Skischuh-Fitting. Es hat sich bestimmt schon herumgesprochen: Füße werden heute nicht mehr in Skischuhe gezwängt, sondern umgekehrt: Die Skischuhe von Atomic, Fischer und Co. werden an die Füße angepasst. Wir haben uns bei Gigasport Graz angeschaut, welche Möglichkeiten modernes „Bootfitting“ bietet.


Eines vorweg: Wer sich in seinem angepassten Skischuh ein Gefühl wie im Hauspatschen verspricht, hat die Sache leider missverstanden: „Dass Skischuhe eng sein müssen, um gute Kraftübertragung zu gewährleisten, daran ändern auch ausgefeilte Anpassungsmethoden nichts“, erklärt Philipp Gassner, Skischuh-Experte bei Gigasport Graz.
Was Skischuhanpassung (oder neudeutsch: „Bootfitting“) kann: Druckstellen gezielt eliminieren; schlechter Durchblutung, Fußermüdung, schmerzenden, brennenden und kalten Füßen vorbeugen; teilweise auch einen Skischuh Richtung Komfort oder Sportlichkeit tunen.

BÜNDEL VON MASSNAHMEN
Was ebenfalls häufig missverstanden wird: Bootfitting ist keine Einzelmaßnahme, sondern besteht aus einem Bündel von Maßnahmen, wobei Berater und Verkäufer gemeinsam das individuelle Optimum herausarbeiten. Umso wichtiger, sich an einen Fachhändler des Vertrauens zu wenden und etwas Zeit mitzubringen. Was zur Anpassung noch dazu gehört:

  • eine Fußvermessung und -analyse;
  • die Auswahl des Schuhs, der für den Fuß- und Skifahrertyp infrage kommt (bei Weitem nicht jeder Skischuhpasst nämlich für jeden);
  • die Anpassung des Skischuhs von innen oder außen.
  • Und schließlich, ganz wichtig, das Gesamtpaket, bestehend aus Skischuh, Socken und Einlage. Philipp Gassner: „Einlagen und Socken sind für die Passform so entscheidend wie der Schuh selbst.“ Am Beispiel der Socken: „Viele glauben nach wie vor, mit dicken Baumwollsocken am besten gegen Kälte gewappnet zu sein. Sie saugen aber den Schweiß auf, Nässe entzieht dem Körper Wärme und die Socken behindern mit ihrer Dicke die korrekte Passform. Viel mehr Komfort versprechen dünne Kompressionssocken, die den Schweiß ableiten und die Durchblutung fördern. Sie sind erste Wahl – und zwar nicht nur für die ganz Sportlichen.“


Innenschuh-Anpassung: Der erwärmte Innenschuh passt sich automatisch an die Fußform an. Alles was zu tun ist: 20 Minuten warten. / Bild: Thomas PolzerINNENSCHUH-ANPASSUNG

Praktisch alle Skischuhe ab der Preisklasse von rund € 250,– verfügen heute über die Möglichkeit der Innenschuh-Anpassung. Der Innenschuh wird herausgenommen und erwärmt, danach wieder eingesetzt; der künftige Besitzer steigt hinein, der Schuh wird geschlossen und das Material passt sich an die Fußform an. Zeitaufwand: rund 20 Minuten.

  • Vorteile dieser Bootfitting - Methode: Die Innenschuh-Anpassung ist eine technisch einfache Anpassungsmöglichkeit für Skischuhe. Im Fahrbetrieb passt sich der Innenschuh durch die Körperwärme noch weiter an die Fußform an – so wie sich z. B. ein guter Bergschuh aus Leder einträgt.
  • Nachteile der Methode: So große Veränderungen wie bei der Schalen-Anpassung sind nicht drin, bei Skifahrern mit Problemfüßen stößt diese Bootfitting - Methode an Grenzen. Zudem besteht die Gefahr, einen zu großen Skischuh zu erwischen, weil das Material mit der Zeit noch nachgibt. Es empfiehlt sich, nicht aufs erste Gefühl beim Kauf, sondern auf den Fachberater zu hören.

Bei der Außenschalen-Anpassung von Fischer, der "Vacuum Fit"-Methode, wird der Skischuh mit Druckluft angepasst. / Bild: Thomas PolzerSCHALEN-ANPASSUNG
Diese modernste Form des Bootfitting ist bei drei Marken möglich: Fischer (mit seiner „Vacuum Fit“-Methode), sowie Atomic („MemoryFit“) und Salomon („Custom Shell“). Allen gemeinsam ist: Der Skischuh wird auf 80 Grad erwärmt, der Besitzer steigt hinein, der Skischuh wird geschlossen. Bei Salomon und Atomic wird die Schale inklusive Innenschuh an den Stellen, wo es der Fuß verlangt, bis zu 6 mm weiter. Bei Fischer wird zusätzlich ein „Compression Pad“ angelegt – es besteht die Möglichkeit, die Schale bis zu 5 mm weiter oder enger zu machen. Der Fischer - Skischuh kann auch, je nach Wunsch, in Richtung Komfort oder Sportlichkeit abgestimmt werden. Dauer der Anpassung: Rund 30 Minuten.

  • Das bringt's: Die Bootfitting - Methode mit den größten Variationsmöglichkeiten, auch für „Problemfüße“ (z. B. ein „Überbein“) die perfekt sitzenden Skischuhe zu modellieren. Mit der Außenschale wird der Innenschuh gleich mit angepasst. Die Skischuhe können auch nach dem ersten Anpassungsprozess noch weitere Male gezielt nachbearbeitet werden, falls auf der Piste noch Druckstellen auftreten.
  • Preislich ist man bei den Skischuhen mit anpassbaren Schalen in der gehobenen Kategorie.


VIDEO ZUR SKISCHUHANPASSUNG VON FISCHER



GESCHÄUMTER INNENSCHUH
Eine alternative, aber ebenso wirkungsvolle Bootfitting - Methode, die der österreichische Hersteller Boot Doc verfolgt: Ein spezieller Schaum wird in die Skischuhe gespritzt, der sich verfestigt und gemeinsam mit dem vorgefertigten Innenschuh aus Leder einen perfekt zum Fuß passenden Innenschuh bildet. Dauer: ca. 30 Minuten.

  • Seine Vorteile: Die genaueste Bootfitting - Methode von allen, die vor allem für Komfortliebhaber unter den Skifahrern zu empfehlen ist.
  • Der Nachteil: Einmal angewendet, kann der Schuh später nicht mehr nachgearbeitet werden. Preislich ist das System ebenfalls im oberen Segment angesiedelt.


ANPASSEN MIT EINLEGESOHLEN
Das Zusatztuning (siehe großes Bild oben): Fußermüdung, taube Füße, Brennen gehen häufig von der Fußsohle aus. Und die Innensohlen bleiben bei sämtlichen Anpassungsmethoden unverändert. Maßgefertige Einlegesohlen ersetzen die serienmäßigen, flachen Innensohlen, verbessern den Tragekomfort – nicht nur bei „Problemfüßen“, sondern bei allen. Die Einlagen können dann nicht nur im Skischuh, sondern auch in Bergschuhen oder sogar Freizeitschuhen verwendet werden.


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