Gleich eine direkte Frage: Gehen Sie als Technikexperte des Fachverbandes der Seilbahnen mit einem guten Gefühl in die neue Wintersaison – oder dominiert eher die Stimmung: „Hoffentlich passiert nichts …“?
Ich garantieren Ihnen: Ich habe ein absolut sicheres Gefühl! Denn alle 1100 Seilbahnen und 2000 Schlepplifte in Österreich werden nach einem strengen Sicherheitssystem betrieben.
Aha, und wie funktioniert dieses System?
Punkt 1: Jede Bahn wird von einem Betriebsleiter geleitet und der ist zu hundert Prozent für seine Bahn verantwortlich. Jeder Betriebsleiter braucht eine Maschinistenqualifikation. Die kann entweder über den neuen Lehrberuf Seilbahnfachmann/frau oder bei entsprechender Seilbahnpraxis über einen Zusatzkurs erreicht werden. Zudem ist eine Spezialausbildung über mehrere Wochen im WIFI Innsbruck zu absolvieren, samt Prüfung durch das Verkehrsministerium. Und Punkt 2: Für alle Seilbahnen und Schlepplifte gibt es einheitliche Betriebsvorschriften, in denen alle Sicherheitskontrollen genau festgehalten sind.
Täglich, wöchentlich, monatlich oder jährlich – in welchem Rhythmus laufen diese Sicherheitskontrollen eigentlich ab?
Alle unsere Seilbahnen, egal ob Gondelbahn oder Schlepplift, werden täglich genau kontrolliert, bevor der erste Gast befördert wird! Unter anderem wird die gesamte Strecke der Bahn überprüft, dazu Antrieb und Bremsen gecheckt usw., erst dann gibt der Betriebsleiter die Bahn frei. Alle Kontrollen werden jeden Tag schriftlich festgehalten. Dazu kommen dann weitere Überprüfungen einmal in der Woche und zusätzlich einmal im Monat, wo
z. B. der Notantriebsmotor geprüft wird. Schließlich macht der Betriebsleiter pro Jahr eine große Kontrolle, bei der die komplette Technik, die Elektrik usw. gecheckt wird. Und zusätzlich kommt alle fünf Jahre eine externe Kommission, die ebenfalls eine große Überprüfung durchführt.
Wie geschult ist das übrige Liftpersonal?
Laut Betriebsvorschrift muss der verantwortliche Betriebsleiter alle seine Bediensteten zweimal pro Saison schulen und einmal jährlich nachweislich prüfen.
Das heißt: Die Passagiere können sich auf Österreichs Seilbahnen und Skiliften wirklich sicher fühlen?
Ja, aber eine hundertprozentige Sicherheit kann es nie geben. Aber die Zahlen sprechen doch eine klare Sprache: Wir befördern auf unseren 3100 Bahnen pro Jahr so um die 550 Millionen Fahrgäste, plus/minus zehn Prozent. Und pro 10 Millionen Fahrten gibt es rechnerisch ca. 3 bis 4 Unfälle. Anders gerechnet: pro Jahr kommt es auf allen Bahnen zusammen, bei 550 Millionen Fahrten, zu etwa 160, 170 Unfällen!
Was sind die häufigsten Auslöser dieser Unfälle?
Auch das ist eindeutig bewiesen: Die meisten Unfälle sind auf Selbstverschulden oder Fehlverhalten der Passagiere zurückzuführen. Nicht selten werden auch technische Probleme durch Fahrgäste ausgelöst. Bei den Schleppliften etwa, weil sie aus der Spur fahren und dadurch das Seil aus der Führung springt. Am Sessellift ist es vor allem das Schaukeln, das zu Seilentgleisungen führen kann. Zwar gibt es auch hier Sicherheitseinrichtungen, aber trotzdem kann es zu bösen Unfällen kommen.
Wie sind die Bahnen auf solche Zwischenfälle vorbereitet?
Bei allen Seilbahnen wird jährlich nach einem genauen Bergeplan eine Bergeübung durchgeführt, zu der auch die Hilfsmannschaften wie etwa die Bergrettung beigezogen wird. Unsere Leute sind also auch für diesen Ernstfall geschult.
Ab und zu liest man, dass ein Passagier auf einem Sessellift „vergessen“ wurde, nach Betriebsschluss stundenlang in der Kälte festsaß.
Unter normalen Umständen kann es so was gar nicht geben. Denn für alle Bahnen gilt die „Letztmannkontrolle“. Das heißt: in dem Moment, wenn der Zugang gesperrt wird, meldet die Station, an der der letzte Passagier zusteigt, die Nummer des Sessels an die Empfängerstation. Und diese meldet zurück, wenn der Sessel eingetroffen ist. Aber auch hier ist fast immer die Undiszipliniertheit der Gäste der Auslöser: Es kommt eben manchmal vor, dass sich jemand trotz Sperre noch auf einen Sessel schwindelt, während der Liftbedienstete schon eine andere Arbeit erledigt und das daher gar nicht bemerkt.
Wie diszipliniert sind grundsätzlich die Wintersportler in Österreich beim Benutzen von Seilbahnen/Liften?
Auffallend ist, dass die auswärtigen Gäste um einiges disziplinierter sind als einheimische. Ein typisches Beispiel: Es ist immer wieder zu beobachten, dass gerade Einheimische und sogar die Skilehrer die Schutzbügel nicht schließen oder auch am Lift rauchen.
Stichwort rauchen: Ist das generell verboten?
Natürlich! Die Gefahr ist viel zu groß, denn viele Skianzüge sind leicht entflammbar. Man muss sich das vorstellen, wenn einer in der Gondel oder am Sessellift Feuer fängt …
Welche Sanktionen drohen Wintersportlern, die sich nicht an die Vorschriften halten?
Bei gravierenden Vorfällen kann es klarerweise Anzeigen wegen Allgemeingefährdung geben. Aber meistens genügt ohnehin eine Ermahnung oder die Androhung, dass die Liftkarte abgenommen wird. Viel schlimmer aber ist der Vandalismus: Es ist unglaublich, was alles mutwillig oder gedankenlos beschädigt wird, wofür die Bahnbetreiber viel Geld investiert haben, um noch mehr Komfort bieten zu können.
Gibt es Vorschriften, wenn Kinder transportiert werden?
Auch das ist klar geregelt: Jedes Kind, das kleiner ist als 1,10 m, braucht auf einem Sessellift eine geeignete Begleitperson. Zwischen 1,10 und 1,25 m genügt eine Person für zwei Kinder. In der Gondel können Kinder ab 1,10 m allein fahren, sind sie kleiner, muss pro Kabine eine Begleitperson dabei sein. Auf Schleppliften dürfen Kinder ab 1 Meter allein fahren, wobei natürlich skifahrerisches Können erforderlich ist, um den Lift benutzen zu dürfen. Ein Hinweis dazu noch an die Eltern: Achtet darauf, dass die Kids bei den Babyliften keine lose Kleidung oder lange, offene Haare tragen, die sich am Förderseil verhängen könnten!
Zum Abschluss nochmals ganz persönlich gefragt: was wünschen Sie sich für den kommenden Skiwinter?
Wie alle Wintersportler: Viel Schnee, viel Sonne – und ein vernünftiges Verhalten unserer Fahrgäste ...