Sie sind mehr als simple Läufe, fordern Ganzkörperpower und Teamgeist und bieten eine eigene Stimmung. Mit unseren ­Profi-Tipps sollte sich auch der Muskelkater nach einem Obstacle Course Run oder Dirtrun in Grenzen halten.

Christof Domenig
Christof Domenig


Weil man sich offiziell dreckig machen darf und es nicht nur um eine einzelne Anforderung geht, sondern um eine komplexe Anforderung: Man braucht Ausdauer, Kraftausdauer und Kraft, Koordination, Technik, Mut und muss den inneren Schweinehund überwinden. Es geht bei diesen Läufen aber auch darum, ­gemeinsam statt einsam etwas zu schaffen: Man kann sich auf unterschiedlichsten Leistungsniveaus befinden und von ganz unterschiedlichen Sportarten kommen, trotzdem gemeinsam zum Event hinfahren und den gleichen Erlebniswert haben. Man kann auch unterschiedlich gut sein und das Rennen dennoch mit einem Partner bestreiten, dann kommt vom Stärkeren eben der größere Teil des Krafteinsatzes.“ Veronika Windisch, sportliches Multitalent bis Olympia-Niveau und mehrfache Siegerin des Erzberg Dirtruns über die 8-km-­Distanz, fallen eine Menge guter Gründe für die Teilnahme an einem der modernen Hindernisläufe, den „Obstacle Course Runs“ (OCRs) ein. Wobei für sie selbst in der Eliteklasse etwas andere Regeln gelten: Hier ist gegenseitiges Helfen an Hindernissen nicht erlaubt bzw. führt zur Zurückstufung in die „offene“ Klasse. In der Letztgenannten gehört Teamwork dagegen zum guten Ton. Viele treten zu zweit oder als Team an und bleiben während des Rennens zusammen, um sich wechselseitig über das, was im Weg steht und liegt, hinwegzuhelfen.  
 

Tipps für die Vorbereitung
Mit der Steirerin haben wir schon einmal eine Story mit konkreten Übungen zur Vorbereitung auf dieses Rennformat gemacht und diese Story hat unverändert Gültigkeit. Ergänzend zu diesem „Mitmach-­Programm“ wollen wir aber hier nützliche Ratschläge von Veronika Windisch sowie vom Salzburger Berni Dahel, der das „Predator Race“ nach Neukirchen am Großvenediger gebracht hat, weitergeben.

„Neben einem Lauftraining sollte man versuchen, rundum möglichst fit zu sein“, rät der Salzburger allen OCR-Neulingen zur Vorbereitung. „Speziell die Griffkraft sollte man trainieren, zum Beispiel durch Hängeübungen, bei denen man die Zeit stoppt und versucht, sukzessive länger durchzuhalten. Die Beine sind auch wichtig und vor allem, was viele vernachlässigen: Rumpfkraft und Körperspannung. Bauch und Rücken arbeiten bei jedem Hindernis mit.“

Koordination und Schnellkraft für Sprünge sind ebenso gefordert, ergänzt Windisch. Als Trainingsgelände bieten sich beispielsweise Outdoor-Fitnessanlagen an, wie sie in den urbanen Räumen in den letzten Jahr vielerorts entstanden sind. Eine Boulderhalle ist eine andere sehr gute Möglichkeit. Aber auch an gewöhnlichen Spielplätzen finden sich oft Klimmzugstangen und ein Gerüst zum Rüberhangeln – ein Klassiker, der bei fast jedem Hindernisrennen mit dabei ist.

Eine Slackline zu nutzen ist ein weiterer, simpler Tipp von Berni Dahel. Koordinative Herausforderungen zu meistern, sollte man auch im ermüdeten Zustand hinbekommen, ergänzt Windisch. Lauf- und Krafttraining in gemeinsamen Einheiten zu kombinieren, sieht die Steirerin durchaus als sinnvoll an – etwa nach jedem Laufkilometer eine Übung einzubauen. Zwei bis drei Monate, so die Empfehlung unserer beiden Profis, sollte man sich auf das Erlebnis vorbereiten.

„Dril“, „Brutal“ oder „Masakr“: Zumindest beim „Predator Race“ klingt jede Distanz irgendwo martialisch. Das gehört zum Image dieser Läufe – in Wahrheit soll der Spaß nicht zu kurz kommen. Wer grundsätzlich sportlich ist und sich vorbereitet, findet eine passende Distanz, sagt Dahel. Neben Kilometern und Höhenmetern ist es üblich, die Anzahl der Hindernisse in den Ausschreibungen anzugeben. Diese genau zu lesen und Hindernisbeschreibungen im Vorfeld zu studieren, kann helfen, um sich für die passende Distanz zu entscheiden.

... und Tipps für den Lauf
Beim Lauf selbst? Braucht es einmal gutes Schuhwerk, abgestimmt auf die Verhältnisse beim jeweiligen Event (Trail oder Straße). Die neuesten Schuhe sollten es aufgrund üblicher Wasser- und vor allem Schlammpassagen nicht sein. Dasselbe gilt für Shirt und Hose, im Eifer des Gefechts kann man schon einmal wo hängenbleiben. Fitness-Handschuhe zu tragen, ist sicher eine Empfehlung wert. Bei den langen Predator-Distanzen sind nicht wenige mit Trinkrucksack unterwegs, so Dahel, auch wenn es wie bei jedem gewöhnlichen Lauf­event Labestationen gibt.

Das Aufwärmen sollte unbedingt auch Rumpf und Oberkörper einbeziehen, das kann gern kurz, aber knackig gehalten werden. Sich realistisch nach Können in den Startblock einzuordnen, sollte sich von selbst verstehen. Veronika Windischs Tipp: Wenn dennoch im Rennen jemand drängelt, einfach vorlassen. Ansonsten gilt bei etwaigem Anstehen an Hindernissen: Wer zuerst da ist, darf zuerst. Da ein „echtes“ Üben der konkreten Hindernisse im Vorfeld in der Regel nicht möglich ist, sind auch gewisse Problemlösungsqualitäten gefragt.

Sich gegenseitig zu helfen, ist außerhalb der Eliteklassen wie schon erwähnt üblich und wenn ein Hindernis partout nicht gelingt, dann gibt es von den Veranstaltern meist eine (zeitraubende) Ersatzvariante. Bei allem Adrenalin und Laktat, das freigesetzt wir: Verbissenheit ist bei den OCRs und Dirtruns fehl am Platz, Spaß haben ist das Motto. Und das gilt für das gesamte Event-Wochenende. Unsere „Top 20“ OCRs findet ihr gleich im Anschluss – sucht euch eure Herausforderung! 

MMag. Veronika Windisch
MMag. Veronika Windisch

Zweimalige Olympia-Teilnehmerin im Short-Track-Eisschnelllauf, erfolgreich in zahlreichen Sportarten. Die Sportwissenschafterin und AHS-Lehrerin gewann bei jedem ihrer Antritten beim Erzberg Dirt-Run (St). 

Web: www.erzbergsport.at

Laufen plus
Berni Dahel

Initiator des seit 2019 auch in Österreich ausgetragenen, ursprünglich in Tschechien konzipierten „Predator Race“ in der Wildkogel Arena in Neukirchen am Großvenediger (S).

Web: www.predatorrace.at