Indoor-Training auf Ergometer und Co. hat den Ruf, nicht besonders spannend zu sein. Dank smarter Geräte und abwechslungreicher Software- und App-Lösungen hat das Ausdauertraining in den eigenen vier Wänden aber das Zeug zum (Winter-)Dauerbrenner.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Smartes Indoor Training: Was sich mit Anglizismen überfüllt recht sperrig liest, meint im Grunde nur die digitale Renaissance des (oft im wahrsten Sinne des Wortes) angestaubten stationären Ausdauer-Trainingsgeräts. Sprich: Apps und Co. halten Einzug auf Laufband, Cross­trainer, Rudergerät und dem Trockentrainings-­Klassiker Ergometer, und gestalten das Training mit den Geräten in unterschiedlichsten Ausprägungen vom durchführbaren Online-Trainingsplan, bis hin zur mit allen Sinnen erlebbaren virtuellen Trainings-Simulation im Gaming-Stil auch in den eigenen schnöden vier Wänden abwechslungsreich. 

Seien wir uns ehrlich. Wer schon ein solches Gerät der, nennen wir es mal „unvernetzten“, Sorte zu Hause hatte, wird sich eingestehen, dass die anfängliche Euphorie schnell der Eintönigkeit zum Opfer fallen kann, dass sich die Geräte auch irgendwie gut als Wäscheständer eignen. Im anderen Fall wollen wir an dieser Stelle den Hut vor so viel Disziplin ziehen. Wer sich aber wiedererkennt, bei schlechtem Wetter oder in der Zeit der kurzen Tage dennoch nach einer „Drinnen“-Alternative zum sommerlichen Laufen, Radfahren und Co. sucht, der sollte dem Thema mit „smarten“ Geräten, Indoor-Trainings-Apps, Trainingseinheiten mit Real-Life-Videos von legendären Routen, 3-D Animation und teils launigen „Ausdauerspielen“ mit Avataren in digitalen Welten eine Chance geben. 

Je nach Interaktivitäts-Grad haben die Geräte und vor allem die zugehörigen digitalen Apps teils echtes Suchtpotenzial und motivieren auf jeden Fall dazu, öfter und vor allem auch gezielt zu trainieren. Zumal viele der Apps auch personalisierte Trainingspläne mitanbieten oder den Nutzer in interaktive Gemeinschaften Gleichgesinnter aufnehmen. Es soll sogar Sportler geben, die sich so gut wie nur noch in den virtuellen Welten auspowern, auch erste E-Sports-Events und sogar professionelle Rennteams wurden in den vergangenen Jahren im Windschatten von Zwift und Konsorten aus dem Boden gestampft.

Die Wahl der Trainingsmaschine
„Mögliche“ Ausdauertrainingspartner für die nächste Indoor-Einheit sind mit entsprechender Konnektivität und Elektronik ausgestattete Rad-Ergometer und Walzen in unterschiedlichsten Formen (der Klassiker) – aber auch diverse Crosstrainer, Rudergeräte und Laufbänder bieten Möglichkeiten, an der digital gestützten Trainingswelt in der einen oder anderen Ausprägung teilzuhaben. Läufern stehen dabei nicht nur smarte Laufbänder, sondern auch nachrüstbare Laufbandsensoren, BLE-fähige Schuhe und Foodpods zur Wahl. Mit deren Hilfe lässt sich beispielsweise Zwift auf jedem Standardlaufband nutzen. 

Die größte Auswahl an Hardware und auch kompatiblen Apps findet der engagierte Freizeitsportler aber sicher im Bike-Umfeld. Vom sanften und vielseitigen Indoor-Training am Rad profitieren zugleich längst nicht nur Biker, auch Läufer, Skifahrer und sonstige Ausdauersportler haben die Vorteile (breites Intensitätsspektrum von HIIT bis Grundlage, den Bewegungsapparat schonend) längst für sich entdeckt.

Die Entscheidung, ob man sich lieber in einer virtuellen Welt oder einer Videoaufnahme bewegt, liegt bei jedem selbst. 

Fabian Danner, Garmin

Bike ist dabei aber nicht Bike. Vielmehr bieten die Hersteller eine große Auswahl an Möglichkeiten, um ins Indoorcycling einzusteigen. Der aufs Indoorbiken spezialisierte Hersteller Tacx beispielsweise hat aktuell drei verschiedene Typen von smarten Indoor Trainern im Sortiment, wie Category Manager Fabian Danner von Garmin (zu deren Portfolio seit einigen Jahren auch Tacx gehört) erklärt. Mit dem Tacx NEO Bike Plus wäre hier stellvertretend ein Smart-Bike zu nennen, dazu finden sich die vier „Direct Drives“ Tacx NEO 2T und 3M sowie Flux S und 2 sowie der Tacx Flow Smart als Wheel-on Trainer im Sortiment. Smart-Bikes, um hier etwas zu präzisieren, sind im Grunde optisch mit klassischen Ergometern oder Spinning-Rädern zu vergleichen. Direct Drives (oder auch Direktantriebstrainer) sind Geräte, auf denen das eigene Fahrrad mit ausgebautem Hinterrad aufgespannt wird, eine auf dem Gerät installierte Kassette gewährleistet den Kraftschluss zwischen Fahrradkette und Bremseinheit respektive Schwungrad im Trainer. Die klassische „Walze“ schließlich verkörpert der Wheel-on Trainer. Hier wird das Rad an der hinteren Achse über einer Rolle fixiert, die den zum Training nötigen Widerstand reguliert.

„Vergleicht man Direct Drives und Wheel-ons, so haben Direct Drives die Nase klar vorne“, weiß Fabian Danner. Da bei Direct Drives der Trainer mit Kassette das Hinterrad ersetzt, hat man deutlich weniger Verluste im Antrieb als bei Wheel-on Trainern, bei denen das Hinterrad auf einer Rolle läuft. Auch im Fahrgefühl ortet Fabian Danner deutliche Vorteile. „Zum Thema Fahrgefühl ist außerdem zu sagen, dass stärkere Bremseinheiten den Widerstand feinfühliger regeln können und dadurch Trainer mit stärkeren Brems­einheiten ein realistischeres Fahrgefühl bieten“, analysiert der Experte. Beim Neo Bike Plus, um hier exemplarisch im Tacx-Universum zu bleiben, basiert die Brems­einheit im Grunde auf jener des NEO 2T Direct Drives.

Software und Apps
Bei den zugehörigen Apps gibt es die volle Bandbreite. Je mehr Features das Trainingsgerät selbst bietet (Freilauf, Steigungssimulation, Beweglichkeit, „Fahrtwind“), desto mehr kann man aus den Apps holen. Das Spektrum reicht dabei von Trainingsanalysen und Tests über strukturierte Workouts, virtuelle Video-­Begleitung – bis hin zum „vollen Programm“ mit virtueller Welt und Fahrsimulation wie in einem Computerspiel. Die vielleicht bekannteste unter den App- und Softwarelösungen ist Zwift. Hier verschmelzen Indoor-Trainings mit strukturierten Workouts und virtuellen Welten zum gamifizierten Rundum­erlebnis für Radfahrer und Läufer auf virtuellen Strecken. Ähnliches bietet auch Bkool, bei MyWoosh wird ebenfalls in virtuellen Welten pedaliert. Wahoo SYSTM bietet eine große Auswahl an Workouts und anpassbaren Trainingsplänen. Rouvy offeriert Augmented-Reality-Fahrten, auf denen sich der Avatar in ­Videos von echten Straßen bewegt. Bei TrainerRoad dreht sich alles ums Training, mit ­einem Fokus auf zeiteffiziente Intervalle. Kinomap bietet Videorouten, Training und Multisport-Funktionalität, auch ­Fulgaz setzt auf Videos.

Und auch Tacx bietet mit der Tacx-App eine Anwendung, in der man zum einen strukturiert trainieren (Workouts, Trainingspläne) und zum anderen auch echte Strecken virtuell nachfahren kann: „Im Vergleich zu unseren Mitbewerbern ­setzen wir hier bewusst nicht auf eine virtuelle Welt, sondern wollen mit den Tacx-Filmen ein möglichst realistisches Indoor-Erlebnis schaffen. Ein weiterer Vorteil der Software ist, dass sie nahtlos mit Garmin Connect verbunden ist. Daten werden dadurch automatisch mit dem eigenen Connect-Konto synchronisiert, was vor allem User schätzen, die ihre Trainings- und Gesundheitsdaten 24/7 tracken und analysieren möchten. Daraus lassen sich beispielsweise dann auch Werte wie die individuelle Trainingsbereitschaft ermitteln“, erklärt Danner die Vorteile der Tacx-App. 

Prinzipiell, sagt Danner, ist es mit jeder Software möglich, den Trainer zu steuern. Wie interaktiv diese schlussendlich ausfällt, liegt hier für ihn im Auge des Betrachters und ist sehr individuell. Die Entscheidung, ob „virtuelle Welt oder Videoaufnahme, liegt bei jedem selbst“. Für Fabian Danner hat beides seinen Charme, persönlich ist für ihn aber schlussendlich entscheidend, dass er seine Trainings bestmöglich absolvieren kann.