Nun ist es also fix: Eine neunte Auflage des ARBÖ-Kärnten Radmarathons in Bad Kleinkirchheim wird es 2017 definitiv nicht geben. Zwei Aspekte zwingen zur Absage: Einerseits laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Veranstalter und andererseits fragwürdige Formulierungen im Veranstaltungsbescheid.
Acht Mal hat der ARBÖ-Radmarathon schon die österreichische Radsportszene begeistert. Eine neunte Auflage wird es heuer aber nicht geben. Denn der veranstaltende Verein, der ARBÖ ASKÖ Feld am See, wurde klassisch ausgebremst. Einerseits durch laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Veranstalter und andererseits durch Behörden, die heikle Haftungsfragen sittenwidrig auf den Radklub abwälzen wollen.
Die Vorgeschichte im Zeitraffer: Im Juli 2016 kam es beim Marathon zwischen Innerkrems und Kremsbrücke zu einem tragischen Unfall. Ein Teilnehmer stürzte so unglücklich, dass dieser Unfall eine Querschnittlähmung zur Folge hatte. Die Polizeiinspektion Rennweg brachte den Vorfall mit dem Hinweis zur Anzeige, dass der Sturz eventuell mit einem Fahrbahnschaden in Verbindung stehen könnte. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben. Gegen einen Landesbeamten und einen Mitarbeiter der Straßenbauabteilung des Landes wurde als Beschuldigte ermittelt. Der OK-Chef des Veranstalters, Norbert Unterköfler, wurde als Zeuge befragt. Im Dezember 2016 folgte dann der Auftrag zu einem weiteren Gutachten. Mutmaßlich deswegen, weil das Erstgutachten von einer falschen Annahme (trockene Fahrbahn) ausging. Dann im Februar 2017 der Knalleffekt: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen OK-Chef Unterköfler als Beschuldigten.
Für den Radklub ARBÖ ASKÖ Feld am See war dieser überraschende Schwenk der Staatsanwaltschaft schließlich ausschlaggebend, dass man die auf Hochtouren laufenden Vorbereitungen zum diesjährigen Marathon blitzartig stoppte und sich schweren Herzens zur Absage genötigt sah. Weil sich OK-Chef Unterköfler zu den laufenden Ermittlungen nicht äußern möchte, hinterfragt Thomas Jank, Geschäftsführer des langjährigen Hauptsponsors ARBÖ, die Arbeit der Staatsanwaltschaft: „Erst ein mangelhaftes Gutachten, dann ein Gutachten, bei dem der Gutachter die Unfallstelle nie in natura sah, das Rennrad des gestürzten Fahrers wurde nie auf technische Mängel untersucht und das Opfer selbst sechs Wochen nach dem Sturz erstmals zum Unfallhergang befragt. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in dieser Causa wirft einige Fragen auf."
Beim Radklub selbst zeigt man sich ob Unterköflers nunmehriger Beschuldigtenrolle schockiert. Stellvertretend für den Verein nimmt sich Obmann Heinz Writzel kein Blatt vor den Mund: „Wir sind fassungslos. Wir werden vom In- und Ausland seit Jahren für die perfekten Sicherheitsbedingungen beim Radmarathon gelobt, übererfüllen Jahr für Jahr alle Bescheidauflagen und nun wird gegen einen ehrenamtlichen Funktionär die Strafrechtskeule geschwungen, weil auf einen Fahrbahnschaden, der uns zuvor nie als Gefahrenstelle aufgefallen ist, der kaum Auslöser für den Sturz gewesen sein kann und der vor dem Rennen von den Fachleuten der Straßenverwaltung auch nicht mit entsprechenden Warntafeln versehen wurde."
Abgesehen von den laufenden strafrechtlichen Ermittlungen spielen auch die eigenartigen Formulierungen im Veranstaltungsbescheid eine gewichtige Rolle, warum es dem Veranstalter im Lichte der tragischen Ereignisse aus dem Vorjahr unmöglich gemacht wird, 2017 einen Radmarathon durchzuführen. „Im Bescheid aus dem Jahr 2016 gibt es einige Formulierungen, die klar das Ziel verfolgen, dem Veranstalter einer Sportveranstaltung, die im öffentlichen Straßennetz über die Bühne geht, die Haftung für Unfälle in Folge von Straßenschäden völlig losgelöst von einem allfälligen Verschulden umzuhängen", ärgert sich Marathon-OK-Chef Norbert Unterköfler und ergänzt: „Im Vorjahr haben wir diese bedenkliche Praxis noch zähneknirschend akzeptiert, doch nun liegt ein vom Land Kärnten in Auftrag gegebenes Gutachten vor, das besagte Formulierungen eindeutig als sittenwidrig und somit rechtswidrig bezeichnet." Hintergrund für diesen zweifelhaften Versuch der Haftungsbefreiung ist wohl das Faktum, dass der Großteil der Beamtenschaft im Amt der Kärntner Landesregierung keinen oder eben nicht ausreichenden Versicherungsschutz genießt und durch diese nicht korrekten Formulierungen versucht, jedes persönliche Haftungsrisiko auf die Veranstalter abzuwälzen.
Die Vorgänge rund um den ARBÖ-Radmarathon sorgen indes bundesweit für Aufregung. Denn angeblich wollen die Behörden auch anderer Bundesländer keine Veranstaltungsbescheide für Radsportveranstaltungen mehr ausstellen, solange die Causa in Kärnten nicht restlos geklärt ist. „Die Problematik, die durch die Vorgänge rund um den Marathon nun wieder an die Oberfläche schwappt, ist ja bundesweit schon länger aktuell. Dass aber ein herkömmlicher Fahrbahnschaden nun dazu führen könnte, dass ein ehrenamtlicher Funktionär, der alle Bescheidauflagen penibel erfüllt hat, vor dem
Strafrichter landet, lässt in der gesamten Radsportszene die Alarmglocken schrillen. Denn der einhellige Tenor in Funktionärskreisen lautet, dass wohl niemand mehr eine Veranstaltung wird durchführen wollen, wenn er für Unfälle zur Verantwortung gezogen wird, die aus Fahrbahnschäden resultieren, vor denen auch außerhalb des Rennens im regulären Verkehrsgeschehen nicht StVO-konform gewarnt wurde", so Kärntens ARBÖ-Geschäftsführer Thomas Jank.
Ob der Marathon nun „nur" ein Jahr pausiert oder gänzlich von der Radsport-Bildfläche verschwindet, wird primär davon abhängen, wie sich die Causa in den nächsten Monaten weiter entwickelt. „Sollte sich das Land weiter aus der Verantwortung schwindeln wollen und es gar zu einer Anklage kommen, können wir uns derzeit nicht vorstellen, dieses Sportevent mit über 1000 Startern weiter zu organisieren", so Unterköfler abschließend. Der ARBÖ-Radmarathon bringt der Nockberge-Region knapp 4000 zusätzliche Übernachtungen und sorgt für eine Wertschöpfung von einer halben Million Euro.
Weitere Infos: www.kaernten-radmarathon.at
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