Gut, dass wir darüber gesprochen haben! Für SPORTaktiv führt Axel Rabenstein seit sechs Jahren Interviews mit Spitzensportlern. Dabei erfuhr er viel über deren Erfolgsrezepte. Nun halfen ihm genau die Tipps der Profis, beim IRONMAN 70.3 in Zell am See seinen ersten Triathlon zu bewältigen.
Im Juni 2007 sprach ich mit Faris Al-Sultan für dieses Magazin, das damals noch TopTimes hieß. Der Deutsche hatte zwei Jahre zuvor den Ironman auf Hawaii gewonnen – und mir erschien es damals vollkommen absurd, nach einem Überlebenskampf im Wasser und einer halben Ewigkeit auf dem Rad noch einen Marathon zu laufen. Aber ein Satz von Faris ließ mich aufhorchen: „Ich habe mit dem Triathlon begonnen, weil ich hart werden wollte. Hart zu mir selbst. Das war und ist mein Ansporn …“
Das hörte sich gut an. Und seit diesem Interview hielt ich es für möglich, eines Tages selbst einen Triathlon in Angriff zu nehmen – bis es im Herbst 2012 im Rahmen einer Wette konkret wurde: Beim „Ironman 70.3“ in Zell am See würde ich am 1. September 2013 gegen einen guten Freund – und vor allem gegen mich selbst antreten.
Es blieb mir genau ein Jahr, um die mentale und körperliche Fähigkeit zu erlangen, an diesem Tag zu bestehen.Einen Halbmarathon war ich schon gelaufen, mehr Respekt flößte mir das Schwimmen ein, hatte ich mich doch bisher eher aufs Baden konzentriert. Und mein letztes eigenes Fahrrad besaß ich vor 20 Jahren, um damit in die Schule zu fahren …
Noch im Herbst 2012 begann ich, meine Laufeinheiten zu intensivieren,gleichzeitig verbrachte ich auf dem Hometrainer im Fitnessstudio meine ersten Stunden im Dienste der Grundausdauer. Das machte nicht immer Spaß, aber ich hielt mich an den Tipp von Ivica Kostelic, der mir als Slalom-Weltmeister einmal gesagt hatte: „Du erntest, was du säst.“
Also begann ich auch im Hallenbad zu säen und meine ersten unbeholfenen Bahnen zu ziehen. Dabei half mir ausgerechnet ein Skilangläufer. „Höchstleistung ist nur mit Disziplin möglich“, erklärte mir einst Tobias Angerer in einem Interview, „aber Lockerheit und Geduld sind ebenso wichtig! Verbissenheit raubt einem die Energie.“
Ich gab mir die Zeit, das Schwimmen zu lernen, studierte Filme im Internet, stellte fest, dass ich zu intensiv mit den Beinen strampelte – und schwamm nach sieben Wochen erstmals die Distanz von 1,9 km durch. Das Erfolgserlebnis motivierte mich. Und ganz nebenbei integrierteich noch einen Hinweis von Andrea Mayr in mein Training. Die 30-fache Berglauf-Staatsmeisterin hatte mir vor Jahren verraten: „Ich nehme immer die Stiege, nie den Lift, und lasse auch jede Rolltreppe links liegen.“
Zu meinem 38. Geburtstag im März 2013 schenkte ich mir ein Rad. Aber der Frühling war verregnet – es war bereits Ende Juni, als ich das erste Mal 90 km am Stück fuhr. Ich weiß noch, wie ich mich danach auf dem Sofa lang machte und an die Worte von Abfahrts-Olympiasiegerin Lindsey Vonn dachte: „Nach einem harten Trainingstag bin ich total erschöpft, kann nur noch ins Bett fallen und tief schlafen. Das finde ich einfach wunderbar …“
VERAUSGABE UND ERHOLE DICH!
Gerne hätte ich mehr trainiert, aber ich spürte immer wieder, dass zwei Trainingseinheiten an einem Tag zu viel für mich waren. Also hielt ich mich an Rebecca Rusch, die viermalige Gewinnerin des legendären Leadville-100-Mountainbike-Rennens: „Du bist nicht untätig, wenn du einen Tag Pause machst. Im Gegenteil! Du musst dich verausgaben – und dann erholen. Nur so wirst du stärker.“ Danke, Rebecca!
Zwei Wochen vor dem Triathlon rührte ich keinen Finger mehr. Es folgten das Einchecken in Zell am See und meine erste Teilnehmerbesprechung. An dieser Stelle ein ehrliches Lob: Der Wettkampf war eindrucksvoll organisiert, auch als Neuling wusste ich jederzeit, was ich zu tun hatte. Und so stand die reine Freude auf das Rennen zu jeder Zeit im Mittelpunkt. Auch unsere Wette hatte sich vorzeitig für mich in Wohlgefallen aufgelöst: Mein direkter Gegner musste sich einer Knie-OP unterziehen. Und ich konnte mich auf das konzentrieren, was an diesem Tag das Wichtigste war: ich selbst! Der Tag der Wahrheit im Zeitraffer: Der See ist mit 20 Grad angenehm warm, die ersten 200 Meter sind allerdings eher ein Zappeln als ein Schwimmen. Dann zieht sich das Feld auseinander, ich finde meinen Rhythmus, konzentriere mich darauf, meinen Puls zu beruhigen und komme nach 34:46 Minuten aus dem Wasser.
ICH MACHE ES, WEIL ICH ES WILL!
Ich bin so beglückt, den ersten Teil hinter mir zu haben, dass ich in der Wechselzone glatte 7:37 Minuten verbummle, ehe ich mit dem Rad auf die Strecke gehe. Die erste Runde läuft trotz Regens erstaunlich angenehm, auf den zweiten 45 km wird jedoch schnell klar, wie wenig ich vorher (und in den vergangenen beiden Jahrzehnten) im Sattel gesessenbin. Ich spüre, dass ich mit meinen Kräften haushalten muss. Als ich nach 2:45:47 Stunden vom Rad steige, habe ich Probleme, mich überhaupt auf den Beinen zu halten. Schwer vorstellbar, jetzt noch einen Halbmarathon zu absolvieren. Es hat aufgehört zu regnen, am spiegelglatten See entlang geht’s in Richtung Zell. Es tut richtig weh – und plötzlich denke ich an den Australier Craig Alexander. Der dreifache Hawaii-Sieger hatte mir einst erzählt, wie er in einem schweren Moment seine Situation verbessert: „Ich denke daran, warum ich hier draußen bin: Weil ich es will! Dann teile ich mir das Rennen noch konsequenter in Sequenzen ein und konzentriere mich nur auf die nächste Versorgungsstation.“ Ich überlege mir also, wie viel ich heuteschon geschafft habe, und wie lange ich dafür trainiert habe. Ich freue mich auf mein nächstes Gel. Und langsam fühle ich mich besser.
Drei Runden sind beim Ironman 70.3 in Zell am See abzulaufen, ich erhalte ein grünes, ein gelbes und schließlich ein rotes Band. Die letzte Runde, noch einmal durch den Kreisverkehr, dann darf ich endlich auf die Zielgerade. Ich sehe meine Frau, meine Eltern, meinen Bruder und die Schwiegereltern. Nach einer Laufzeit von 1:56:30 und insgesamt 5:30:09 Stunden erreiche ich das Ziel und bin vor Erschöpfung den Tränen nah. Ich fühle mich leer und gleichzeitig vollkommen erfüllt. Endlich weiß ich, wofür ich ein Jahr lang trainiert habe – für diesen einen unvergesslichen Augenblick. Ja, und danke noch an euch Superstars: Eure Tipps waren wirklich Spitze.
IRONMAN 70.3
Am 1. September 2013 nahmen bei der zweiten Ausgabe dieses Rennens rund um Zell am See insgesamt 1.800 Starter aus 60 Nationen teil. Die Aufgabe: 1,9 km schwimmen, 90 km auf dem Rad sowie 21,1 km laufen. In Summe 113 km – oder eben 70.3 Meilen. Bei den Männern gewann der Ire Gavin Noble in einer Zeit von 3:50:24 Stunden – bei den Damen siegte ebenfalls eine Irin: Eimear Mullan benötigte 4:14:26 Stunden. SPORTaktiv-Starter Axel Rabenstein belegte bei seiner Triathlonpremiere mit 5:30:09 Stunden Platz 929. Der 3. IRONMAN 70.3 in Zell am See findet am 31. August 2014 statt. Alle Infos: www.ironmansalzburg.com