So schön das Gebirgsland Österreich auch ist – es lohnt sich, als Skitourengeher ab und zu seinen Horizont zu erweitern. Thomas Lippitsch, Besitzer der Alpinschule High Life und Chef-Organisator unserer Leser-„Haute Route“, tut es hier für uns. Der Kärntner verrät leicht erreichbare Top-Skitouren im Alpenraum – und macht einen Abstecher in sein Lieblingstourengebiet, den Norden Europas.
Von Thomas Lippitsch
Geheimtipps: Europas 5 schönste Skitouren / Bild: High Life
1. COL DU PASSON, CHAMONIX (FRA)
Skitouren in den französischen Alpen? Der erste Gedanke gilt da sicherlich der Region rund um Chamonix. Zu Recht, denn die kleine Stadt am Fuß des Mont Blanc ist auch die Ski(touren)hauptstadt der Welt. Nirgendwo sonst kann man die höchsten Berge derart bequem per Seilbahn erreichen und erhält einfachen Zugang in eine spektakuläre Gletscherwelt – um schon nachmittags wieder gemütlich einen Kaffee in der Kleinstadt zu genießen. Touren mit kurzem Aufstieg und langer Abfahrt sind charakteristisch für die Region. Wer sich etwas abseits der leicht erreichbaren Routen begibt, kann auch in den Bergen rund um Chamonix durchaus allein unterwegs sein. Aber aufpassen: Das Gelände in diesen Gletscherregionen ist mit Vorsicht zu genießen.
Der Tourentipp: Die Skitour auf den Col du Passon wartet mit einem idealen Verhältnis von Aufstieg und Abfahrt auf. Per Seilbahn in Argentière fährt man zum Grand Monets auf. Dort startet die Tour mit der Abfahrt zum Argentière Gletscher. Nach der Gletscherquerung steigt man erst durch ein Kar, dann durch eine steile Rinne zum Col du Passon auf. Über weite Geltscherhänge geht es im Anschluss abwärts in den beschaulichen Skiort Le Tour, einen Nachbarort von Argentière.
Geheimtipps: Europas 5 schönste Skitouren / Bild: High Life
2. JALOVEC (2.645 m), JULISCHE ALPEN (SLO)
Der Triglav als höchster Berg Sloweniens ist sowieso ein begehrtes Tourenziel. Die Julischen Alpen haben allerdings weit mehr zu bieten: Die schroffen und bizarren Felsformationen ermöglichen spannende Skitouren: Es geht durch Rinnen und steile Kare, aber auch weite, baumfreie Hänge sind zu finden. Die Touren haben ähnlichen Charakter wie in den Dolomiten, aber einen Vorteil: weit weniger Tourengeher! Das Potenzial der gesamten Region ist jedenfalls großartig. Mein Tipp: Wer das Gebiet nicht kennt, sollte sich mindestens eine Woche Zeit dafür nehmen.
Der Tourentipp: Die Skitour auf den 2.645 m hohen Jalovec startet bei den Sprungschanzen von Planica. Erstes Zwischenziel ist die Tamar Hütte – die sich später auf dem Rückweg zur Einkehr anbietet. Von der Hütte weg geht es stetig aufwärts, erst durch ein immer steiler werdendes Kar, umrahmt von den Felswänden des Traunig und der Ponza. Schließlich verengt sich das Kar zu einer 15 bis 20 m breiten Rinne, dem Kugi Couloir (benannt nach dem Erstbegeher). Am Ausstieg der Rinne endet die Tour für die meisten Tourengeher. Wer alpinistische Ambitionen (und das entsprechende Können) mitbringt, kann in einer weiteren Stunde den Gipfel des Jalovec über einen Klettersteig erreichen.
Geheimtipps: Europas 5 schönste Skitouren / Bild: High Life
3. MONTE BELLINO (2.942 m) IM VAL MAIRA, KOTTISCHE ALPEN (ITA)
Vom Ätna über die Abruzzen bis zum Aostatal gibt es in Italien jede Menge unterschiedlicher Gebirgsstrukturen und Destinationen. Besonders attraktiv sind für mich die Kottischen Alpen im Piemont, an der Grenze zu Frankreich, etwa auf der Höhe von Turin. Das beliebteste Skitourengeher-Tal in dieser Region ist sicherlich das Val Maira. Fast scheint es, als habe in dem rund 40 km langen Tal in den letzten Jahrzehnten die Zeit still gestanden.
Der Tourentipp: Die Skitour zum Monte Bellino startet am Talschluss. Erst folgt man dem Talverlauf, um danach auf weite, freie Almflächen zu gelangen. Hier genießt man einen atemberaubenden Blick auf die schroffen, felsigen Gipfel der Kottischen Alpen. Wunderbare Hänge führen auf den knapp 3.000 Meter hohen Gipfel des Monte Bellino. Das Panorama dominiert die alles überragende Felspyramide des Monviso, des höchsten Gipfels der Region.
Geheimtipps: Europas 5 schönste Skitouren / Bild: High Life
4. DAS BREITHORN (4.164 m), WALLIS (SUI)
Das kleine Berg dorf Zermatt im Wallis mag nicht mehr ganz so beschaulich wie früher sein. Gesehen haben muss man es trotzdem. Hier erhebt sich auch das Matterhorn – aus der Ferne betrachtet bestimmt einer der ästethischsten und markantesten Berge der Alpen. Für Skitourengeher ist allerdings weniger das Matterhorn als das Breithorn interessant – ein eigentlich einfach erreichbarer Viertausender mit direktem Blick aufs Matterhorn.
Der Tourentipp: Von der Bergstation der Zermatter Bergbahnen ist der Gipfel des Breithorn mit nur 300 Höhenmeter Aufstieg leicht erreichbar. Die anschließende Abfahrt garantiert für Superlative: 2.200 Höhenmeter perfektes Skigelände! Unbedingt zu beachten ist aber, dass auch einige Spaltenzonen am Schwärzegletscher passiert werden müssen. Durch eine schmale Klamm erreicht man abschließend wieder das Skigebiet. Noch ein Tipp: Akklimatisieren schadet nicht – wer darauf verzichtet, wird über die Kürze des Anstiegs durchaus froh sein.
Geheimtipps: Europas 5 schönste Skitouren / Bild: High Life
5. BARKAKOLLA, TROLLHALBINSEL (ISLAND)
Eine Reise nach Island ist für sich schon ein Highlight: Vulkanlandschaften, Geysire, heiße Quellen, dazu Berge und das Polarmeer – diese Mischung sorgt in jedem Fall für eine tolle Zeit. Das Ganze mit Skitourengehen zu kombinieren, ist noch besser. Ganz im Norden Islands liegt die Trollhalbinsel: Die Landschaft ist von Gebirgen und Fjorden geprägt und die Berghänge bieten nicht nur ein ideales Skigelände, sondern vor allem diese unbeschreibliche Mischung aus weißen Gipfeln und tiefem Blau des Polarmeeres.
Der Tourentipp: Gestartet wird in der kleinen Ortschaft Olafsfjördur. Rund 1.000 Höhenmeter Aufstieg über weite, absolut baumfreie Hänge sind zu bewältigen. Am besten ist diese Tour bei Firnverhältnissen zu machen, dann kann man auch die etwas steileren Passagen bedenkenlos in Angriff nehmen. Am Gipfel wartet ein atemberaubender Ausblick auf die umliegenden Berge, bei der Abfahrt schweift der Blick immer wieder Richtung Meer. Diese Mischung gibt es in unseren Breiten einfach nicht.