Der Markt der Minimal Assist-Bikes wächst – und scheint auch immer mehr E-Skeptiker zu bekehren. Was die leichten und unscheinbaren E-MTBs ausmacht.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

E-MTBs müssen bärenstark im Drehmoment und schwer im Gewicht sein? „Wer meint, dass man nur mit starken Motoren auf den Trails Spaß haben kann, der irrt“, ist sich Tim Rimbach von BH Bikes sicher. ­Minimal Assist oder Light E-Bikes sind aktuell ein großer Hype – „ ein aktuelles Minimal Assist Bike hat zwar weniger Leistung, dafür aber auch deutlich weniger Gewicht, ein natürliches Fahrgefühl und damit einhergehend einen Performance-­Gewinn. Ein Unterschied zum normalen MTB ohne Motor ist hier kaum noch sichtbar oder im Fahrgefühl spürbar“, fasst Rimbach den Trend zum Minimal Assist- oder Light E-MTB in klare Worte. ­Gerade die schlanke Optik und sanfte Unterstützung sind es, die laut unserem zweiten E-Experten Alexander Steurer von Simplon auch immer mehr E-Bike-Kritiker vom Konzept überzeugen.

Versuch einer Klassifizierung
Im Herzen der Minimal Assist-­Bikes schlagen typischerweise Mittelmotoren mit reduzierter Leistung und geringerem Drehmoment um die 35 bis 60 Nm, was sich einerseits in einem besonders natürlichen Fahrgefühl mit „sanfter Unterstützung“ und entsprechend auf dieses Gefühl ausgelegter Software, zusätzlich auch im reduzierten Gewicht auswirkt. Gleichzeitig werden Akkus mit reduzierter ­Kapazität (etwa 180 bis 360 Wh) verbaut, was sich ebenfalls in deutlich reduziertem Gewicht niederschlägt und gleichzeitig in Allianz aus schlankem Motor und Akku eine nahezu unsichtbare Integration im Rahmen ermöglicht. Gerne setzen die Hersteller bei den Minimal Assist-Bikes auch auf Carbon als Rahmen-Werkstoff, was teils das Gesamtgewicht in beeindruckende Sphären drückt. Im High-End-Trail-Bereich sind hier bis zu 15 kg drin – die Masse der (leistbaren) Modelle bewegt sich je nach Federweg und gedachtem Einsatzzweck um die 18 kg. Klassische Motorenvarianten in diesem Produktfeld sind der BH-hauseigene BH2EXMAG. Gen 2, Bosch SX, Fazua Ride 60, TQ HPR50 oder der Specialized SL 1.2. Vereinzelt gehen Hersteller, wie etwa Hohe Acht mit dem Amunza Monto (Full-Power Shimano EP8 Antrieb plus kleine 360 Wh Batterie ergibt 18 kg in Größe Small) eigene Wege, das Gros der Hersteller bleibt aber dem oben beschriebenen Gesamtkonzept treu.

Ein E-Bike mit 15 Kilogramm? Dank Minimal Assist Konzept bei entsprechendem Budget durchaus möglich.

Die Zielgruppe
Alexander Steurer wie auch Tim Rimbach sehen die Zielgruppe für die Bikes sehr ähnlich. „Sportliche Biker, die sehr wohl mit eigener Muskelkraft vorankommen möchten, punktuell aber gerne Unterstützung in Anspruch nehmen, dazu auch Fahrer, die sich gerne an sehr technischen Abfahrten versuchen“, ortet Steurer als typische Käufer. Zweitere, so seine Einschätzung, profitieren vor allem vom leichteren Gewicht der Bikes, was das Handling spielerischer und einfacher macht und etwa spezielle Techniken wie Hinterrad-Versetzen erleichtert. Insgesamt ergibt sich ein sportliches, agiles Fahrverhalten wie bei einem Trail- oder Enduro-Bike, nur eben mit der Möglichkeit, durch die Extra-Power des Antriebs in Summe mehr Höhen- und somit auch mehr Tiefenmeter mitnehmen zu können.

Worauf beim Kauf achten?
Ganz klar, auch ein E- oder Minimal Assist Bike muss in seiner Rahmengröße und in Details wie Vorbaulänge und Lenkerbreite zu eurer Anatomie und eurem Fahrstil passen. Alexander Steurer empfiehlt auf eine moderne, lange Geometrie mit niedriger Überstandshöhe zu achten, Sattelstützen mit großem Verstellbereich sind für ihn ein Muss. Die Option, einen Range-Extender-Akku für Zusatz-Reichweite verbauen zu können, sieht er als empfehlenswertes Plus. Für Tim Rimbach spielt auch die Optik eine große Rolle beim Kauf. Wer nicht wenig investiert, der soll sich auch ästhetisch angesprochen fühlen. Technisch empfiehlt Rimbach Wert auf standfeste Bremsen (am besten Modelle mit vier Kolben und ausreichend groß dimensionierten Bremsscheiben von zumindest 200 mm Durchmesser; Anm.) sowie auf ein gutes Fahrwerk zu legen. Tipp: Lasst euch das Fahrwerk unbedingt auch vom Profi einstellen.