1500 Höhenmeter aus eigener Kraft? Mit etwas Struktur im Training und ein paar Tipps des zweifachen Olympiastarters Christoph Soukup klappt das auch ganz ohne „E“.
Mountainbikes, frei aus dem Amerikanischen als „Bergfahrräder“ übersetzt, bewegen sich gemäß ihrer Nomenklatur bevorzugt in bergigem Terrain. Ob durch den Wald zum Traileinstieg, entlang einsamer Forstwege ins Almgebiet oder zurück in den Talschluss und hoch zum Joch – unverrückbar ist das Bergauf, sind die gesammelten Höhenmeter Teil des Mountainbikens. Umso mehr Höhenmeter, desto größer das Abenteuer, desto weiter der Blick. Doch wie die Kilometer verlangen auch die Höhenmeter nach Ausdauer und Kraft. Wir haben beim zweifachen XCO-Olympiastarter, zigfachen österreichischen Meister und studierten Sportwissenschafter Christoph Soukup nachgefragt, was es braucht, um die ersten eigenen 1500 Höhenmeter am Stück zu schaffen.
Wo bin ich und wo möchte ich hin
Ganz klar, wer ein studentisches Zeitbudget mitbringt und viele Stunden im Sattel sitzend ziellos durch die Landschaft radelt, der wird früher oder später auch fit genug für seine ersten 1500 Höhenmeter sein. Diktiert der Alltag aber einen strafferen Zeitplan, lassen familiäre und berufliche Verbindlichkeiten wenig(er) Luft für ausgedehnte Touren, ist Planung Trumpf. Für Soukup beginnt der Weg immer mit einer sogenannten Erhebung des Istzustandes. Moderne Leistungstests geben Aufschluss über den eigenen Fitnesszustand, zeigen vorhandene Stärken und Schwächen auf und erlauben es, individuelle Trainingszonen zu definieren. Danach gilt es ehrliche und realistisch Ziele zu definieren. „Ich möchte 1500 Höhenmeter fahren können“, das ist für den Sportwissenschafter sehr allgemein definiert. Besser: eine Tour aussuchen, die man gerne schaffen würde, und anhand deren Profil seine Ziele bzw. Teilziele setzen.
Der Hintergrund dafür liegt in den vielen Variablen, welche Höhenmeter mit sich bringen. Ist die Route stetig leicht steigend oder eher wellig und mit steilen Rampen gespickt? Gilt es die vertikale Distanz am Stück zu überwinden oder verteilt sie sich über mehrere Anstiege mit längeren Zwischenabfahrten und wie viele Kilometer sammeln sich bis zum höchsten Punkt an? 1500 Höhenmeter können sich auf 15 Kilometer oder auch 75 Kilometer verteilen – die Belastung auf den Körper ist dabei entsprechend starken Schwankungen ausgesetzt. Dazu bringt Soukup noch das Thema Untergrund ins Spiel. Glatter Asphalt und feiner Schotter sparen Energie, grobschottrige Forststraßen und Naturwege mit Wurzeln und Stufen kosten deutlich mehr Kraft.
Mit Struktur
Kennt man sein Ziel, kann man sich daranmachen, seine Vorbereitung zu strukturieren. Völlig ohne Vorwissen ist sportwissenschaftliche Beratung sicherlich eine gute Anlaufstelle. Grundlegend sind vor allem kontinuierliches Training und Durchhaltevermögen in Richtung Zielsetzung für den Erfolg wichtig, weiß der Profi. Elementarer Bestandteil im Trainingsalltag selbst sollte das Trainieren der Ermüdungswiderstandsfähigkeit sein. Diese lässt sich am besten mit gefühlt lockeren Ausfahrten im Grundlagenausdauerbereich verbessern. Als Laie mag man es nicht glauben, aber dies ist auch exakt jener Bereich, in dem professionelle Sportler den Großteil ihrer Trainingszeit verbringen.
Zweiter wichtiger Baustein ist für Soukup die intensive bis hochintensive Komponente. Geplante Intervalle wie z. B.: 4 x 4 Minuten mit 4 Minuten aktiver Pause oder gezielt in die Ausfahrt eingebaute steile und fordernde Anstiege sollten ca. zweimal pro Woche eingeplant werden, der Rest des Trainings wirklich im Grundlagenbereich stattfinden. Je nach Trainingsziel lässt sich hier die Gewichtung dabei variieren, je nachdem, wo man sich gerade verbessern möchte. Die kurzen, intensiven Einheiten lassen sich perfekt als kurze Einheit in den Wochenalltag integrieren, längere Ausfahren eignen sich für die Wochenenden. Wichtigster Rat: „bewusst langsam fahren im Grundlagenbereich und Regenerationstage bzw. Regenerationswochen planen – das bringt auf lange Sicht Erfolg“.
Steuerinstrumente
Strukturiertes Training funktioniert nur über Steuergrößen und entsprechende Steuerinstrumente. Im Radsport hat sich in den letzten Jahren immer stärker die Wattleistung in den Vordergrund gedrängt. Sogenannte Powermeter an Kurbel oder Pedal messen dabei die aktuell erbrachte Leistung und erlauben so eine sehr präzise und verlässliche Einschätzung und Steuerung der Belastung. Nach wie vor setzen auch viele Hobbysportler auf die bewährte Herzfrequenzmessung. Moderne Fitnessuhren erlauben dies sogar schon direkt am Handgelenk, beim Radfahren empfiehlt sich aber nach wie vor die Verwendung eines Brustgurtes. Doch auch ohne (teures) technisches Gerät lässt sich das Training mit etwas Erfahrung und Körpergefühl recht gut steuern. Über die Atmung –kann ich mich noch unterhalten (Grundlage) oder keuche ich schon zu stark (Entwicklungsbereich) – lässt sich hier genauso einiges abschätzen wie über die zehnstufige RPE-Skala: Stufe 1 bedeutet keine besondere Anstrengung, 4 bis 6 sind schon etwas fordernder, ab Stufe 7 wird es richtig anstrengend und bei 10 ist das Limit erreicht.
Psychologische Tricks
Ein selbst im Hobbysport nicht zu unterschätzender Faktor ist für Soukup die Psyche. Mentale Unterstützung kann vielfältig sein und enorme Reserven mobilisieren. Gemeinsames „Leiden“ und gegenseitiges Anspornen können hier genauso motivierend sein wie die Vorfreude auf eine selbstversprochene „Belohnung“ oben am Berg oder neues, leichteres Material. Das Wichtigste ist für den Profi aber immer die Freude an dem, was man tut.