im Timelapse-­Video ausschaut, findest du auf www.sportaktiv.com/biken.

Entscheidend für die Langlebigkeit ist zum einen die Entwässerung. Unsichtbar für den Benutzer sind unter der Anlage verrohrte Betonschächte vergraben, sämtliches Oberflächenwasser rinnt über Sickerpunkte in den tieferliegenden Grünflächen ab und versickert noch am Grundstück, was aktuell oft geäußerte Kritik an der „Versiegelung von Landfläche“ entkräftet. Supermarktparkplätze brauchen ein Vielfaches an Fläche. Zum anderen hat der Unterbau („Frostkoffer) eine tragende Rolle. Er wird mit Schotterschichten verdichtet, ehe 8 bis 10 Zentimeter dicker Spezial-Asphalt aufgetragen wird. Weil dann kein schweres Baugerät in die Anlage kann, wird jedes Kilo Asphalt mit Scheibtruhen gefahren und mit Rüttelplatten verdichtet. „Das sind viele Kilometer, viele Kilo.“ Bei großen Anlagen wie Lebring werden 280.000 kg Asphalt aufgetragen, das sind 4000 Scheibtruhenfuhren zu je 70 kg. Und wurde schon erwähnt, dass der Asphalt dabei 180 Grad heiß ist?

Zielgruppe: Ist alles fertig, ist ein Pumptrack in Sportplatz-, Siedlungs- und Schulzentrumsnähe ein idealer Spielplatz „für alle zwischen 2 und 70“, wie Berger-Schauer meint. Hier lernen Kleinstkinder mit dem Laufrad, fahren Schüler mit dem Skateboard oder Scooter, Jugendliche mit dem BMX, Skateboard, Hoverboard (und jeder Art von Fahrrad) und Könner mit ihren Dirt­bikes. Zehntausende Kilometer werden im Kreis gefahren, manche Pumptracks regelrecht gestürmt.

Zwei Aspekte sind zu unterstreichen: Die soziale Komponente ist extrem wichtig. „Der Große muss immer auf den Kleinen aufpassen. Der Schnelle auf den Langsamen. Das funktioniert in der Regel bestens und absolut stressfrei.“ Nirgends lernt man so schnell Körperbeherrschung und Balance und legt damit die Basis fürs spätere Radfahren oder Mountainbiken. „Die Entwicklung der Kids ist ein Wahnsinn. Nach wenigen Wochen springen sie dir um die Ohren.“ Auch wichtig: Bei Pumptracks im öffentlichen Raum, meistens im Gemeindebesitz, wird kein Eintritt verlangt, sie haben von Sonnenauf- bis -untergang offen und bedürfen keiner Art von Mitgliedschaft bei einem Klub oder Verein. „Einstiegshürden sind quasi nicht vorhanden. Mit einem Helm und irgendeinem fahrbaren Gefährt ist man schon dabei. Wo gibt es das noch?“ Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es in Österreich auch bereits überdachte Anlagen in Hallen gibt und einige nicht asphaltierte sogenannte modulare Anlagen mit Einzelelementen von Wellen und Steilkurven, die flexibel auf- und abbaubar sind.

Das attraktive Auf und Ab auf der Wellenbahn zieht auch Sportler aus anderen Disziplinen an. Es gibt Ideen, Pumptracks im Winter zu beschneien und für Skicrosser oder Boarder fahrbar zu machen, in Oberösterreich sind ein paar Crashed-Ice-Fahrer mit dem Plan vorstellig geworden, einen Pumptrack zu vereisen, um damit auf Eislaufschuhen im Kreis zu flitzen. Schräge Zukunft.

Pumptracks in Österreich (eine Auswahl)

Klagenfurt/Jumpworld.One: www.jumpworld.one/funsport-area/pumptrack-one

Weissensee: www.weissensee.com

Drobollach: www.lake.bike

Wien/Kaisermühlendamm: www.pumptrack.wien

Maria Enzersdorf: www.chaseme.at

Neunkirchen: www.pumptrack-neunkirchen.at

St. Corona: www.wexltrails.at

Kirchdorf: www.kremstal-trails.at

Maria Schmolln: www.kobernausserwald-mtb-arena.at

Bad Ischl: www.alpreif.at

Obertraun: www.obertraun.bsfz.at

Leogang: www.bikepark.saalfelden-leogang.com

Lebring: www.pumptrack-lebring.at

Eibiswald: www.radclub-eibiswald.at

Innsbruck/Mutters: www.innsbruck.info

Rattenberg: www.alpbachtal.at

Sölden: www.bikerepublic.soelden.com

Weiterführende Links:

www.lines-mag.at, www.enteralliance.com, www.pumptrack.com, www.velosolutions.com

Überblick modularer Anlagen:www.pz-pumptrack.at