Gut geschmiert ist halb gewonnen? Mit den ersten Frühlingstouren in greifbarer Nähe sollte man jetzt auch seinem Bike etwas Liebe schenken.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Auch wenn mancherorts die Skisaison noch in vollem Gange ist, steht uns Bikern dennoch bereits der Frühlng vor der Tür. Wo in welcher Region ein früher Start der Tourensaison traditionell zum guten Ton gehört, dazu haben wir euch in unseren Top 20 Tourentipps mit baldigem Saisonstart und mildem Wetter hoffentlich einiges an frischer Inspiration zusammengetragen. Wie man sein Bike nach der harten winterlichen Wartezeit im Keller wieder fit für die neue Saison draußen auf den Forststraßen und Trails macht, dazu haben uns Saul Ferguson, Projektmanager Mountainbike bei Wienerwald Tourismus, Michael Friesenbichler von Friesis Bikery & I-Bike-Box in Gleisdorf in der Region Oststeiermark sowie Robert Pearce vom „The Bike Shop“ in Hopfgarten in der Tiroler Region Hohe Salve mit handfesten Ratschlägen versorgt, welche wir an dieser Stelle gerne mit euch teilen wollen.

Erste Sichtung
Weckt man sein Bike aus dem Winterschlaf, findet sich die offensichtlichste „Baustelle“ meist im Bereich der Reifen. „Bitte unbedingt zuerst den Reifendruck kontrollieren“, rät daher auch Robert Pearce. Denn egal, ob mit Schlauch oder Tubeless aufgebaut, verlieren Reifen in der Standzeit an Luftdruck. Daher gilt es vor der ersten Ausfahrt die Fahrradpumpe hervorzukramen und den Druck wieder anzupassen. Außerdem, so Pearce, bietet es sich an, auch gleich die Reifen auf etwaige Schäden oder Risse zu überprüfen und gegebenenfalls auszutauschen. Im nächsten Schritt, so raten die drei Fachmänner, geht es an die Bremsen. Dazu zieht man am besten mehrfach an beiden Bremshebeln. Passt der Druckpunkt nicht mehr, „könnte sich über den Winter Luft im Bremssystem angesammelt haben und die Bremse müsste entlüftet werden“, ergänzt Michael Friesenbichler. Technisch Versierte können dies durchaus selbst, wer das nötige Spezialwerkzeug, die Spritzen und das Mineralöl/die DOT-Flüssigkeit nicht im Keller hat, ist wohl mit einem Besuch beim Fachhändler besser bedient und im wahrsten Sinne auf der sicheren Seite. Letzter Satz hat übrigens für alle Tipps auf diesen Seiten seine Richtigkeit: Fühlt man sich bei bestimmten Wartungsarbeiten überfordert oder ist unsicher, ist es keine Schande, (rechtzeitig) einen Termin beim Fahrradhändler zu buchen und die Wartung dort durch professionelle Hände durchführen zu lassen.
 

Ist man schon mal an den Bremsen, gilt es auch Bremsbeläge auf ihre Stärke sowie die Scheiben  auf etwaige Grate oder Beschädigungen zu überprüfen. Vor allem die Beläge sind ein echtes Verschleißteil und ohne großen Aufwand zu tauschen, wie Robert ­Pearce beschreibt: „Die Bremsbeläge von Scheibenbremsen lassen sich leicht austauschen, solange man vorsichtig ist, insbesondere beim Zurückschieben der Kolben in den Bremssattel. Am besten lässt man dabei die alten Beläge drin, um Beschädigungen an den Kolben zu vermeiden“, rät er. Der Austausch der Beläge selbst ist dann zwar von Hersteller zu Hersteller minimal unterschiedlich, aber technisch unkompliziert.

Diverse Schrauben lassen sich mit einem Drehmomentschlüssel auf ihren korrekten Sitz überprüfen. Hakt es an der Schaltung, kann hierfür auch die Befestigungsschraube des Schaltwerks am Rahmen verantwortlich sein. „Diese rüttelt sich gerne mal locker“, weiß Ferguson. „In jedem Fall gilt es das Mountainbike gut zu reinigen, zu ölen und zu fetten, damit alle Komponenten ihre Aufgabe optimal erfüllen können“, ergänzt er die gedankliche Checkliste. Kette, Ritzel und Kettenblätter sollten auf übermäßigen Verschleiß geprüft und eventuell getauscht werden. Michael Friesenbichler rückt vor allem das Reinigen und Schmieren der Kette in den Fokus. Außerdem wichtig: diverse Dichtungen am Bike (Sattelstütze, Federgabel etc.) reinigen und eventuell (wenn vom Hersteller freigegeben) mit Teflonspray behandeln. An den Federelementen sollte man dann, ­sofern man „seinen“ Luftdruck irgendwo notiert hat, überprüfen, ob dieser an Gabel und Dämpfer noch korrekt ist und diesen gegebenenfalls anpassen.
 

Fahrwerksgeflüster
Wovon man als Hobbyschrauber eher die Finger lassen sollte, sind Servicearbeiten am Fahrwerk. Alles jenseits von Luftdruck-, Zug- und Druckstufeneinstellung sollte man vom Experten erledigen lassen. Je nach Nutzung gehören Gabeln und Dämpfer (und auch hydraulische Sattelstützen) regelmäßig zum Service, was durchaus einiges an Wissen und Spezialwerkzeug verlangt. Die Hersteller pochen dabei auf relativ feste Intervalle, Vielfahrer sollten aber, so der Tenor, zumindest einmal pro Jahr Dichtungen, Öle und Kartuschen beim Profi tauschen und servicieren lassen. Wer wenig fährt, könne eventuell auch mal zwei Saisonen durchfahren, danach litten aber Funktion und Haltbarkeit.

E-Spezifikum
Etwas umfangreicher als an „mechanischen“ Bikes wird es beim Thema E-MTB. Vielfach werden hier diverse Software-Updates angeboten, welche im Fachhandel mit speziellen Tools immer auf dem neuesten Stand gehalten werden können, betont Robert Pearce. Auch etwaige Fehlercodes können dort ausgelesen und behoben werden. Lädt man den Akku im Frühling zum ersten Mal, sollte dies bei Raumtemperatur geschehen. Kommt der Akku dennoch tiefentladen aus dem Winterschlaf (Akkus gehören immer etwa halbvoll geladen und warm gelagert), hilft ebenfalls der Fachhandel aus der Patsche. Durch die hohen Drehmomente der Motoren wirken auch größere Kräfte auf Kette, Kassette und Kettenblatt, weshalb es hier genau hinzusehen gilt. Das höhere Systemgewicht könnte zudem auch höheren Verschleiß bei den Bremsen bedeuten. 

Wer sich beim Service unsicher ist, der bucht besser rechtzeitig einen Termin beim ört­lichen Fachhändler.

Für Saul Ferguson geht die Saison auf seinen Hometrails im Wienerwald in der Regel schon deutlich früher los als in anderen Gebieten, welche durch Schnee oder Fair Play Zeiten mitunter bis in den April eingeschränkt werden. Wartet man sein Bike nicht selbst oder nur zum Teil selbst, so rät er auch in Anbetracht einer vielleicht schneller als gedacht ums Eck kommenden Saison dazu, sich rechtzeitig um einen Termin in der Werkstatt/beim Fachhändler des Vertrauens zu kümmern.