Leicht oder bequem? Worauf es bei Klettersteigsets und Klettergurten zu achten gilt – und was sonst noch mit auf den Klettersteig muss.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Luftig wie beim Klettern, aber dank Fixseil technisch deutlich weniger anspruchsvoll als Mehrseillängen-Touren, erfreuen sich Klettersteige bei Alpinsportlern ungebrochen wachsender Beliebtheit. Die dafür notwendige Ausrüstung ist vergleichsweise minimal, was Klettersteige auch gut in Wander- und Weitwandertouren integrierbar macht. Worauf es bei der Ausrüstung im Detail ankommt? Daniel Gebel, Leiter Innovation bei Edelrid, und Thomas Aichner, bei Salewa als „Marketing Director“ tätig, haben mit uns dazu Klartext gesprochen.

Ausrüstungsliste
Um (verantwortungsbewusst) in einen Klettersteig einzusteigen, braucht es in erster Linie ein Klettersteigset und einen Klettergurt, um sich am Drahtseil zu sichern. Obligatorisch ist für Thomas Aichner auch ein Kletterhelm. Gerade am Klettersteig ist man oft den Steinschlägen der Vorsteigenden ausgesetzt, ein die Normen eines Kletterhelms hinsichtlich Steinschlag erfüllender Helm ist daher Pflicht. Eine Rastschlinge ist für Thomas Aichner vor allem dann sinnvoll, wenn man in einen sehr langen Klettersteig einsteigt oder man unterwegs fotografieren möchte. Zudem empfiehlt er Handschuhe, da es durch die Drahtseile schnell zu Blasen an den Händen kommen kann. Daniel Gebel rät hier auf jeden Fall zu dünnen, gut sitzenden Lederhandschuhen. Ob in Lang- oder Kurzfingerausführung, bleibt Geschmackssache, er selbst greift bevorzugt zu langen Fingern. Aus Sicht des Bergführers gehören für Daniel Gebel zusätzlich noch ein Handy, ein Erste-Hilfe-Set pro Gruppe, ein Biwaksack, Regenbekleidung, Trinken/Essen, Kartenmaterial oder andere Orientierungsmittel in den Rucksack und passendes Schuhwerk an den Fuß. Beim Rucksack selbst gilt es darauf zu achten, dass dieser „nicht zu groß und vollgepackt wird, weil das Gewicht am Rücken beim Klettern besonders sensibel wahrgenommen wird“, weiß Thomas Aichner.

Zumindest ein Gros der Gruppe, mit der man in den Klettersteig einsteigt, sollte auch ein gewisses Maß an alpiner Erfahrung und entsprechendem Fachwissen mitbringen. „In letzter Zeit bekomme ich immer öfter von Unfällen mit, bei denen die Gestürzten nicht zurück ans Stahlseil gekommen sind und deshalb gerettet werden mussten. Insofern könnte man bei größeren Gruppen vielleicht mal anfangen, ein bisschen Rettungsmaterial mitzunehmen“, spricht Daniel Gebel Klartext. Ein kurzes Seilstück, Rücklaufsperre, Klemme oder Prusik, Rolle – wie bei der Spaltenbergung. Bei unsicheren oder unerfahrenen Gruppenmitgliedern empfiehlt der erfahrene Bergführer und Allround-Alpinist auch ein System, um an schwierigen Stellen nachzusichern. Wer sich dieses nicht selbst zusammenstellen möchte, der könnte hier etwa zum Edelrid Via Ferrata Belay Kit greifen.

Der Klettergurt
Bei der Auswahl eines Gurtes für Klettersteige sollte auf „Komfort bzw. Polsterung, Gewicht und Packmaß geachtet werden. Hochtourengurte sind zwar leicht und gut verstaubar, aber sie sind aufgrund der dünnen Gurte im Sturzfall nicht ideal. Besser ist es daher, einen etwas schwereren Gurt zu wählen, der bei einem Sturz dafür sorgt, dass die Polsterung die Energie etwas besser verteilt und nicht so einschneidet“, fasst Thomas Aichner seine Überlegungen beim Gurtkauf kompakt zusammen.

Daniel Gebel, selbst ein Freund leichterer Ausrüstung, taucht hier etwas tiefer in die Materie ein und relativiert. Gurte seien ihm zufolge nach den Kategorien Hängekomfort und Tragekomfort zu unterscheiden, beides „beißt sich leider etwas in der Konstruktion“. Am Klettersteig, wo man in der Regel wenig hängt und viel mit dem Gurt am Körper steigt und geht, ihn bei Zu- und Abstieg auch noch im Rucksack trägt, geht hier seine klare Tendenz zum Tragekomfort, Hochtouren- und Leichtgurte sind aus seiner Sicht dafür gut geeignet. Da bei einem Sturz, wie es auch Thomas Aichner beschreibt, doch recht hohe Kräfte wirken, rät aber auch Gebel von absoluten Leichtbauteilen ab. Sein Tipp aus eigenem Haus ist der Prisma Guide, ein Gurt mit, wie er es ausdrückt, „noch passabler Krafteinleitung und Top-Packmaß und Gewicht“.

Weiters empfiehlt der Bergführer allen mit weniger Kletter-Erfahrung, über zusätzliche Brustgurt-Erweiterungen nachzudenken. Speziell am Klettersteig sieht er den aufrechten, geraden Sturz als Utopie, ein Brustgurt gäbe dem Klettersteiggeher hier gerade auch durch den geänderten Schwerpunkt durch die am Klettersteig oft schwereren Rucksäcke zusätzliche Sicherheit.

Das Klettersteigset
Gefragt nach dem „idealen“ Klettersteigset nennt Thomas Aichner: Karabiner mit einer Öffnung, die groß genug ist, um eine einfache Bedienung zu ermöglichen; die zudem über einen Sicherheitsverschluss verfügen, der sich nur aktiv mit Handballendruck öffnen lässt. Ein funktionierender Bandfalldämpfer sowie elastische Bandschlingen (sogenannte Äste) gehören ebenfalls zum Anforderungsprofil des Klettersteigsets. Letztere würden verhindern, dass man sich mit den ­Knien und Beinen in den Schlingen verheddert. Für Gebel stellt sich einmal mehr die Gretchenfrage: Komfort oder Gewicht? „Komfort bedeutet Wirbel (ein Drehgelenk zwischen Bandfalldämpfer und Ästen) und möglichst große, einfach bedien­bare Karabiner. Auf langen Touren mit nur kurzen Klettersteigabschnitten oder für sehr erfahrene Alpinisten kann aber der Gewichtsfaktor in den Fokus rücken, wofür es eigene Leichtgewichts-Sets gibt“.

Abgesehen von derlei Anwendungen führt für Thomas Aichner aber kein Weg an den bequemen und damit sicheren großen Karabinern vorbei. Ebenfalls ratsam ist ein genauer Blick auf die Anseilschlaufe, welche den Klettergurt mit dem Set verbindet. Zu kurz, und das Einbinden wird zur Herausforderung, zu lang, und das Set hängt unnötig weit nach unten.

Steigt man mit Kindern in den Klettersteig ein, gilt gleich wie mit Erwachsenen: Ein Sturz ins Klettersteigset muss ausgeschlossen sein, entsprechend gilt es die Schwierigkeit realistisch einzuschätzen! Das Klettersteigset ist immer nur als letzte Absturzsicherung zu sehen, ein Sturz ist anders als am elastischen Kletterseil oft mit schweren Verletzungen verbunden. Zusätzlich gibt es für Klettersteigsets nur eine Norm, für welche der Bandfalldämpfer ab 40 Kilogramm auslösen sollte. Ans Kindergewicht angepasste Varianten sind am Markt nicht erhältlich.

Es sollte zwar auf der Hand liegen, wir wiederholen aber gerne die Worte von Daniel Gebel: „Langsam herantasten. Kurze, einfache Klettersteige und dann schön langsam steigern. Entweder sollten die Kids fit genug sein oder ich muss eben zusätzlich sichern, wo wir wieder beim Via Ferrata Belay Kit wären“, so die klaren Worte, die auch auf Erwachsene übertragbar sind. Für Klettersteigsets selbst könnten für Kinder kleinere Karabiner und kürzere Äste komfortabler sein. Ein abschließender Tipp: im Zweifel lieber mit Bergführer in die Klettersteigkarriere starten.