Herbst? Klar, das heißt kürzere Tage, fallende Blätter, kühleres Wetter. Aber der Herbst ist auch die Zeit des Genusswanderns, weil sich die Berge und die Natur von ihrer farbenprächtigsten und zugleich entschleunigsten Seite zeigen. Die Tipps unserer Experten helfen euch, diesen Genuss wirklich auskosten zu können.
„Für mich ist der Herbst einfach die schönste Jahreszeit zum Bergsteigen“, kommt Andreas Rofner, Osttiroler Nationalparkranger und Bergretter, gleich ins Schwärmen – und er kann das auch begründen: „Die Luft ist klar und kalt, die Fernsicht atemberaubend. Das erleben einer Landschaft ist so intensiv wie zu keiner anderen Zeit des Jahres. Oft breche ich mit der Stirnlampe am Kopf schon im Dunkeln auf, um den Sonnenaufgang zu erleben. Dabei kann es durchaus sein, dass ich lange im Grau des Nebels aufsteige, aber selbst dann ist das Erlebnis ein ganz besonderes, die Natur hat etwas Mystisches. Die einfallenden Sonnenstrahlen, in einem gelb-orange gefärbten Lärchenwald, die mit Tautropfen behangenen Spinnennetze: Alles das gibt es nur im Herbst.“ Luka Zelko Fornazaric, Kärntner Bergwanderführer im Falkensteiner Hotel Carinzia in der Region Nassfeld, liefert ebenfalls Lust machende Stimmungsbilder: „Da taucht die warme, herbstliche Sonne die Wälder in ein noch lebendigeres, farbenprächtiges Licht und zugleich ist die Zeit der Belastung durch große Hitze vorbei.“ Und schließlich sieht es Markus Hirnböck, staatlich geprüfter Berg- und Skiführer und Eigentümer der Alpinskischule Hirnböck in Saalfelden, ganz pragmatisch: „Die Temperaturen sind für das Wandern auf den Südseiten noch angenehm, hier lässt es sich oft sogar noch sehr gut im T-Shirt wandern.“
Die richtige Tourenplanung
Die Worte unserer Bergprofis machen Lust auf Wanderungen und Gipfeltouren im Herbst, aber zugleich mahnt etwa Andreas Rofner: „Es gibt natürlich einiges zu beachten, wenn man sich im Herbst auf den Weg macht.“ Eine sorgfältige Tourenplanung ist gerade jetzt die Basis für eine gute Zeit am Berg. „Und diese Planung beginnt mit Fragen: Ist die Tour über die Route, die ich mir vorgenommen habe, überhaupt möglich? Liegt etwa in exponierten Bereichen schon Schnee? Was traue ich mir zu und was für eine Ausrüstung brauche ich?“ Auch für Luka Zelko Fornazaric ist „die Planung der Tour der wichtigste Part beim Herbstwandern. Sie geht Hand in Hand mit der Wettervorhersage und dem Erfahrungs- und Könnensniveau. Wir müssen die sonnigen und schattigen Seiten beachten, die bereits mit Schnee, Eis, Feuchtigkeit und Glätte bedeckt sein könnten“. Für Markus Hirnböck und seine Kollegen gilt es, an diesen kürzeren Tagen auch die Touren eher kürzer zu halten, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden und sich nicht im Dunkeln der Desorientierung aussetzen zu müssen.
Was die Temperaturen betrifft, so gibt es neben den warmen Südseiten eben auch die kalten Nordseiten, warnen unsere drei Bergprofis. Heißt: „Hier kann es richtig kalt sein und sich eventuell den ganzen Tag der Reif halten.“ Deshalb der Profitipp zum Zwiebelschalenprinzip, „um auf die unterschiedlichen Temperatur schnell reagieren zu können und die Schichten anzupassen“. Die Mitnahme von warmer Kleidung wie Primaloft- oder Daunenjacke, einer wasserfesten Hose sowie Mütze und Handschuhe ist Pflicht, ebenso wie Sportunterwäsche, die schnell trocknet, und natürlich Kleidung zum Wechseln, um die durchgeschwitzte Garnitur am Gipfel gegen trockene Sachen austauschen zu können.
Bei der Auswahl der Wanderschuhe ist für Luka Zelko Fornazaric besondere Sorgfalt geboten: „Sie sollten wasserdicht sein, ausreichenden Knöchelschutz bieten und eine solide Sohle mit gutem, griffigem Profil haben. Denn Reif, mögliche Schneefelder und die Dynamik der Wetterbedingungen im Laufe des Tages bedeuten, dass es auf den Wegen und Felsen richtig rutschig werden kann.“
Zu Andreas Rofners Standardausrüstung zählen jetzt jedenfalls auch Leichtsteigeisen, Wanderstöcke und die Stirnlampe. Luka Zelko Fornazaric würde außerdem im Rucksack noch einen Biwaksack, zusätzliche Batterien (oder eine Powerbank), eine gedruckte Karte der Wanderregion, einen Kompass, einen Höhenmesser und/oder andere Navigationsgeräte empfehlen.
Die richtige Verpflegung
Wenn es um Essen und Getränke geht, sollte man wie immer das mitnehmen, was man gerne isst und was Energie liefert, wie etwa Trockenobst, Nüsse, Riegel. Neben der Trinkflasche, die sich mit Quellwasser auffüllen lässt, empfiehlt Markus Hirnböck eventuell auch eine kleine Thermosflasche mit Tee mitzunehmen und gibt zugleich zu bedenken, „dass die meisten Berghütten ab Mitte September geschlossen. Daher unbedingt vorher im Internet erkundigen, wie es hüttenmäßig auf der Tour ausschaut.“ Das gilt auch für die Öffnungszeiten der Bergbahnen, die mittlerweile meist bis Ende Oktober in Betrieb sind, „denn Bergbahnen“, rät Luka Zelko Fornazaric, „können gerade im Herbst eine sehr hilfreiche Option sein, um schneller und mit weniger Energieverlust höher hinauf zu kommen“.
Die Luft ist klar, die Fernsicht atemberaubend. Das Erleben einer Landschaft ist im Herbst so intensiv wie zu keiner anderen Zeit.
Tourentipps aus den Regionen
Beherzigt man diese Praxis-Tipps, dann steht schönen Herbst-Wander- oder Gipfeltouren nichts mehr im Weg! Bleibt dann nur noch die Wahl der richtigen Tour – und natürlich ist auch da Österreich ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Um nur ein paar Lustmacher aufzuzählen: In der Region Saalfelden Leogang, wo die Mischwälder im Herbst speziell in den Steinbergen in allen Farben leuchten, bieten sich noch einige sonnige Touren, meist in niedrigen und mittleren Höhenlagen, an.
Markus Hirnböck empfiehlt zum Beispiel die rote Tour vom Schwarzleograben zu den Spielberg Almen über das Kuhfeldhörndl (1942 m) und das Spielberghorn (2025 m). Oder die rote Tour von Mitterbrand zur Lettlkaser Hütte und dem Plattenkopf (1661 m). Bei Hochtouren rät er, falls noch gehbar, zum Aufstieg vom Riemannhaus auf das Breithorn (2504 m, schwarze Tour) oder von der Passauer Hütte auf den Hochzint (2246 m, schwarze Tour).
Für Andreas Rofner bieten sich wiederum im Nationalpark Hohe Tauern unendlich viele Möglichkeiten in allen Höhenlagen für stressfreie herbstliche Wanderungen, „vorbei an kleinen Wasserfällen, durch Wälder, die sich in unterschiedlichen Farben präsentieren, oder über weite, ruhige Almwiesen mit tiefroten Zwergstrauchheiden und Bergtouren auf Gipfel, die aus dem Nebel herausragen“. Seine oft bis weit in den Herbst hinein machbaren Hochtourentipps sind die schwarzen Touren auf den Muntanitz (3232 m) und den Sailkopf (3209 m). Bei den Touren in mittlere Höhen empfielt er die Wanderung auf den Golzentipp (2317 m) ausgehend von der Bergstation Seilbahn (blau) oder von Obertilliach (rot), die schwarze Tour auf das Figerhorn (2702 m) ausgehend vom Parkplatz Glocknerwinkel und die blaue Tour von der Hochsteinhütte auf das „Böse Weibele“ (2517 m).
Die Region Nassfeld bietet den Vorteil vieler sonniger und warmer Tage gerade im Herbst. „Mit etwas Glück“, sagt Luka Zelko Fornazaric, „können sogar die höheren Gipfel bis spät in den Herbst hinein schneefrei bleiben, und auch die Touren in mittlerer Höhe sind zahlreich und besonders reizvoll.“ Wie etwa die blaue Tour von der Egger Alm über die Dellacher Alm auf den Poludnig (1999 m), die rote Tour von Nassfeld-Zollnersee über die Tröpolacher Alm auf den Hochwipfel (2195 m) oder die schwarze Tour von Förlach auf die Graslitzen (2044 m).
Aber egal, wofür immer ihr euch entscheidet – Hauptsache, ihr nutzt den Herbst für schöne Genusstouren noch aus. Passend ausgewählte Tourentipps findet ihr im Anschluss.