Outdoor-Schuhe für den Einsatz unterhalb der Baumgrenze präsentieren sich aktuell vielseitiger denn je. Warum sie „den Klassikern" trotzdem nicht den Rang ablaufen, hat uns Christoph Döttelmayer von Dachstein erklärt.


Ob für gemütliche Wanderungen auf der Ebene, ausgedehnte Touren im mittelschweren Gelände oder für ambitionierte Bergexpeditionen mit Gletscherüberquerung – noch nie war die Auswahl an funktionellen Alpin-, Wander- und Outdoor-Schuhen so groß wie heute. Auffällig dabei: Immer mehr Naturliebhaber verzichten bei Ausflügen im weniger anspruchsvollen Gelände auf die Stabilität „schwerer Treter", und greifen stattdessen zu leichteren Alternativen.

„Bei Hobbysportlern, die nicht gerade hochalpin unterwegs sind, ist ein Trend zu niedrigeren und vielseitig einsetzbaren Schuhen zu erkennen", weiß Christoph Döttelmayer, Foot­wear-Designer beim Salzburger Outdoor-Spezialisten Dachstein. Befeuert wird dieser Trend mitunter durch den wachsenden Wunsch nach mehr Leichtigkeit, der sich in den vergangenen Jahren auch beim Material in anderen Sportarten durch die Bank bemerkbar macht.

Inspiration und technisches Know-how kommen bei den jüngsten Innovationen unter anderem aus dem Laufsport. „Vor allem durch Entwicklungen in den Bereichen Material und Fertigungstechnik ist heute vieles möglich, was vor ein paar Jahren noch unvorstellbar war. Deshalb haben wir analysiert, welche Aspekte von aktuellen Lauf- bzw. Trailrunningschuhen für uns interessant sind, und wie man diese weiterentwickelt, so dass sie auch für unsere Zwecke zu gebrauchen sind", so Döttelmayer.

Ein Beispiel dafür ist Dachsteins neuer „Spürsinn Evo", der dank gestricktem Schaft für zusätzliche Stabilität und Schutz der Knöchel sorgt, sich dabei aber anfühlt wie ein Halbschuh. „Das Strickmaterial ist wegen der benötigten Stabilität bei unseren Schuhen in etwa doppelt so dick wie das bei den aktuellen Laufschuhen der Fall ist. Einen Vorteil bringt das Funktionsgewebe aber nicht nur beim Gewicht, sondern auch in Sachen Druckstellenverminderung, da bei dieser Fertigungstechnik auf Nähte weitgehend verzichtet wird", erklärt der Schuh-Designer.

ALLES NEU? NICHT GANZ!
Bei aller Innovation behält das Traditionelle trotzdem seinen wohlverdienten Status in der Branche. Döttel­mayer: „Die traditionellen Lederstiefel wird es immer geben. Zwar können heute auch Kunststoffe so bearbeitet werden, dass sie über die fürs Einsatzgebiet notwendige Steifigkeit verfügen. Gerade in puncto Stabilität und Abriebfestigkeit hat Leder aber immer noch eine Bedeutung, die nicht zu unterschätzen ist."

Wichtigste Kriterien bei der Schuhwahl bleiben somit immer noch Einsatzgebiet und körperliche Voraussetzung des jeweiligen Trägers. „Wenn man sich in verhältnismäßig einfachem Gelände eher gemütlich bewegt, und selbst über die notwendige Kraft und Stabilität im Sprunggelenk verfügt, muss es nicht unbedingt ein hoher Schuh sein. Auf der anderen Seite ist es auch keine Schande, wenn man sich in stabilen Stiefeln schlichtweg wohler fühlt", stellt der Dachstein-Designer klar.

"ATHLEISURE" - WAS IST DAS?
Einen weiteren Trend, der aktuell besonders bei Laufschuhherstellern für wachsende Umsätze sorgt, ortet man bei Dachstein im sogenannten „Athleisure"-Bereich. Das bedeutet, dass funktionelle Schuhe so designt werden, dass sie auch zur Alltagskleidung getragen werden können. Döttelmayer: „Der modische Aspekt wird immer wichtiger. Neben den Klassikern brauchst du heute, um konkurrenzfähig zu bleiben, auch stylische Modelle mit frischen Farben in deinem Repertoire."

In diesem Segment sind besonders Multifunktions-Lösungen angesagt. Denn trotz aller Spezialisierung in den einzelnen Nischen des Berg­sports wollen viele Hobbysportler ein unkompliziertes Allround-Modell für unterschiedliche Einsatzgebiete. Vom Aussehen allein sollte man sich beim Neukauf aber nicht überzeugen lassen. „Als Designer freut es mich natürlich, wenn den Leuten meine Schuhe optisch zusagen. Trotzdem: Was auch immer man mit seinen Schuhen vorhat – die richtige Passform zu finden ist für lang anhaltenden Tragekomfort am wichtigsten", gibt Döttel­mayer zu bedenken.

WIE SPEZIELL DARF'S SEIN?
Obwohl seit einigen Jahren mehr „Allround-Schuhe" über die Ladentheke wandern, als dies früher der Fall war, bedeutet dies nicht das Ende für Modelle mit klarem Einsatzgebiet. Hier kommt wiederum die Beratung durch den Fachhändler ins Spiel. Denn die Unterschiede bei der Konstruktion sind – wenn für den Laien auch nicht immer auf den ersten Blick erkennbar – von besonderer Bedeutung.

Ein Beispiel: Nicht jeder Schuh, dessen Schaft über den Knöchel reicht, eignet sich für hochalpines Gelände. So verfügt ein alpiner Bergschuh im Vergleich zu einem klassischen Hikingschuh über einen nochmals deutlich höheren Schaft, bessere Wärmeisolierung und eine härtere Sohle, die das Anlegen von Steigeisen ermöglicht. Wird ein Schuh nicht den Ansprüchen der jeweiligen Unternehmung gerecht, bedeutet dies bestenfalls mangelhaften Komfort, schlimmstenfalls deutliche Abstriche in Sachen Sicherheit.

Aber kein Grund zur Sorge: Wie bei allen Neuanschaffungen gilt auch hier, etwas Zeit mitzubringen und die Beratung im guten Fachhandel in Anspruch zu nehmen. Damit findet man garantiert den Richtigen!