Intervalleinheiten sind aus dem Leistungssport nicht mehr wegzudenken, doch auch Hobbyläufer profitieren ungemein von abwechslungsreicher Trainingsgestaltung. Unser Plädoyer: Schwört endlich dem eintönigen Dahintraben ab!

Von Christoph Lamprecht


Es hat schon etwas Meditatives. Im eigenen Tempo lange Distanzen bewältigen, locker atmen, die Beine einfach laufen lassen. Doch wer seine Einheiten stets monoton, mit immer gleicher Intensität bestreitet, weil es halt Gewohnheitssache ist, muss sich auch an den Gedanken gewöhnen, dass auf diese Weise bald auch jedwede leistungsmäßige Steigerung einschläft.

Abhilfe verschafft da das gleichermaßen geliebte wie verhasste Training mit Intervallen, von dem, wenn richtig ausgeführt, alle Sportler – und nicht, wie häufig angenommen, bloß Profiathleten – profitieren. Warum das so ist und was „richtiges" Intervalltraining ausmacht, erklärt der ehemalige Wildwasser-Kanute und Sportwissenschafter Herwig Natmessnig: „Intervalltraining ist gekennzeichnet durch einen geplanten Wechsel von intensiven Belastungs- und weniger intensiven Entlastungsphasen. Der größte Vorteil dabei ist, dass die Gesamtdauer an intensiver Belastungszeit bis zur völligen Erschöpfung in Summe höher ausfällt als bei einer durchgehenden Dauerbelastung. Vereinfacht gesagt: Man kann beim Intervalltraining dank der Erholungsphasen über einen längeren Zeitraum mit hoher Intensität trainieren."

Der zeitliche Aspekt ist mitunter einer der Hauptgründe, warum gerade im Leistungssport Intervalltraining als eine der effizientesten Methoden für schnelle körperliche Leistungssteigerung gilt. Ein weiterer nicht unwesentlicher Pluspunkt ist das Setzen von neuen Reizen. Wir wissen: Wenn das Effizienzwunder menschlicher Körper immer den gleichen Belastungen ausgesetzt ist, wird er sich zwar bestmöglich an diese anpassen, aber bestimmt nicht weiter verbessern. Ist man an solch einem Punkt angelangt, spricht man von einem Leistungsplateau, das allerdings mithilfe eines abwechslungsreichen Trainingsprogramms durchbrochen werden kann. Allen Verweigerern dieser banalen Erkenntnis sei hier ein Ausspruch, frei nach Albert Einstein, ans Herz gelegt: Immer wieder das Gleiche zu tun und dabei andere Ergebnisse zu erwarten, ist vielleicht nicht ganz so schlau ...

KEINE ANGST VORM INTERVALL
Spricht man von gezieltem Intervall­training, haben die meisten Hobbysportler Bilder von Profis im Kopf, die komplett verschwitzt und kurz vor dem Zusammenbruch nochmals lautstark von ihrem Betreuer angetrieben werden. Dass diese Bilder mit der Realität herzlich wenig zu tun haben, kann Natmessnig bestätigen: „Generell kann Intervalltraining vom Herzpatienten bis zum Hochleistungssportler durchgeführt werden. Fälschlicherweise wird oft angenommen, dass Intervalltraining grundsätzlich hoch intensiv und äußerst belastend sein muss. Man kann jedoch die Gesamtbelastung für den Körper sehr gut steuern und an individuelle Gegebenheiten anpassen."

Dies funktioniert einerseits über die bewusste Wahl von Dauer und Intensität der Belastungs- und Erholungsphasen, andererseits über die Gesamtzahl der zu absolvierenden Intervalle. „Verändert man einen dieser Parameter, ändert sich auch die Belastung für den Sportler. Ein Beispiel: Läufst du Intervalle im 5-km-Wettkampftempo, dann macht es einen enormen Unterschied, ob du sie mit einer Minute Belastung und zwei Minuten Erholung oder mit einer Minute Belastung und nur 30 Sekunden Erholung absolvierst. Mit kürzeren Pausen ist es logischerweise um ein Vielfaches anstrengender", so Natmessnig.

Die Gestaltung der einzelnen Intervalle ist immer abhängig vom jeweiligen Trainingsziel. Vor allem für kürzere Wettkampfdistanzen eignen sich intensive Intervalle in der Vorbereitung. Aber auch für Halbmarathon- und Marathonläufer sind längere Intervalle eine besonders effektive Trainingsmethode.

Doch auch, wer mit Wettkämpfen absolut nichts am Hut hat, kann sich mit Intervallen langsam an umfangreiche Distanzen herantasten. Laufeinsteiger, die Probleme damit haben, längere Zeit durchzulaufen, können mit gezielten Gehpausen die Intensität der Gesamtbelastung reduzieren. Auf diese Weise bleiben auch Neulinge motiviert: Sie können Schritt für Schritt die Erholungsphasen vermindern, bis das Durchlaufen längerer Strecken kein Problem mehr darstellt.

Intervalltraining: Schneller mehr erreichen / Bild: iStock / BartekSzewczyk

SCHNELLER MEHR ERREICHEN
Messbares zum Thema Intervalltraining vermitteln zahlreiche Studien, bei denen der Fokus auf den Vergleich mit moderaten Dauerläufen gelegt wurde. Die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen, wie Sportwissenschafter Natmessnig zu berichten weiß: „Es konnte nachgewiesen werden, dass bei gleicher Trainingsdauer deutlich höhere Effekte erzielt werden. Intensive Intervalle verbessern die aerobe und anaerobe Ausdauer, steigern die maximale Sauerstoffaufnahme und somit die Laufleistung."

Dass im weniger intensiven Trainingsbereich – der Volksmund spricht von einer Herzfrequenz so um die 130 – mehr Fett verbrannt wird, ist übrigens ein Missverständnis bei der Interpretation des sogenannten Fettstoffwechselbereichs, und gehört somit ins Reich der Mythen.

Natmessnig: „Der Trainingsreiz auf die Muskulatur ist durch die intensivere Belastung logischerweise höher als bei einem moderaten Dauerlauf. Daher benötigt die Muskulatur für die regenerativen Wiederherstellungsprozesse entsprechend mehr Energie. Und durch den sogenannten Nachbrenn­effekt werden sogar noch zusätzlich Kalorien verbrannt."

Wer nun gerne mit Intervalltraining starten möchte, sich selbst die Erstellung sinnvoller Einheiten aber nicht zutraut, hat zwei Möglichkeiten: Ein „Date" mit einem Laufcoach zu vereinbaren, ist für absolute Beginner niemals verkehrt und bringt nicht selten auch langjährigen (Wettkampf-)Athleten mehr Nutzen, als sie vielleicht glauben möchten. Erfahrene Läufer mit gutem Gespür für ihren Körper und dessen Leistungsfähigkeit können ihr Training auch mithilfe von Apps (abwechslungsreicher) gestalten. So findet sich beispielsweise bei Runtastic eine Intervallfunktion mit vorgefertigten Einheiten für unterschiedliche Ambitionen. Startet man die Intervallfunktion, wird man vom „Sprachcoach" durch das Training geleitet. Zudem hat man die Möglichkeit, sich ein individuelles Intervallprogramm zusammenzustellen.
 

ALLER ANFANG IST LEICHT
Der häufigste Fehler beim Einstieg ins Intervalltraining ist Selbstüberschätzung und damit einhergehend die falsche Wahl bei Intensität und Dauer von Belastungs- und Entspannungsphasen. Herwig Natmessnig: „Vor allem Laufanfänger wählen oft ein viel zu hohes Tempo und überfordern sich damit, denn als Einsteiger hat man meist keine Anhaltspunkte, die Orientierung liefern könnten. Für Laufneulinge bieten sich vor allem aerobe Intervalle an, die einem Grundlagenausdauertraining gleichkommen. Dabei sollten Belastungphasen maximal 30 Sekunden und Entlastungsphasen doppelt so lang dauern."

Allgemein gilt, dass das Tempo so gewählt werden sollte, dass man die Intensität konstant aufrechterhalten kann. Das bedeutet, dass man in der Lage sein sollte, auch das letzte Intervall mit der gleichen Geschwindigkeit zu absolvieren wie das erste.

Prinzipiell sollten Intervallläufe allmählich in die Trainingsroutine eingebaut werden. Zeigen sich erste Erfolge, gilt es nicht zu übertreiben. „Auf keinen Fall sollten intensive Intervalle an mehreren Tagen hintereinander gelaufen werden. Durch die hohe muskuläre Belastung und fehlende Regenerationszeit kann es zu Überlastungen kommen, die einerseits das Verletzungsrisiko steigern, andererseits der Leistungsentwicklung im Weg stehen", sagt der Experte und rät: „Zu Beginn ist eine Intervall-Einheit pro Woche ausreichend, um sich an das neue Training zu gewöhnen."

Ein wichtiges Element dabei ist das richtige Aufwärmen, das eigentlich bei allen intensiven Belastungen selbstverständlich sein sollte. Sportwissenschafter Natmessnig empfiehlt, „bevor es mit den Intervallen losgeht, 15 Minuten im moderaten Tempo zu laufen, danach könnt ihr entsprechend durchstarten".

 

Mag. Herwig Natmessnig
Mag. Herwig Natmessnig

ist für Runtastic als Sportwissenschafter tätig. Als Profiathlet war er 14 Jahre lang Mitglied der ­österreichen Kanu-Slalom-­Nationalmannschaft.

Web: runtastic.com/blog