Event-Teilnahmen krönen jede Laufsaison. Vorausgesetzt, es rennt dort auch richtig gut. Neben einer adäquaten Vorbereitung gilt es, beim Rennen Störfaktoren und Fehlerquellen auszuschalten, um in den Flow zu kommen. Tipps von zwei, die sich mit (Halb-)Marathon bestens auskennen.
Michael Buchleitner und Günther Weidlinger haben einiges gemeinsam. Beide haben Olympiateilnahmen in der Vita stehen, beide waren sie in Österreich zu ihrer Zeit Marathonspitze. Und beide sind sie heute Veranstalter von zwei der besten und größten heimischen Marathons: Dem Linz Marathon im April (Weidlinger) und dem Wachaumarathon im September (Buchleitner). So lauten zusammengefasst ihre wichtigsten Tipps zur Fehlervermeidung im Marathon und Halbmarathon und Co., damit es in Straßenlauf-Events richtig rund und „flowig“ läuft.
Die letzten Tage vorm Rennen
„In den Tagen vor dem Event kannst du keine Leistung mehr aufbauen, aber viel abbauen“, rät Weidlinger zu einer Taperingphase mit deutlich verringertem Kilometerumfang wie auch gelockerter Intensität. 7 bis 10 Tage vor einem Halbmarathon, 10 bis 14 Tage vorm Marathon sollten dem Tapering gewidmet sein. „Locker bewegen, das eine oder andere Mal ein paar Minuten im Wettkampftempo laufen, aber nicht mehr zu viel belasten.“ Stattdessen gilt es, die Kohlenhydratspeicher aufzufüllen, und das geschieht nicht bei der Pastaparty, sondern in den zwei Wochen vorm Lauf. Die Pastaparty am Vorabend (nicht zu viel essen!) ist nicht „das Carboloading“, wie manche meinen. Sondern sie hat den Sinn, so Weidlinger, dass es ein leicht verdauliches Gericht ist, das die Speicher ein letztes Mal füllt und mit dem man auch gut schläft.
Frühstück: Nicht zu knapp vorm Rennen, nichts Ungewohntes und etwas leicht Verdauliches ist gefragt. Etwa: ein Honigsemmerl. Anders als im Alltag soll man am Renntag nicht zum Müsli greifen, das dem Körper Verdauungsarbeit abverlangt und damit Energie braucht, so ein weiterer Rat Weidlingers.
„Ein voller Kohlenhydratspeicher ist ganz wichtig“, sagt auch Buchleitner, „denn sind die Speicher im Rennen leer, werde ich einfach massiv langsamer.“ Der „Mann mit dem Hammer“ bei Marathonkilometer 35? Ist nichts anderes als ein völlig entleerter Glykogenspeicher! Siehe dazu auch weiter unten beim Punkt „Energienachschub“. Buchleitner rät weiters zu einem Streckenstudium im Vorfeld: Wo sind Labestellen, wo warten kleine Steigungen, an denen ich das Tempo sinnvollerweise ein bisschen zurücknehme? Der Wachaumarathon-Veranstalter rät auch, sich mit möglichen Szenarien, die unterwegs auftreten können, mental zu beschäftigen – und auch wie man solche Eventualitäten meistern kann. Gut trainiert, mit gefüllten Speichern und mental gut eingestellt: Das sind die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren für Buchleitner.
Auf den ersten Kilometern weniger auf den Puls achten als auf die Pace. Durch die Nervosität ist der Puls erhöht – er reguliert sich dann.
Im Startbereich
„Nicht zu warm anziehen, auch wenn man am Start ein bisschen fröstelt. Während des Laufs etwas auszuziehen, ist schwierig, weil die Startnummer ja am obersten Kleidungsstück drauf ist. Lieber am Start gut aufwärmen und den Puls so schon ein bisschen nach oben bringen“, rät Günther Weidlinger.
In Socken und Shirt kann man am Vortag ruhig schon einmal leicht reingeschwitzt haben, so Weidlingers Tipp – „man steht ohnehin im Freien“ und damit lässt sich die Gefahr von Reibestellen im Rennen reduzieren. Was man oft von Hobbyläufern sehe: dass sich manche knapp vorm Lauf, oft auch bei der Marathonmesse, mit einer neuen Ausrüstung belohnen. Das kann man natürlich – aber dann bitte die neuen Schuhe, das neue Shirt oder auch die nagelneuen Socken nicht im Rennen erstmals tragen, mahnen Weidlinger und Buchleitner unisono. Schuhe sollten unbedingt eingelaufen sein. In den Startblock reiht man sich im Sinne der Stressfreiheit zeitig und zur Zielzeit passend ein.
Unterwegs
Seine realistische Zielzeit findet man im Vorfeld am besten mit einer Leistungsdiagnostik heraus, sagt Michael Buchleitner. Das korrekte Einreihen im Startblock reduziert auch die Gefahr, dass man sich auf den ersten Kilometern mit der Meute mitziehen lässt. Minuten, die man auf den ersten Kilometern zu schnell unterwegs ist, büßt man in der Regel hinten hinaus doppelt und dreifach wieder ein! Weidlinger: „Auf den ersten Kilometern weniger auf den Puls achten als auf die Pace, die man sich entsprechend seiner Zielzeit ausgerechnet hat. Durch die Startnervosität ist der Puls bei vielen höher als gewohnt, das reguliert sich auf den ersten Kilometern.“ Und: „Nach den ersten Kilometern, wenn sich der erste Trubel gelegt hat, wenn man nicht mehr auf die Fersen vom Vorauslaufenden achten muss, kommt man im Idealfall in den Flow rein. Jetzt kann man auch sein Tempo kontrollieren. Lieber ein paar Sekunden zu langsam als zu schnell weglaufen: Bestleistungen der Eliteläufer sind oft Negative Splits.“
Wasser- und Energienachschub
Die ideale Verpflegung ist natürlich temperaturabhängig – und zwischen Halbmarathon (oder kürzer) sowie Marathon besteht ein bedeutender Unterschied. Je länger der Lauf, desto entscheidender jedenfalls die Verpflegung. „Beim Marathon unbedingt bei der ersten Labestation bei fünf Kilometer beginnen, Flüssigkeit zuzuführen – nicht erst trinken, wenn der Durst kommt. Und dann bei jeder Labe zugreifen“, rät Weidlinger. Neben Wasser sollen unbedingt Kohlenhydrate zugeführt werden, um die Speicher zu schonen. Zur Wettkampf-Nutrition rät Michael Buchleitner auch das: „Im Vorfeld informieren, welche Produkte beim Event angeboten werden, und diese auch auf Verträglichkeit testen. Meist ist es auf den Veranstalter-Webseiten zu finden – oder man fragt per E-Mail nach.“ Oft kann man auch eigene Verpflegung mitbringen – oder man postiert Vertrauenspersonen an vorab vereinbarten Stellen der Strecke: Das hilft beim Verpflegen wie mental, so der Tipp des Wachaumarathon-Veranstalters.
Im Ziel
Hat man es geschafft, dann bitte nicht gleich hinter der Ziellinie hinsetzen – damit hilft man nicht nur Nachkommenden, auch der Kreislauf dankt es, wenn man langsam ausgeht. Finishermedaille abholen, Richtung Ziellabe und sich dort gemütlich verpflegen, rät Günther Weidlinger – und das Erlebnis, gefinisht zu haben, genießen.
Tipps zur Vorbereitung für einen Berg- & Traillauf findest du hier.
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