Wer schon einmal Sessellift oder Gondel gefahren ist, hat das mit großer Sicherheit in einer Seilbahn der Firma Doppelmayr gemacht – dem Weltmarktführer aus dem Ländle.
Von Klaus Molidor
Begonnen hat eigentlich alles ganz anders. Futtermaschinen, Obstwürger, Mostpressen – damit hat sich Konrad Doppelmayr im ausgehenden 19. Jahrhundert beschäftigt. Den Unternehmergeist, den trug der Firmengründer allerdings schon in sich, als er die Schmiede seines Lehrherrn Josef Anton Dür in Wolfurt in Vorarlberg kaufte und die Maschinen für die im Ländle blühende Textilindustrie reparierte.
124 Jahre später gibt es das Unternehmen immer noch. Heute baut Doppelmayr aber Seilbahnen auf die steilsten Berge der Welt, mit Kabinen, die sich während der Fahrt drehen, oder zweistöckigen Gondeln mit Cabrio-Deck. Davon hatte Konrad Doppelmayr noch nichts geahnt, sein Sohn dagegen drehte sich schon in diese Richtung: Gemeinsam mit Sepp Bildstein baute Emil Doppelmayr 1937 den ersten Skilift Österreichs – einen Schlepplift in Zürs am Arlberg. Für damalige Verhältnisse revolutionär. Auf 390 Metern Länge überwand der Schlepplift 150 Höhenmeter und konnte immerhin 420 Personen pro Stunde auf den Übungshang bringen.
So lange wie der erste Skilift ist heute beinahe die Liste an Innovationen, Weltrekorden und Weltneuheiten der Firma Doppelmayr. Ob das die erste Sitzheizung für Sesselbahnen war oder der erste mobile Schlepplift in Steibis im Oberallgäu, das längste urbane Seilbahn-Liniennetz in Boliviens Hauptstadt La Paz oder die bedienerlose Gondelbahn in Frankreich bis hin zur längsten Umlaufseilbahn der Welt in Vietnam, die in einer einzigen Sektion knapp 5,8 km zurücklegt und dabei den Höhenunterschied von 1.369 Metern überwindet.
VIERTE GENERATION
Nach Konrad und Emil ging das Staffelholz weiter an Artur Doppelmayr, der als Sinnbild gilt für ständige Weiterentwicklung, für lebenslanges Lernen, für die Absage an den Stillstand. 1954 machte er seinen Abschluss als Diplom-Ingenieur in Graz, stieg 1967 zum Geschäftsführer des Unternehmens auf, das er zum Weltmarktführer weiterentwickelte. 1997, im Alter von mittlerweile 75 Jahren, promovierte er an der Technischen Universität Graz zum Dr. tech. – mit einer Doktorarbeit, in der er beschrieb, wie Seilbahnunfälle verhindert werden können.
Heute führt sein Sohn Michael das Unternehmen in vierter Generation, immer noch am Heimatstandort in Wolfurt. Ohne protzigen Repräsentationsbau. Haus um Haus ist das Firmengelände gewachsen, selbst einen Zoo gibt es dort. Als Wiedergutmachung für den Lärm des Seilbahnwerks quasi. Erst heuer zu Weihnachten bekommt die Firma ein neues sechsstöckiges Verwaltungsgebäude.
BAU DIR DEINE SEILBAHN
Die Vormachtstellung auf dem Weltmarkt wird Bestand haben. Nicht nur wegen der vielen Innovationen wie der ersten Autoseilbahn, die Fahrzeuge aus der Montagehalle in Bratislava auf das 450 Meter entfernte Testgelände hievt. Oder weil das Unternehmen 2002 mit dem Schweizer Konkurrenten Garaventa fusionierte. 2.546 Mitarbeiter werken derzeit für Doppelmayr, davon allein 1.329 in Österreich. In 90 Ländern steht heute zumindest eine Seilbahn des Vorarlberger Herstellers – oder anders gesagt: Fast auf der ganzen Welt können Seilbahnfahrer eine „Kabinenparty" im Hause Doppelmayr feiern . . .
Im Zeitalter der Globalisierung trägt das Unternehmen natürlich auch der digitalen Vernetzung Rechnung und nützt das Web, um seine Produkte bekannt zu machen. Auf der hauseigenen Internetseite können sich Interessenten per Konfigurator sogar ihre individuelle Seilbahn zusammenstellen. Von der Farbe der Sitze (in Stoff oder Leder) über die Seitenstreifen auf den Gondelbahnen bis zur Farbe der Berg- und Talstation. Allerdings dürften die wenigsten – neben dem nötigen Kleingeld – über einen entsprechend großen Garten verfügen. Und eine „Hausseilbahn" vom Erdgeschoß auf den Dachboden hat selbst der Weltmarktführer Doppelmayr nicht im Programm. Oder besser gesagt: noch nicht ...
FAKTEN ZU DOPPELMAYR Seilbahnen „made in Austria" | 1892 Gründung durch Konrad Doppelmayr. 1937 baute Emil Doppelmayr, der Sohn des Gründers, mit Seilbahn-Pionier Sepp Bildstein in Zürs den ersten Skilift Österreichs. In 4. Generation führt jetzt Michael Doppelmayr das Unternehmen. Heute stehen weltweit 14.700 Doppelmayr-Anlagen in insgesamt 90 Ländern und auf sieben Kontinenten. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz immer noch am Gründungsort in Wolfurt in Vorarlberg. Insgesamt beschäftigt der Weltmarktführer im Bereich Seilbahnen 2.546 Mitarbeiter, davon 1.329 in Österreich. |
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