3 gegen den Wolf. Was haben die Hobbyradler mit dem Rotkäppchen gemeinsam? Ganz klar: Auch sie fürchten sich vorm bösen Wolf! Dabei lässt sich der gefürchtete Brand in der Radlerhose relativ einfach verhindern – wenn das Dreigespann Sattel-Hose-Hinterteil keine Reibereien macht.


Die Vorfreude auf die lange sommerliche Radtour – möglicherweise sogar über mehrere Tage geplant – war riesengroß. Die Enttäuschung nach den ersten 70, 80 gefahrenen Kilometern ist es dann leider auch! Für viele Hobbyradler wird der Traum vom Radurlaub blitzartig zum schmerzlichen Alptraum – ein permanent brennendes Hinterteil lässt nun mal keinerlei Lustgefühl am „Erlebnis Radfahren“ aufkommen. Und neidvoll, aber vor allem ungläubig blicken die Gepeinigten dann auf die Radsportler, die tagtäglich 150 und mehr Kilometer scheinbar schmerzfrei auf ihren daumenbreiten Sitzbretteln dahinreiten.
SPORTaktiv-Radexperte Paco Wrolich, der selbst viele Jahre im Profizirkus radelte, weiß aber, dass da kein Geheimnis und kein Zaubertrick dahintersteckt – „es geht lediglich darum, dass die drei Komponenten Sattel, Gesäß und Hose optimal und im wahrsten Sinn reibungslos funktionieren.“ Die folgenden Ratschläge sollten dabei gute Dienste leisten.

1. DER SATTEL
Damit gleich klar ist: Auch der allerbeste und teuerste Sattel wird nichts nützen, wenn das Gesamtpaket Fahrrad nicht passt! Soll heißen: Grundvoraussetzung für ein schmerzfreies Sitzen ist eine ergonomisch passende Sitzposition auf dem Rad. „Und diese richtige Position“, sagt Paco Wrolich, „kann nur gegeben sein, wenn die entscheidenden Kriterien wie Sattelhöhe, Sattelstellung usw. auch wirklich optimal auf den Körper abgestimmt sind.“
Ist das Rad angepasst, kann man sich um die Wahl des richtigen Sattels kümmern – und dazu beantworten wir gleich die zwei wichtigsten Fragen:

WELCHE BREITE SOLL DER SATTEL HABEN?

„Es ist ein Irrglaube, dass man auf einem breiten Sattel bequemer sitzt“, erklärt Paco und verweist auf die extrem schmalen Sättel der Profis. Entscheidend für guten Sitzkomfort ist einzig und allein, dass deine „Sitzbeinhöcker“ (die beiden Auswölbungen des Beckenknochens) exakt auf den Sattelpolstern aufliegen. Damit das individuell passt, wird idealerweise beim Kauf eines Sattels der Abstand deiner Sitzhöcker vermessen – und danach die passende Sattelbreite ausgewählt.

HART ODER WEICH - WAS IST BESSER?

„Ein weicher Sattel mag ja bei kurzen Stadtfahrten gemütlich sein – für lange Radtouren sind sie untauglich.“ Die logische Erklärung: Ist die Polsterung zu weich, sinken die Sitzknochen zu tief ab – und das ganze Gewicht lastet bald auf den empfindlichen Weichteilen!
Zudem sind Sättel mit dicker und breiter Polsterung häufig auch die Ursache für schmerzhafte Scheuerungen an den Oberschenkel-Innenseiten. Pacos Tipp: „Vor der Auswahl unbedingt mehrere Sattelmodelle auf längeren Fahrten ausprobieren. So findest du am sichersten das Modell, das dir passt – und bei dem du dann wahrscheinlich auch ein Radlerleben lang bleibst.

EINE FRAGE DER EINSTELLUNG
Ein richtig angepasstes Rad verhindert Schmerzen, so weit so gut. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man heikle Umbauten lieber einem Spezialisten überlassen. Bei der Satteleinstellung kannst du allerdings selbst in drei Dimensionen feinjustieren:

SATTELHÖHE
Fakt ist: Die meisten haben ihre Sättel zu tief eingestellt, weil sie sich sicherer fühlen, wenn sie mit den Beinen leicht den Boden erreichen. Ist aber der Sattel zu niedrig, ermüden die Beine schneller – und damit drückt wiederum mehr Körpergewicht auf Sattel bzw. Gesäß.
So passt die Höhe: Setz dich in den Sattel und stell eine Kurbel ganz nach unten. Wenn du nun deine Ferse auf das Pedal stellst, sollte das Bein praktisch ganz durchgestreckt sein.

SATTELNEIGUNG
Der Sattel sollte nie nach vorn oder hinten geneigt sein, sondern genau waagrecht stehen. Prüf es einfach mit einer Wasserwaage nach.

SITZLÄNGE UND LENKERHÖHE
Hier muss jeder seinen Kompromiss zwischen Aerodynamik und Komfort finden. Je tiefer (und damit sportlicher) dein Oberkörper nach vorgebeugt ist (hoher Sattel/tiefer Lenker), umso mehr Druck lastet auf Schultern und Armen. Andererseits drückt bei einer aufrechten (und damit gemütlicheren) Sitzposition mehr Gewicht auf den Sattel und damit auf das Gesäß.

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2. DAS GESÄSS

Auch hier räumt Paco vorweg mit einem Märchen auf: „Auch den Profis schmerzt nach einer längernen Trainingspause der Hintern!“ Was unser Experte damit sagen will: „Unser Gesäß ist ein Muskel – und Muskeln müssen immer erst an Bewegungen gewöhnen. Deswegen tut der Hintern bei den ersten Ausfahrten auch allen weh – den Hobbyradlern genauso wie den Profis. Das ist das gleiche wie bei einem Muskelkater. Aber bereits nach drei Ausfahrten innerhalb einer Woche mit einer Länge von jeweils 60 Kilometern hat sich der Gesäßmuskel an die Belasstung gewöhnt.“ Dieser Vorbereitungstipp gilt logischerweise auch für alle Freizeitradler, bevor sie sich erstmals auf eine längere Radtour begeben.
Genauso wichtig wie das Auftrainieren des Gesäßmuskels ist aber auch die regelmäßige und gewissenhafte Pflege des „Sitzfleisches“: Unser Experte Paco selbst hat zwar trotz der 40.000 Kilometer, die er pro Jahr im Sattel gesessen ist, nie eine Sitzcreme verwendet – „aber es gibt viele Profis, die sofort Ausschlag oder auch Abszesse bekommen, wenn sie eine Radhose ohne Sitzcreme anziehen.“ Während früher mit Vaseline, Melkfett oder Hirschtalg geschmiert wurde, gibt es auf dem Markt moderne Gesäßcremen, die nicht nur bei bereits entzündeten Stellen kühlend und desinfizierend wirken, sondern die durch ihren zarten Schutzfilm schon präventiv auf die empfindlichen Hautstellen einwirken und widerstandsfähiger machen. Auch hier gilt wiederum: Welches Produkt man am besten verträgt, muss bereits lange vor einer Radtour im Training ausgetestet werden, um etwaige unliebsame Überraschungen (wie Allergien etc.) zu vermeiden.
Von ganz entscheidender Bedeutung für das strapazierte Radler-Hinterteil ist aber logischerweise die Körperpflege: „Nach jeder Radtour geht’s so rasch wie möglich unter die Dusche, weil Staub und Schweiß ganz schnell für Hautrötungen und -entzündungen sorgen können.“

3. DIE HOSE
Immer unten ohne! Das ist die ersteund wichtigste Botschaft von Paco Wrolich an alle Hobbyradler und vor allem auch an das radelnde weibliche Geschlecht, wenn es um das Thema Radlerhose geht. „Immer wieder höre ich von Hobbyradlern, dass sie ,aus hygienischen Gründen‘ unter der Bikehose noch eine Unterwäsche tragen. Das aber ist völlig kontraproduktiv, weil damit alle Vorzüge einer guten Radhose verloren gehen.“
Einer der wichtigsten Pluspunkte von modernen Radhosen ist nämlich ihre „Naht- und Faltenlosigkeit“ – das heißt: Speziell ihre Sitzpolster werden so geschneidert, dass auf der Sitzfläche keine Naht und keine Falte vorkommt, die womöglich die Haut wundscheuern könnten. „Genau dieser Vorzug geht aber verloren, wenn man zwischen Hose und Haut eine herkömmliche Unterhose trägt, die wiederum Falten und Nähte hat“, sagt Paco, der auch von speziellen Radlerunterhosen nichts hält. „Wer es mit Hygiene, wie vorher beschrieben, und mit der Sauberkeit der Radhose (siehe Kasten) genau nimmt, braucht keine Extra-Radunterhose. Der beste Beweis ist doch: Ihr werdet nie Profis sehen, die sowas tragen. Und die wissen genau, was das Beste für sie ist.“

DIE QUALITÄT DES SITZPOLSTERS
... ist das entscheidende Kriterium, das auch den Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Radlerhose ausmacht. „Es heißt zwar im Fachjargon noch immer Innenleder“, erklärt Paco Wrolich, „ist aber schon lange kein Leder mehr, das viel zu pflegeintensiv wäre. Heute werden diese Sitzpolster aus Synthetik hergestellt, sind damit viel strapazierfähiger und pflegeleichter.“
Nicht täuschen lassen: Auch bei billigen Radlerhosen aus dem Supermarkt fühlt sich der Sitzpolster weich und komfortabel an – allerdings besteht er oft nur aus weichem Schaum gummi. Diese Polster sind schon nach kurzer Zeit flachgedrückt, verlieren – im Unterschied zu qualitativ hochwertigen Produkten – bereits nach einigen Waschgängen völlig ihre dämpfenden Eigenschaften.

MIT ODER OHNE TRÄGER?
Auch da ist die Antwort unseres Experten ganz klar: „Radlerhosen sollten Träger haben. Denn damit sitzt die Hose eindeutig besser, kann nicht verrutschen. Vor allem aber schützt der hochgezogene Rückenteil vor Zugluft und Kälte. Aufpassen bloß: Trotz der Träger muss die Hose genau die richtige Größe haben, denn sonst könnten wieder Falten entstehen, die dann womöglich scheuern.“ Mach beim Kauf diesen Test: Im Stehen sollten die Hosenträger straff über den Schultern spannen – gehst du dann in Sitzposition, wirst du merken, dass die Hose in dieser gebückten Haltung (und damit auch auf dem Rad) perfekt passt.

EIN BEINABSCHLUSS
... mit Silikonbeschichtung oder eingewebten Gummifäden sorgt schließlich dafür, dass die Hosenbeine nicht hochrutschen.

PFLEGETIPPS FÜR DIE RADLERHOSE
Erster Waschgang: Wer sich eine neue Radlerhose zulegt, sollte diese vor der ersten Ausfahrt gleich einmal in die Waschmaschine geben (Waschanweisungen auf dem Etikett beachten!). Denn damit werden etwaige Chemikalien, die Hautirritationen hervorrufen könnten, rausgewaschen. Grundsätzlich gilt: Vorsicht mit dem Waschmittel – funktionelle Sportbekleidung braucht auch spezielle Pflegemittel.
Regelmäßiger Waschgang: Der muss nach jedem Einsatz erfolgen. Soll heißen: Auch auf einer mehrtägigen Radtour wird die Bikehose nach jeder Tagesetappe kurz bei einer Handwäsche mit lauwarmem Wasser ausgespült. Denn dadurch werden Schweiß, Staub oder auch Rückstände von Cremen, die leicht Entzündungen hervorrufen oder auch das feine Material beschädigen können, entfernt.
Gut trocknen lassen: Vor dem Wiederverwenden muss vor allem das Sitzpolster vollständig ausgetrocknet sein. Denn feuchte Polster sind ein guter Nährboden für Bakterien und Pilze, die wiederum speziell bei wunder Haut zu Entzündungen führen können.
Wechselhose: Wer auf eine Mehrtagestour geht, sollte in jedem Fall eine zweite Radlerhose mithaben. Damit ist saubere Kleidung garantiert, falls es einmal doch nicht mit dem Waschen klappen sollte.


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