Wer zur Ruhe kommen will, kann dem Alltag einfach nach oben entfliehen. Mehrtages-Wanderungen von Hütte zu Hütte liegen im Trend. Warum solche Höhenwanderungen purer Seelenbalsam sind, wie man sie richtig anlegt. Und ein Weg, der die ideale Dosis Höhenluft verspricht.


Fein, ein paar Tage lang 1000 oder 2000 Höhenmeter zwischen sich und dem Alltag zu wissen: Das denken sich in den letzten Jahren immer mehr Naturliebhaber, und vor allem auch immer mehr Junge. Das etwas angestaubte Image mehrtägiger Wanderungen ist längst passé – ganz im Gegenteil gilt heute: „Höhenwandern“, also das Wandern von Hütte zu Hütte mit Übernachtung am Berg, liegt so richtig im Trend. Oft werden solche Touren als dreitägige Varianten über ein verlängertes Wochenende gegangen. Aber auch fünf- bis siebentägige Bergtouren boomen.

Am Berg oben gehen die Uhren eben noch etwas anders als unten im (Digi-)Tal. Bei so einer Auszeit vom Alltag lässt man Stress, Hektik und lästige Verpflichtungen hinter sich. Was als Argument noch dazu kommt: Hüttenübernachtungen sind heutzutage einerseits nur noch selten völlig komfortbefreit (wie in früheren Zeiten) – und andererseits doch meistens von einer sympathischen Einfachheit geprägt. Die abendliche Stille auf einem Berg zu erleben, oder der Sonne beim Auf- und Untergehen zuzuschauen, das ist sowieso purer Seelenbalsam.

Wandern ist ohnedies perfekt, um sich in Entschleunigung zu üben: Im Gehtempo kommt der Geist zur Ruhe, umso mehr, wenn mehrere Tage am Stück gewandert wird. Sorgen des Alltags lösen sich in Luft auf, ein schwer definierbares, doch umso angenehmeres Wohlbefinden stellt sich ein – das dann auch über das Ende der Tour hinweg anhält. So berichten es fast alle Mehrtages-Wanderer. Doch wie legt man so eine Tour an?

Die richtigen Partner
Als Erstes stellt sich die Frage nach dem passenden Tourenpartner. Weitwanderer sind ja oft auch ganz gerne allein unterwegs. Die meditative Komponente einer langen Wanderung kommt – allein mit der Natur – am besten zur Geltung. Geht es allerdings, wie bei einer Höhenwanderung, auch ins alpine Gelände, dann empfiehlt es sich dennoch, zumindest zu zweit auf Tour zu gehen. Schon aus dem schlichten Grund, dass man sich zu zweit in einem Notfall immer besser helfen kann.

Dass immer mehr Pärchen das gemeinsame Erlebnis einer mehrtägigen Wanderung schätzen, kommt nicht von Ungefähr: Zu zweit in die Natur einzutauchen, macht das Erlebnis umso intensiver. Geteilte Freude ist schließlich doppelte Freude. Zeit für einander und für intensive Gespräche, die sonst oft zu kurz kommt, ist auf solchen Alltagsfluchten endlich im reichen Maß vorhanden.

Natürlich spricht  auch wenig dagegen, in kleinen Gruppen mehrtägig auf Tour zu gehen. Damit der Erholungseffekt zur Geltung kommt, sollte freilich die Chemie zwischen den Tourenpartnern stimmen. Was hier zu beachten ist: Die Anforderung sowie Planung der Tour richtet sich nach dem schwächsten Gruppenmitglied.

Die Tourenplanung
An Tourenplanung scheiden sich bekanntlich die Geister. Manche lieben es, eine Bergtour vorab schon im Wohnzimmer in allen Details durchzugehen – für diese Gruppe setzt schon hier der Erholungseffekt ein. Andere sehen Tourenplanung eher als lästige Verpflichtung oder gar als Stressfaktor. Fest steht aber: Ohne ein Mindestmaß an Tourenplanung ist keine sichere Bergtour möglich – und für mehrtägige Touren gilt das erst recht.

Zur Planung gehört zunächst, alle „Konstanten“ über die gewünschte Tour einzuholen – Weglänge, Höhenmeter, Verpflegungs- und Übernachtungsstationen, Notabstiege. Und diese mit den „Variablen“ in Einklang zu bringen – dem eigenen körperlichen Zustand und dem von Tourenpartnern, dem prognostizierten Wetter, der benötigten Ausrüstung.

Für alle, die lieber planen lassen, als selbst planen, gibt es aber ebenfalls gute Nachrichten: Viele Teile einer Tourenplanung kann man sich heute auch abnehmen lassen – Tourismusregionen helfen gern dabei: Vom Reservieren auf den Hütten bis hin zum Buchen eines Tourenguides. Siehe zum Beispiel HIER.

Der perfekte Weg
Bei der heimischen Wege- und Hütteninfrastruktur findet jeder das Passende. Zahlreiche Fern- und Höhenwanderwege durchziehen die Alpen, in die man nach Belieben ein- und wieder aussteigen (sprich: ins Tal absteigen) kann. Und auf denen man eben auch vielerorts ein paar Tage am Stück in luftiger Höhe, abseits der Zivilisation, verbringen kann – von Hütte zu Hütte wandernd.

Ein Beispiel eines traditionsreichen Höhenwegs, der gerade wiederentdeckt wird, ist der Karnische Höhenweg. Dieser geschichtsträchtige „Weg des Friedens“ führt entlang des Karnischen Hauptkamms von Sillian (Osttirol), durchs Kärntner Lesachtal und weiter zum Kärntner Nassfeld. Vom Start- bis zum Endpunkt sind es 155 Kilometer und – je nach Lust und Kondition – acht bis elf Tagesetappen. Doch man kann an vielen Stellen unterwegs einsteigen und sich seine Wander-Auszeit vom Alltag völlig nach individuellen Wünschen zusammenstellen.

Im Kärntner Teil des Karnischen Höhenwegs befindet man sich meist zwischen 1500 Metern und 2000 Metern Seehöhe, unterwegs tun sich unzählige herrliche Rast- und Aussichtspunkte in der Natur auf. Den alpinen Anspruch dieses Wegs sollte man aber gleichzeitig nicht unterschätzen, Kondition und Trittsicherheit sind schon mitzubringen.

Ideale Ergänzung: „Slow Food“
Die Entschleunigung des Alltags im Gehtempo und die Slow-Food-Philosophie passen zu 100 Prozent zusammen. Gut zu wissen, dass das Gailtal und das Lesachtal, durch die der Kärntner Teil des Karnischen Höhenwegs führt, tolle Slow-Food-Erlebnisse ermöglichen. Heißt konkret: Nach kurzem Abstieg ins Tal findet man eine Menge ursprünglicher Lebensmittel-„Handwerker“, denen man als Gast nicht nur bei der Arbeit über die Schulter schauen kann – sondern bei denen man auch selbst zum „Co-Produzenten“ wird: Ob Butter rühren, Teig kneten, Kärntner Nudeln krendeln oder Wildkräuter sammeln – wer bei seinem Essen selbst Hand angelegt hat, genießt anders und bewusster.

Ob als Start- oder Endpunkt der Tour, oder auch als „Pause“ mittendrin: Das Slow-Food-Erlebnis gehört unbedingt dazu, wenn man auf dem Karnischen Höhenweg unterwegs ist.