Dort, wo sich Mensch und Rad berühren, entscheiden Millimeter und ein paar Grad, ob das Rad perfekt passt oder die Kraft verpufft. Ein Selbstversuch.
Bike-Fitting ist die Anpassung eines Fahrrades an die Berührungspunkte mit dem menschlichen Körper. Das heißt, beim Rad sollen im Idealfall Lenker, Sattel und Pedale dort sein, wo beim Radfahrer Hände, Hintern und Füße sind. Bei einem neuen Rad braucht man Geduld, Zeit und Erfahrung, um alles so einzustellen, dass das persönlich subjektive Gefühl sagt: Passt! Objektiver wird es durch ein Bike-Fitting, das ein neues Bike schnell auf jeden Biker einstellt.
Wir fragten uns aber diesmal: Welches Potenzial erkennt ein professioneller Bike-Fitter bei einem älteren Rad, das man bereits jahrelang sorgenfrei fährt? Hereinspaziert, wir besuchen Jürgen Knausz im obersteirischen Pöls. Er ist selbst aktiver Ausdauersportler und bietet direkt in seinem Sportgeschäft Bike-Fitting an. Das beginnt mit einem Beratungsgespräch und führt zur exakten Körpervermessung per Laser (Armlänge, Innenbeinlänge, Unterschenkellänge, Brustbeinhöhe). Über den Zugriff auf die Datenbank des Radlabors München sieht er allfällige Abweichungen von den statistischen Standardwerten und bekommt sofort Empfehlungen für Sitzhöhe, Sattelposition, Sitzlänge und Lenkerhöhe.
Auch die Geometrie des Mountainbikes wird mit Laser vermessen, in meinem Fall mein vier Jahre altes Spezialized Stumpjumper, ein feines Ding, das mir bestens passt. Über seine Datenbank kann Knausz das Mountainbike genau kategorisieren und Feinheiten wie Tour, Freeride und Enduro einstellen – denn diese Details beschreiben Fahrposition und Ausrichtung des Rades. Die Analyse rattert aus dem Drucker. Der Sattel muss 6 mm nach unten und 3 mm nach vor, der Lenker 20 mm nach vor und 10 mm nach oben. „Diese Verbesserungen ergeben die beste Kraftübertragung auf das Pedal“, erklärt Knausz. Wenn es Details des Handlings betrifft (z. B. Vorbaulänge), lässt er das auch in die Analyse einfließen. „Die Parameter kann man abändern, nur eines ändert sich nie: die perfekte Sitzhöhe.“
Millimeterarbeit
Zu guter Letzt werden noch die Pedalplatten in den Schuhen untersucht und auch hier werden ein paar Millimeter Verbesserungspotenzial gefunden. Der Laser zielt aufs Knie, dann noch Untersuchung der Winkel bei den Beinen und Armen, Vermessung der Sitzknochen und fertig, ich bin gefittet. „Es sind überall ein paar Millimeter. Beim Rennrad und Triathlon sind das gravierende Änderungen. Einem Triathleten habe ich durch bessere Position zu 20 Watt mehr Leistung verhelfen können.“ Knausz bietet auch mobiles Fitting an, kommt zu Messen, Vereinen und Shops. Dabei hat er alles in seinen Händen, vom Damen-Tiefeinsteiger bis zum Profirad. Sein Credo: „Gerade wenn man wenig fährt oder sich ein erstes E-Bike kauft, braucht man ein Fitting.“ Die häufigsten Fehler, die er auf den Straßen erkennt: Sitz meistens zu niedrig, zu weiche und zu breite Sättel, falsche Radhosen und falsche Schuhe, Rennradfahrer sitzen oft zu gestreckt.
Mehr Infos zum Bikefitting:
www.radsportknausz.at