„Singlespeeds“ und „Fixies“ werden zu Hauptdarstellern in der lifestyle-orientierten Stadtmobilität. SPORTaktiv hat sich diese neue Bikeszene in Österreich angeschaut und liefert gleich eine Anleitung für den Eigenumbau alter Rennräder hin zum kultigen Mobilitätsobjekt.
Der Trend zum Singlespeed-Fahrrad – mit nur einem Gang, mit genialem Design, aber null technischem Schnickschnack – erfasst nun auch Österreich. Vor allem in der urbanen Jugendkultur ist das Singlespeed- Fahrrad – oder in der extremen Ausprägung das Fixie-Fahrrad – Ausdruck einer individuellen Lebensanschauung.
Vor allem in Wien, Graz, Linz, Villach und Innsbruck sieht man immer mehr dieser kultigen „abgespeckten“ Bikes im Stadtbild. Dieser aus London und New York importierte urbane Bike-Style fasziniert nun nicht mehr nur die Insider, die meist aus der Ecke der Fahrradkuriere kommen – mittlerweile erfasst der Trend die gesamte Jugendszene. Singlespeed-Bikes und Fixies werden zu einem Mittel, sich selbst zu präsentieren und sich mit kultigen Fahrrädern designmäßig zu positionieren. Und auch die Modewelt hat diese saucoolen Bikes entdeckt: So manches trendige Schaufenster wird mittlerweile mit einem Singlespeed aufgemotzt.
Die angenehme Begleiterscheinung: Singlespeed-Bikes brauchen aufgrund der kaum vorhandenen Technik nur eine geringe Wartung und bieten maximale Verlässlichkeit – es kann ja schließlich kaum was kaputtgehen. Das geringe Gewicht hilft, das Bike die Treppen in Hochhäusern leicht rauf und runter zu tragen. Gut so, denn ein Stehenlassen im Freien ist beim „Möchte-Gern-Haben-Effekt“ leider nicht zu empfehlen. Auch dem heute noch verärgerten Autor dieser Story ist bereits ein kultiges Puch Clubman-Singlespeed in 80er-Jahre-Bronzeoptik entwendet worden …
GANZ OHNE BREMSEN
Singlespeed-Bikes gibt es mit und ohne Freilauf. Bei einer starren Narbe ohne Freilauf sind Hinterrad und Pedale fest miteinander verbunden – da spricht man dann von Fixed Gear oder „Fixie“.In der Extremvariante haben Fixies nicht mal Bremsen. Stehenbleiben funktioniert dann über das nur von Profis exekutierbare „Skidden“: Mit hohem Beindruck wird einfach den Pedalen Widerstand geleistet ...
Fixie-Fahrer lieben dieses besondere Fahrgefühl aufgrund der direkten Verbindung mittels starrer Nabe. Man wird sprichwörtlich zu „einer Einheit mit dem Rad“. SPORTaktiv rät aber allen Lesern, zumindest eine Vorderbremse zu installieren. Ein schwerer Unfall am Wiener-Ring-Radweg Anfang Oktober, wo ein Fixiefahrer in eine Gruppe von fünf spanischen Touristen krachte, zeigt, dass selbst geübte Fixie- Fahrer manchmal nicht schnell genug bremsen können.
AUF DAS DESIGN KOMMT ES AN
Singlespeeds und Fixies präsentieren sich immer extrem schlicht und sind auf das Wesentliche reduziert. Mit passendem Tuning bei Rahmen, Ketten, Sätteln etc. präsentiert sich der Fahrradhalter als modisch ambitionierter Designexperte. Erlaubt ist alles, was Spaß macht und was individuell gefällt: von ganz Schwarz oder ganz Weiß bis hin zu buntesten Kreationen gibt’s kein Tabu beim Konfigurieren. Alte Kultbikes haben mittlerweile auch einen entsprechenden Marktwert. Wenn der Rahmen (am besten ist ein Marken- Stahl-Rahmen aus den 70er- oder 80er Jahren) gut in Schuss ist, dann erzielen diese Kulträder mittlerweile Preise weit über 1.000 Euro.
Und wer’s nicht so mit dem Basteln hat und trotzdem mit dem neuen Trend gehen will: Auf der Eurobike-Messe in Friedrichshafen zeigten viele Hersteller bereits Modelle, die all die genannten Singlespeed-Attribute auch bei neuen Bikes aufweisen ...
ANLEITUNG ZUM SELBERBASTELN
Mit etwas Geschick und Fantasie kannst auch du dir dein eigenes Singlespeed oder Fixie-Bike bauen.
So wird‘s gemacht: Grundsätzlich bedarf es nur einiger Schritte und rund fünf Stunden Arbeitszeit, um aus einem alten Rennrad ein neues Singlespeed oder Fixie-Bike zu basteln. Aufgrund des benötigten Spezialwerkzeugs empfehlen wir aber, den Umbau gemeinsam mit einem guten Radhändler deiner Wahl in Angriff zu nehmen. Kosten für einen perfekten Umbau: rund 500 bis 1.000 Euro.
1. Schritt: Basis ist ein altes Rennrad. Entweder man hat schon eines, klappert die Radhändler in der Umgebung ab oder checkt die Gebrauchträder im Internet (z. B. auf www.willhaben.at).
Kosten: rund 200 bis 300 Euro.
2. Schritt: Das alte Rad wird „ausgezogen“: Schaltzüge und Schaltwerk entfernen, danach mit einem Spezialwerkzeug die Kassette lösen.
3. Schritt: Die richtige Übersetzung definieren – meist 46 oder 49 Zähne vorne bzw. 16 oder 18 Zähne hinten. Für den perfekten Singlespeed-Antrieb muss das kleinste Ritzel mit entsprechenden Distanzhüllen und Spacer auf dem Freilaufkörper angebracht werden.
4. Schritt: Bei den vorderen Kettenblättern, die nicht benötigten kleineren Kettenblätter runterschrauben. Wichtig sind horizontale Ausfallenden, sonst wird’s kompliziert. Oftmals sind auch neue Laufräder und neue Kurbeln notwendig.
5. Schritt: Spezielle farbige Ketten in der Länge anpassen und neu vernieten. Bremszüge erneuern. Mit individuellen Tuningteilen finishen: Lenkerband, Sattel, Reifen etc. – und voilà! Fertig ist dein Kultobjekt.
KULTIGE KONTAKTADRESSEN
- MEINRAD in 1060 Wien, Stiegengasse 20, meinrad.org
- FIXDICH – Track Bike Boutique in 1070 Wien, Zieglergasse 78, www.fixdich.at
- STILRAD WIEN in 1010 Wien, Jordangasse 3, www.stilrad.com
- REBIKEL in Graz, www.rebikel.at